Geschafft! Gestern Abend um 22:14 Uhr habe ich mich mit 57.336 Wörtern (laut der Zählung meines Schreibprogramms, 101 Seiten in Arial 11p, einzeilig) über die Ziellinie geschrieben. Okay, nach dem word count auf der NaNoWriMo-Website sind es seltsamerweise nur 56.634 Wörter – vielleicht habe ich einen ungünstigen Wechselkurs bekommen, import tax oder lost in translation? Egal, was sind schon 702 Wörter between friends?
Ein bisschen Statistik, wo wir noch bei Zahlen sind: Ich habe an 28 Tagen geschrieben (am 24. und 25. November nicht, weil ich Seminar an der Uni hatte) mit einem Durchschnitt von 1.911 Wörtern pro Tag. Die 50.000 Wörter-Nuss hatte ich schon am Montag, 27. November geknackt.
Hinter der Ziellinie wurde ich begrüßt von einem überschwänglichen Gratulationstext und einem ziemlich albernen Video:
You, wonderful author, spent this past November unleashing your creative powers, fighting back inner editors, and teaming up with thousands of writers around the world. We’re incredibly proud to welcome you to the NaNoWriMo winner’s hall.
Congratulations on your superheroic achievement!
Auch eine Siegerurkunde habe ich bekommen (ein bisschen wie bei den Bundesjugendspielen): NaNo-2017-Winner-Certificate_UA
Stand meiner Geschichte: Meine Protagonistin Elise und der Junge mit der Gitarre treffen auf dem Turm des Ulmer Münster zusammen (ist übrigens der höchste Kirchturm der Welt, ich bin selbst schon oben gewesen – schwindelerregend) und blicken auf einen unsichtbaren Horizont. Das ist weder der Höhepunkt, noch das Finale meiner Geschichte. Also: Weiterschreiben!
Aus meinem November-Marathon ist ein Dezember-Duathlon geworden. Heute mache ich Ruhepause und werde ab morgen jeden zweiten Tag (also an den „geraden“ Tagen) schreiben. Mein Ziel ist es, an Weihnachten fertig zu sein (spätestens an Silvester). Die ungeraden Tage widme ich der Philosophie (ein Essay für mein Studium wartet darauf, geschrieben zu werden, stöhn!).
Bin heute nicht wirklich in Feierlaune – na gut, ich stoße nachher mit einem Kräutertee an – weil mein Roman noch nicht fertig ist. Bin aber trotzdem stolz auf meinen bisherigen Weg, weil ich es in den ersten Tagen nicht für möglich gehalten habe, dieses Schreibpensum und die Kreativität aufrecht erhalten zu können. Disziplin war an jedem Tag nötig, aber ich habe mich im Laufe der Zeit an die Anstrengung gewöhnt – das nennt man wohl Trainingseffekt.
Schon erstaunlich, welche Wirkung eine zahlenmäßige Zielvorgabe und ein gewisser sportlicher Ehrgeiz haben. In den zwei Tagen, nachdem ich das Soll von 50.000 Wörtern erfüllt hatte, hat sich mein word count fast halbiert und ich bin nur über knapp 1.000 Wörter pro Tag gekommen.
Das lag aber nicht an mangelnder Motivation, sondern daran, dass ich ohne den falschen Renn-Hasen vor der Nase nicht mehr nach vorne geprescht bin, sondern mich umgeschaut und rückwärts geschrieben habe. Von der Pflicht in die Kür gewechselt, habe ich angefangen, in früheren Kapitel stilistisch herum zu doktern, Namen von Charakteren zu ändern usw.
Aber diese kleine Ruhepause war auch nötig, um den Überblick in meiner zunehmend komplexen Geschichte zu bewahren. Ein paar “goofs” habe ich nämlich schon eingebaut (aber diese Anschlussfehler und Inkonsistenzen werde ich erst in der späteren Überarbeitung ausbügeln).
In meinem Dokument „Schlüsselmomente“ (zu Beginn war es 1 Seite lang mit 14 Stichpunkten zu Szenen – jetzt hat es 11 Seiten) habe ich ein Personenregister eingefügt (es hatte mich genervt, während des Schreibens in früheren Kapiteln nach den Namen von Nebenfiguren zu suchen, die ich nicht mehr wusste) und eine zeitliche Chronologie der Geschehnisse erstellt (in welchem Jahr ist Elise wie alt, in welche Klasse geht sie, welche Jahreszeit haben wir). Dieses Planungs-Dokument war auch eine willkommene Schleife auf einen Rastplatz, wenn ich gerade in meiner Geschichte im Stau stand – dann habe ich z.B. eine Tabelle mit meinen erfundenen Groschenromantiteln erstellt, die Elises Großtanten lesen – linke Spalte Liebeskitsch, rechte Spalte Gruselspuk (da fällt mir kaum was ein). Mein Favorit ist übrigens: „Prinz Eisenherz und die Waffelmagd“.
Auch für weitere Figuren aus der „Welt des Immerwährenden Klanges“ habe ich mir sprechende Namen ausgedacht (und mehrfach geändert). Es gibt z.B. Meister Pino (Hommage an Pinocchio), Altmeisterin Legis (sie hält an Gesetzen und Traditionen fest) und Meister Dion (er ist in musikalischer Mission mit seinem Gesellen oft in Las Vegas unterwegs und wird vom menschlichen Rausch angesteckt, hat Visionen von einem Feuervogel, was für die Bauminsel infernalische Folgen haben wird).
Diese andere Welt hat in der letzten Woche eine Verwandlung in meinem Kopf durchgemacht. Zu Beginn hatte ich sie als eine utopische Welt vor Augen, in der das Volk der Holzspieler auf ihrer Insel der Bäume in einem Universum schwebt und im Einklang mit der Musik und der Natur lebt. Aber je mehr ich aus der Sicht des Jungen mit der Gitarre diese Welt erkundet habe, ist er mit seinen Neugier und seinem Wissensdurst an Begrenzungen gestoßen und begehrt gegen den kulturellen Separatismus seines Volkes auf. Diese Insel ist keine heile Welt mehr.
In einem der nächsten Kapitel werde ich eine Szene schreiben, in der der Junge mit der Gitarre Samen roter Blumen von der Erde auf seine Insel bringt (weil es dort nur grüne und braune Farben/Pflanzen gibt) und damit eine Eskalation innerhalb seiner restriktiven Gemeinschaft auslöst.
Übrigens habe ich mir an meinen „lahmen“ Tagen Montag und Dienstag Zeit für Recherche genommen und ein tolles Video zum Gitarrenbau ansehen (Hannabach Meistergitarren – ich bewundere solche Handwerkskunst!), damit ich besser beschreiben kann, wenn mein Junge seine Gitarre baut (bisher hat er immer nur vage gehobelt und gefeilt, aber nun kann ich detaillierter werden).
Also, der Fahrplan für den Dezember steht und in meinem Kopf ist das Finale schon farbenprächtig aufgereiht – jetzt muss ich es nur noch zu Papier bringen. Ich freue mich darauf!
Leseprobe:
Auch auf der Erde und in der Kinderwelt kann es durchaus höllisch werden: Elise ist in letzter Minute zur Geburtstagsfeier einer Mitschülerin eingeladen (Dez. 88, Elise ist in der 4. Klasse). Danach geht es auf Klassenfahrt nach Ulm.
Ich hoffe, ihr habt Spaß beim Lesen!
Tag 26: Lügen, Party und Magie
(…) Am Sonntag stand Elise pünktlich um 15 Uhr vor der Tür von Lauras Haus und klingelte. Lauras Familie wohnte in einem kleinen Einfamilienhaus mit Garten in der „Vogelsiedlung“, genauer gesagt im Lerchenweg. Elise hielt das Geschenk mit dem Pferderoman über Fanny und ihr siegreiches Pony in der Hand. Hedda hatte es in Geschenkpapier eingepackt – eine bange Viertelstunde lang hatten sie zahllose Schubladen und Schranktüren auf der Suche nach Nicht-Weihnachtspapier durchsucht, bis sie ein neutrales weiß-goldenes Papier gefunden hatten. Christa hatte das Paket noch mit einer eleganten weißen Schleife versehen. Die Tür wurde von Lauras Mutter geöffnet.
„Oh, komm doch herein“, rief Lauras Mutter und verharrte einen Moment lang in einer Maske des Staunens, in der ihre pink bemalten Lippen ein rundes „O“ formten und ihre schmal gezupften Augenbrauen einen hohen Bogen über blau getuschte Augen spannten.
„Du bist Elise, niet waar“, sagte Lauras Mutter nun triumphierend und schüttelte ihre platinblonden Korkenzieherlocken. Elise musste dankbar sein, dass diese Frau überhaupt ihren Namen kannte. Schließlich war sie noch nie bei Laura eingeladen gewesen und auch heute nur Geburtstagsgast von der Ersatzbank.
Elise wurde durch den mit Luftschlagen und Luftballons dekorierten Flur geführt, die Mutter hängte Elises Jacke an einen der Garderobenhaken, wo nur zwei andere Kinderjacken hingen – die von Rita erkannte sie sofort. Im Wohnzimmer saß Laura auf dem Sofa mit Rita und sie blätterten in einer Bravo Girl und kicherten.
„Hallo“, sagte Laura abwesend in Elises Richtung. Lauras Mutter nahm das Geschenkpaket aus Elises Hand und legte es auf den Wohnzimmertisch, wo schon drei andere, viel größere Pakete lagen.
„Ach, das ist aber schön eingepackt“, flötete die Mutter. Dann verschwand sie durch einen rauschenden Lamettavorhang in die angrenzende Küche. Dort hörte Elise das abgehackte Klackern ihrer Stöckelschuhe auf dem Linoleumboden. Wieder säuselte das Lametta und die Gastgeberin kam mit einem sprudelnden Glas Limonade in der Hand zurück, das sie vor Elise auf den Wohnzimmertisch stellte. Elise setzte sich auf den Teppichboden vor das Glas.
Dann klingelte es in rascher Folge noch drei Mal. Katrin und Nicole aus ihrer Klasse kamen dazu. Zuletzt kam Lauras Mutter mit einem Geschenk, aber ohne Gastkind herein.
„Nina hat heute morgen Fieber bekommen. Sie muss leider zuhause bleiben. Ihre Mutter hat aber das Geschenk vorbei gebracht.“
„Oh, wie schade“, rief Laura aus. Man hätte meinen können, Nina sei ihre allerbeste Freundin.
„Oh, wie schade, dass Nina nicht kommen konnte“, wiederholte sie auch bestimmt ein Dutzend Mal im Laufe des Nachmittags. Elise hatte jedes Mal das Gefühl, das sei ein Vorwurf gegen sie. Elise war eben ein schlechter Ersatz für die eigentlichen Wunschgäste. Und als Freundin von Nina war sie vielleicht auch irgendwie verantwortlich für die herbe Enttäuschung ihres Fehlens.
Sie aßen Kuchen. Laura Mutter hatte einen großen Zitronenkuchen mit Himbeerfüllung in der Form vom „Pink Panther“ gebacken, der von rosa und weißem Zuckerguss überzogen war und die Comic-Katze perfekt nachbildete, einschließlich zweier gelber Augen aus Wackelpudding und einer schwarzen Pralinennase und Schnurrbarthaaren aus Lakritzstangen.
Elise sprach kein Wort und aß zum Ausgleich drei große Kuchenstücke, die sich mit dem süßen Sprudelgetränk in ihrem Magen aufrührerisch verbanden.
Dann packte Laura ihre Geschenke aus und freute sich überschwänglich über alle Gaben. Über alle bis auf eine.
„Ein Buch“, rief sie aus. Sie konnte nicht so gut schauspielern wie ihre Mutter, deshalb klang ihre Überraschung nicht sehr überzeugend. Von Freude konnte jedenfalls keine Rede sein.
„Wenn man so schlau wie Elise werden will, muss man viel lesen. Niet waar, Laura“, sagte Lauras Mutter. Rita nahm das Buch in die Hand und las von der Rückseite vor:
„Für Kinder ab 6 Jahren“, dann kicherte sie. Das Buch blieb auf dem Boden liegen, begraben unter dem zerknüllten Geschenkpapier.
Der Hauptprogrammpunkt der Feier war ihre eigene „Mini Playback Show“. Das war nämlich Lauras Lieblingssendung. Ihre Mutter hatte viele selbstgenähte Kostüme für die kleinen Gäste bereit gelegt und sie schauten sich erst ein Video aus Holland an – die Mutter von Laura war nämlich Holländerin und deshalb schauten sie auch Fernsehen aus Holland. Danach spielten die Mädchen die Show nach. Alle wollten Madonna oder Cyndi Lauper sein. Elise kannte diese Sängerinnen nicht, weil bei ihr zu Hause fast nie fern geschaut oder Radio gehört wurde.
„Was hörst du den so für Musik“, fragte Lauras Mutter Elise.
„Was auf den Schallplatten von meinen Großtanten ist“, sagte Elise. Von den beiden Peters (Krause und Alexander) hatten die anderen Mädchen noch nie gehört.
Rita zog das Kostüm von „Like a Virgin“ an – sie hatte als Einzige schon den richtigen Busen dafür und schien auch eine vage Ahnung davon zu haben, worum es bei dem Lied ging.
Elise weigerte sich, bei dem Spiel mitzumachen. Rita versuchte hartnäckig, sie zu überreden:
„Du solltest wirklich mal versuchen, ein schönes Kleid anziehen. Das kann dir nur gut tun.“
Als die Mädchen fertig geprobt hatten, kam der Vater von Laura dazu und filmte sie. Lauras Mutter übernahm die Rolle der Moderatorin Marijke.
Wann war es endlich 18 Uhr? Elise schaute während des Nachmittags fast minütlich auf die Digitalanzeige des Videorecorders. Um zwei Minuten und 13 Sekunden nach 18 Uhr klingelte es an der Haustür. Elise sprang auf und stürmte in den Flur und zog ihre Daunenjacke an. Verwundert kam Lauras Mutter hinter ihr her und öffnete die Haustür. Christa sprach ein paar Worte mit der Mutter.
„Laura, sag Tschüss zu Elise“, rief diese ins Wohnzimmer. Es wurde plötzlich ganz still im Wohnzimmer, dann kam Laura dicht gefolgt von Rita heraus.
„Aber auf der Einladung steht doch bis 19 Uhr, wir essen gleich noch Würstchen und Pommes“, rief Laura mit theatralischer Enttäuschung.
Lauras Mutter reichte Christa noch den Mini-Playback-Show-Preis – sie hatte für jedes Kind eine Kaffeedose mit selbstgebackenen Keksen gefüllt und die Dose im Pink-Panther-Look mit einem rosafarbenen Fellstoff beklebt. Christa lobte die aufwendige Arbeit und bedankte sich.
„Wieso kriegt Elise jetzt auch einen Preis? Sie hat doch gar nicht mitgespielt“, sagte Katrin aus dem Hintergrund. Dann schloss sich die Haustür.
Elise saß auf dem Beifahrersitz und der Sicherheitsgurt drückte ihr schrecklich auf den Magen. Sie fuhren durch den Finkenweg und ihr Blick fiel auf das Haus, in dem Philipp mit seiner Familie gewohnt hatte. Alle Rollläden waren herunter gelassen. Das Haus war verlassen.
Kurz bevor sie zuhause ankamen, musste Christa am Seitenstreifen anhalten, damit Elise sich in den Straßengraben übergeben konnte. (…)
Tag 28: Klassenfahrt ins astronomische Ulm
Es war die erste Woche im Juni 1989. Elise hatte alle Tests mit Auszeichnung bestanden und ihre Gymnasiumsempfehlung bekommen. Aber die schwerste Prüfung stand ihr noch bevor: Die Klassenfahrt mit ihrer 4. Klasse zum Abschied und als Höhepunkt ihrer gemeinsamen Grundschulzeit.
Am Donnerstagmorgen saßen sie seit 7 Uhr früh im Bus des Reisebüros Sonnenschein, für das die Mutter von Ingo seit kurzem als Fahrerin arbeitete. (…) Der Bus war nicht so groß wie die Linienbusse, mit denen Elise und die anderen Kinder sonst in die Schule fuhren. Elise zählte 30 Sitze in ihrem Reisebus. In der 4c waren sie jetzt 19 Kinder. Zum Glück hatte sich Nina neben Elise gesetzt. Simone, das große Mädchen mit der dicken Brille, das im letzten Schuljahr sitzen geblieben war und neu in ihre Klasse gekommen war, saß alleine. Rita und Laura waren natürlich zusammen und tuschelten wie üblich.
Ingo und Andreas saßen nebeneinander in der Mitte vom Bus. Andreas hatte einen Stapel Pumuckl Hefte und Ottifanten Comics dabei und schon um 9 Uhr zwei Tüten Cola-Gummibärchen leer gefuttert. Er hatte Schluckauf. Das hinderte ihn jedoch nicht daran, sich weiße Socken anzuziehen und wie Otto Waalkes – der sich über Michael Jackson lustig machte – im Gang des Busses zu tanzen und auf dem Boden herum zu rollen. Frau Steinbeck schnallte Andreas schließlich neben sich auf dem Sitz in der ersten Reihe an. (…)
Gegen 14 Uhr bog der Bus auf den Parkplatz der Jugendherberge ein. Es war ein dreistöckiges, rechteckiges Gebäude mit symmetrischen Fenstern, das wie eine Schule aussah. Im Eingangsbereich roch es verschwitzt wie in einer Turnhalle und der Herbergsvater mit preußischem Kaiserschnauzer und Glatze führte die Neuankömmlinge in den 2. Stock. Am hinteren Ende eines langen Flurs mit grauem Krankenhauslinoleum lagen ihre fünf 4-er-Zimmer mit metallenen Stockbetten. Es gab ein großes Bad mit Waschbecken und gemauerten Duschkabinen (nur eine einzige davon war durch einen Plastikvorhang geziert) und gegenüber ein ähnliches (jedoch mehr nach Urin riechendes) Bad für die Jungs. Die Zimmer für die Lehrpersonen war eine Etage höher. Frau Steinbeck würde sich mit Ingos Mutter ein Zimmer teilen.
Während Frau Steinbeck noch den ersten Eindruck verarbeitete, der um Einiges vom Prospekt abwich, stürmten die Schüler bereits in die Zimmer.
„Das ist mein Bett“, schrie André
„He, ich will oben liegen“, schrie Dennis noch lauter und stieß Ingo zur Seite.
Rita und Laura suchten sich zielstrebig das hübscheste Zimmer aus, Katrin und Nicole durften ihnen Gesellschaft leisten.
Elise landete mit Nina und der großen Simone im Zimmer ohne Gardinen mit Blick auf die Straße. Das 4. Bett in ihrem Zimmer blieb leer. Elise war das nur recht. Sie breitete ihren Schlafsack und ihr Kuschelkopfkissen auf der Matratze im unteren Stock aus, Nina schlief lieber oben. Ihre Reisetasche stellte sie in den schmalen Metallspind, der so verzogen war, dass die Tür nicht richtig zu ging.
Um 15 Uhr trafen sie sich alle im großen Speisesaal im Erdgeschoss. Hier waren lange Tische mit Holzbänken davor aufgereiht. Gegenüber der Fenster streckte sich eine lange Metalltheke mit herunter gelassenem Rollo, hinter dem die Küche lag. Die Fensterfront zeigte auf den Garten des Hauses. Hier wuchs gelbliches Gras in der Junisonne. Ein Schaukelgerüst ohne Schaukeln und ein kleines asphaltiertes Basketballfeld mit Körben ohne Netz boten Spielmöglichkeiten für phantasievolle Kinder.
Die Herbergsmutter begrüßte Frau Steinbeck mit festem Händedruck. Sie war eine stämmige Frau, die eine weiße Kochmütze und eine Plastikschürze trug. Auf ihrem üppigen, beschürzten Busen prangte das Bild eines rosa Schweinchens mit Ringelschwanz, das von einem Metzgermesser gejagt wurde. Sie öffnete nun den Deckel eines riesigen Topfes und tunkte eine Kelle hinein. Dann lüpfte sie ein kariertes Küchentuch von einem flachen Korb mit Weißmehlbrötchen, als präsentiere sie einen Zaubertrick.
„Hier steht der Schwäbische Eintopf. Jeder kann sich ein Weckle dazu nehmen. Aber nur eins, gell!“, sagte die Herbergsmutter mit befehlsgewohnter Stimme.
Die Kinder stellten sich in einer Reihe an, nahmen sich einen Suppenteller und die Herbergsmutter füllte ihnen auf. Zwei Kellen pro Teller. Elise musste an die Suppenszene aus Oliver Twist denken. Im Eintopf schwammen dicke Linsen und vereinzelt auch Spätzle. Einige Kinder entdeckten sogar Stücke unterschiedlicher Würstchen in ihrem Teller. Mit Salz hatte die Köchin jedenfalls nicht gespart.
„Die Spätzle sind bestimmt von gestern Mittag“, bemerkte Frau Steinbeck.
Aus einem Getränkeautomat konnten sich die Kinder ein Orangensaftkonzentrat ziehen, das man mit Wasser mischen musste. Andreas trank es pur und bekam schon wieder Schluckauf.
Zum Nachtisch ließ die Herbergsmutter einen kleinen Korb mit abgezählten Mini-Raider-Riegeln herum gehen.
„Jeder nur eine Packung, dann habt ihr trotzdem zwei “, sagte sie und war beleidigt, als keiner über ihren spitzfindigen Witz lachte.
Liebe Ulrike,
herzliche Glückwünsche! Da ich mich selbst 10 Tage dem Zeichendiktat unterworfen habe, weiß ich welch tolle Leistung dahintersteht. Und dass du im Dezember weiterschreiben willst, heißt: es lohnt sich. Eine Geschichte, die dir am Herzen liegt, ist wahrscheinlich genau das richtige Kontrastprogramm zu unserem blöden Essay:)
Hab einen schönen, schreibintensiven Advent, lG,
Amy
Vielen Dank liebe Amy! 🙂 Ja, Kontraste sind wichtig und es macht Spaß, wenn das Herz mitschreibt. Ich hoffe, deine 10 Tage habe dich deinen Themen näher gebracht und du konntest Wertvolles für dich daraus schöpfen.
Liebe Ulrike,
ich gratuliere dir zu deiner Schreib Leistung und noch viel mehr zu einer Geschichte, die gewachsen ist und dir am Herzen liegt. Für mich gibt es fast nichts Schöneres, als eine solche GESCHICHTE zu erfinden und mit ihrem Figuren in ihr zu leben, das belebt den Alltag ungemein….
Liebe Grüße,
Mia
Vielen Dank liebe Mia! 🙂 Das stimmt – in der eigenen Fantasiewelt lebt es sich sehr schön.
Auch von mir ganz herzlichen Glückwunsch! Das ist wirklich eine beeindruckende Leistung! Als du mir zum ersten Mal davon erzählt hast, hätte ich nie gedacht, dass das wirklich machbar ist. Aber jetzt hast du es geschafft 🙂 Ich hoffe, du kannst dich auch weiterhin motivieren! Ich bin auf jeden Fall schon sehr gespannt den fertigen Roman im neuen Jahr zu lesen!
Vielen Dank für deine ermutigenden Worte liebe Cari! 🙂
Herzlichen Glückwunsch, Ulrike, zu dieser tollen Leistungen in Kreativität und Disziplin! Toll, wie du die 30 Tage durchgehalten hast und dabei auch so viele Freude entwickelt hast beim Erschaffen deiner lebendigen Romanwelt. Du hast sicherlich sehr wertvolle Erfahrungen gesammelt, wie du als Autorin vorgehen kannst, wie Romanfiguren ihr Eigenleben entwickeln, wie du dich motivieren und gut strukturieren kannst… Du hast in deinen begleitenden Blog-Artikeln ja schon interessante Techniken genannt.
Für deine weitere Ausarbeitung im Dezember drücke ich dir die Daumen.
Deine Leseproben gefallen mir immer sehr gut! Ich mag deine Figuren. Es ist eine gute Mischung aus character building und action. Ich freue mich schon sehr darauf, demnächst – nach dem nötigen Reifeprozess – den fertigen Roman zu lesen und deine Welt in der Gesamtheit zu erkunden!
LG Dorit
Vielen Dank liebe Dorit für dein inhaltsreiches Feedback und deine Ermutigung! 🙂
Also Ulrike,
ich bin erst jetzt zum Lesen gekommen und bin fast sprachlos. Du hast dich in dem Roman frei geschrieben und eine erstaunliche Phantasie und einen höchst bunten und genauen Detail-Reichtum imaginiert. In jedem Satz spüre ich die Freude am Schreiben und das ist selten. Ich komme ja viel rum in Schreiberkreisen und meistens fällt mir die Mühsal auf. Ohne Morde geht gar nichts mehr, das mindeste sind Depressionen. Da ist dein Text dagegen eine Labsal!
Ganz lieben Dank! 🙂 Das stimmt, durch mein vieles und regelmäßiges Schreiben sind ganz unerwartete Gedankenströme in Fahrt gekommen und auch stilistisch konnte ich Dinge ausprobieren und auch ein bisschen meine eigene “Stimme” finden.