So findest du einen passenden Verlag für dein Buchprojekt

Ist nun endlich der Moment gekommen, an dem du dein Manuskript in die Welt hinaus schicken kannst – dein „Baby“, an dem du Monate, vielleicht sogar Jahre lang gebrütet, geschrieben und gefeilt hast?

Dann musst du zunächst eine grundsätzliche Frage für dich klären: In welchem Verlag soll dein Roman erscheinen? Hier sollten Wunsch und Wirklichkeit nicht zu weit auseinander klaffen. Eine realistische Einschätzung ist für diese wichtige Weichenstellung nötig.

Die erste Weichenstellung: In welchen Verlag passt dein Manuskript

Handelt es sich bei deinem Roman um Unterhaltungsliteratur (Belletristik)? In welchem Genre ist es anzusiedeln? Eine Übersicht der gängigen Genres findest du hier.

Die großen Publikumsverlage bedienen meist die gängigen Genres wie Krimi, Thriller, Science-Fiction, Historischer Roman und Liebesroman, manchmal auch Fantasy.

Diese „Big Player“ sind PENGUIN RANDOM HOUSE VERLAGSGRUPPE (dazu gehören u.a.: GOLDMANN, HEYNE, BLANVALET, DIANA), HARPERCOLLINS, ULLSTEIN, DROEMER, FISCHER, ROWOHLT, AUFBAU, PIPER, LÜBBE, PENGUIN, DTV. Diese Verlage haben meist noch diverse Imprints, d.h. Unterverlage mit eigenem Namen und oft spezifischer Zielgruppe (z.B. „Eichborn“ gehört zu Lübbe und steht für eher Anspruchsvolles).

Fantasy-Romane findet man z.B. auch bei RAVENSBURGER (Fantasy und Science-Fiction, Jugendbücher) und CARLSEN (Kinder- und Jugendbuch). Eine gute Verlags-Übersicht findest du hier.

Am besten du schaust mal bei deinen Lieblingsromanen und literarischen Vorbildern nach, in welchen Verlagen diese Bücher erscheinen. Wenn dein Manuskript vom Inhalt und Stil vergleichbar ist, dann könnten diese Verlage die richtige Adresse für dich sein.

Oder handelt es sich bei deiner Geschichte um ein (literarisches) Werk, das in keine Schublade passt und eher eine Nische braucht? Dann sind wahrscheinlich kleine Independent-Verlage die Richtigen für dich.

Wenn du zum Ergebnis kommst, dass dein Roman ein „Blockbuster“ ist und am besten in einen der großen Publikumsverlage passt, dann führt der einzige realistische Weg dorthin über eine literarische Agentur. Ohne eine Agentur landet dein Werk in den Stapeln unverlangt eingesandter Manuskripte, die sich bei den großen Verlagen türmen und die von Praktikanten im Eiltempo abgearbeitet werden, wenn überhaupt. Wie du die richtige Agentur findest, verrate ich dir in diesem Beitrag.

Wenn du zu dem Schluss gekommen bist, dass dein Buchprojekt bei einem Independent Verlag am besten aufgehoben wäre, dann kommen nun meine praktischen Tipps zur Auswahl.

Welcher Verlag passt zu deinem Buchprojekt?

Der erste Schritt ist, passende Verlage herauszufiltern. Eine gute Übersicht über alle Independent Verlage findest du hier: Verlagsliste: Independent-Verlage | Autorenwelt

Hier bin ich tatsächlich jeden einzelnen Verlag durchgegangen und habe mir deren Hompage und Programm angesehen und mir notiert, welcher passt und welcher nicht passt (das ist die Mehrheit).

Eine empfehlenswerte Seite mit Kurzbeschreibung zu den jeweiligen Verlagen ist diese.

Eine Gesamtliste aller Verlage in Deutschland findest du hier.

Manchmal kann es sinnvoll sein, nach Verlagen in einer bestimmten Stadt zu schauen – wenn du z.B. etwas Regionales geschrieben hast. Du kannst die Tabelle einfach nach Städten sortieren.

Auch sehr interessant ist, welche Verlage in letzter Zeit mit dem „Deutschen Verlagspreis“ ausgezeichnet worden sind (3 Verlage) oder ein Gütesiegel nebst Preisgeld in Höhe von jeweils 24.000 Euro (60 Verlage) erhalten haben. Bei diesen Verlagen ist zu vermuten, dass sie ein bisschen mehr Geld in der Tasche haben und evtl. eher bereit sind, einer Debütautorin oder einem Debütautor eine Chance zu geben.

Achtung schwarze Schafe: Druckkostenzuschussverlage (DKZV)

Falle nicht auf die Abzocke von Verlagen herein, die Geld von dir verlangen, damit sie dein Buch drucken. Geld sollte bei einem seriösen Verlag immer vom Verlag zur Autor:in fließen und nicht umgekehrt. Checke diese hilfreiche Liste.

Behalte den Überblick

Ich rate dir an dieser Stelle, eine Tabelle anzulegen, in der du jeden Verlag einträgst, den du dir angesehen hast und dir Notizen machst: Welche Romane im Verlagsprogramm ähneln dem deinen?

Warum passt der Verlag nicht? Ich arbeite hier gerne farblich mit einem Ampelsystem. Du kannst dir gerne meine Liste ansehen.

Dein Manuskript anbieten

Nun hast du einige passende Verlage gefunden. Ich empfehle nun, deine Favoriten auszuwählen und diese anzuschreiben.

Wenn ein Verlag Interesse hat, meldet er sich in der Regel innerhalb von 4 Wochen bei dir (manchmal dauert die Prüfung auch länger) und fordern das Gesamtmanuskript an. Damit sich deine Suche nicht über Jahre hinzieht, solltest du dir viele Chancen schaffen, z.B. jeden Monat ein Dutzend „Bewerbungen“ verschicken (sofern es so viele passende Verlage gibt).

Was erwartet der anzuschreibende Verlag von dir

Schau dir die Homepage des Verlags genau an und finde die Angaben zur Manuskripteinsendung: Meist gibt es einen eigenen Reiter oder du findest Angaben unter „Kontakt“. Hier steht, welche Unterlagen du an welche Stelle senden sollst: Meist per E-Mail, manchmal gibt es ein Online-Formular, manchmal in Papierform (lose Seiten) per Post.

Immer gefordert werden ein Exposé (1-3 Seiten), eine Leseprobe (20-50 Seiten) – halte die jeweiligen Seitenvorgaben möglichst genau ein – und eine Autorenvita mit Verzeichnis von Veröffentlichungen.

Bei digitaler Zusendung wird meist das pdf-Format bevorzugt, aber Word oder Open Office gehen auch.

Sende niemals das gesamte Manuskript unverlangt zu.

So stellst du dein Romanprojekt am besten vor

Hier gelten im Prinzip dieselben formalen Regeln, wie auch bei einer Jobbewerbung: Du brauchst als Erstes ein kurzes und knackiges Anschreiben (1 Seite) mit den wichtigsten Information. Das Anschreiben vermittelt den ersten Eindruck und kann schon das k.o. bedeuten, wenn dieses nicht gut ist.

In formaler Hinsicht ist es ein Geschäftsbrief: Briefkopf mit deiner Adresse, vollständige Anschrift des Empfängers, Ort und Datum. Der Betreff sollte lauten: „Manuskriptangebot: Titel und Genre“

Bei der Anrede ist es besser, du sprichst eine konkrete Person an, als das pauschale „Sehr geehrte Damen und Herren“ zu verwenden. Wenn auf der Homepage des Verlags eine bestimmte Ansprechperson genannt ist, dann schreibe diese namentlich an, sonst den/die Inhaber:in des Verlags.

Erster Absatz: Warum wendest du dich an gerade diesen Verlag

„hiermit möchte ich Ihnen mein Romanprojekt vorstellen. Ich bin auf Ihren Verlag aufmerksam geworden, weil Sie Autorinnen wie XY („Z“ aktuellen Roman nennen) veröffentlichen und sich mein (Genre-) Roman mit (Attribut einfügen: was verbindet meinen Roman mit dem zuvor genannten) gut / bestens dort einreihen könnte.“

Zweiter Absatz: Was hast du anzubieten

Stelle dein Romanprojekt vor: Kurzpitch (1-2 Sätze).

Marktvergleich: Mein Roman ist so ähnlich wie… (d.h. passt in den Trend)

USP (unique selling point) / Alleinstellungsmerkmal: aber besonders, weil… (hebt sich von der Masse ab)

Dritter Absatz: Wer bist du

Stelle dich selbst vor: Welche Stipendien (z.B. Stadtschreiber:in) und Preise hast du schon gewonnen. Hast du schon Texte veröffentlicht (hier aber kein Selfpublishing nennen). Wenn du nichts Hochkarätiges vorzuweisen hast, dann lasse diesen Absatz weg. Deine kleinen Schritte Richtung Autor:innenberuf kannst du in deiner Vita darstellen.

Letzter Absatz: unaufdringlicher Ausklang

„Bei Interesse sende ich Ihnen gerne das vollständige Manuskript zu. Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung.“

Nach diesen DO’s hier einige DON’Ts:

Schreibe keinesfalls Dinge wie:

„Sie können sich glücklich schätzen, als Erster meinen Roman lesen zu dürfen.“

„Meine Testleser / meine Deutschlehrerin waren hellauf begeistert von meinem Roman.“

Auch Selbstbeweihräucherung (wie in Jobbewerbungen üblich) sind hier fehl am Platz:

„Der Text überzeugt durch seinen virtuosen Schreibstil.“

„Ein Roman in Stil von XY (berühmte/n Autor:in nennen).“

Einziges lobendes Adjektiv, was m.E. okay ist: „gründlich recherchiert“, z.B. bei einem historischen Roman.

Verwende keine Emojis und auch Humoriges ist ein zweischneidiges Schwert (im Zweifel wird deine Ironie nicht verstanden).

Was auch nicht gut ankommt: Ein selbst designetes (oder professionelles) Buchcover mitzuliefern. Die Vermarktung soll dem Verlag überlassen werden.

Die perfekte Autorenvita

Hier hast du Gelegenheit, dich ins rechte Licht zu rücken. Zeige, dass du ein/e Wunschautor:in bist: Fachlich kompetent, eine faszinierende Persönlichkeit und medienwirksam.

In formaler Hinsicht: Die Vita ist in der dritten Person zu abzufassen (nicht in der Ich-Form).

Inhaltlich: Führe die wichtigsten Stationen deines beruflichen und persönlichen Werdegangs auf. Stelle hierbei einen Zusammenhang zwischen dir und deinem Roman her: Was macht dich zur Expertin auf diesem Gebiet? Entweder durch deinen Beruf oder dein Hobby. Wenn dein Roman in einem bestimmten beruflichen Milieu angesiedelt ist, kommt es gut an, wenn du selbst dort Einblicke hast.

Wo spielt dein Roman? Ist der Schauplatz deine Heimatregion oder hast du diese (exotische) Region schon oft bereist?

Stelle Parallelen zwischen dir und deinen Figuren her. Ist deine Heldin eine Köchin, dann erwähne deine eigene Kochleidenschaft. Spielt z.B. Musik eine Rolle in deiner Geschichte, dann klingt es gut, wenn du selbst ein Instrument spielst oder in einem Chor singst. Natürlich sollst du nichts erfinden. Aber zeige die Facetten von dir, die zu deinem Roman passen.

Was auch gut ankommt. Bist du Teil einer Autorengruppe oder einer Lesebühne, hast du dir als Poetry Slammer:in einen Namen gemacht, bist du auf Social Media aktiv und hast viele Follower?

Schau dir als Vorbild die Vitas auf den Webseiten der Verlage oder auf der Umschlagseite der Bücher in deinem Regal an. Manche klingen (für meinen Geschmack) sehr langweilig (ob eine Autorin drei Katzen hat oder am liebsten mit ihrem Hund spazieren geht, interessiert mich ehrlich gesagt nicht).

Hier einige gelungene Beispiele: Marc-Uwe Kling (ein „Buchstabendurcheinanderbringer“, sein Humor tritt zutage), Heinrich Steinfest („Nesthocker und preisgekrönter Autor“), Doris Cramer (Expertise zum Schauplatz Marokko), Jeanette Limbeck (Debütroman: Expertise zum Schauplatz Russland, in der längeren Fassung der Vita eine originelle Anekdote, die zum Abenteuergeist der Heldinnen des Romans passt: „… zu Fuß den Fluss Amudarja überquert“).

Wenn du ein Foto beifügst, dann nur eines aus dem Fotostudio (z.B. Bewerbungsbild), kein Selfie oder Urlaubsschnappschuss.

Weitere Tipps zur professionellen Autorenvita findest du auch hier.

Ein überzeugendes Exposé und Leseprobe sind natürlich auch essentiell. Hierauf werde ich in einem nächsten Blogbeitrag noch näher eingehen.

Viel Glück und Erfolg

Ich wünsche dir viel Erfolg bei deiner Verlagssuche. Lass dich nicht von Absagen entmutigen! Auf dem langen Weg bis zur Veröffentlichung deines Romans brauchst du viel Geduld, Beharrlichkeit und Selbstvertrauen – und eine Portion Glück!

Ich bin diesen Weg auch gegangen und habe nach monatelanger Suche einen tollen Verlag gefunden, der meinen Debütroman im Februar 2023 veröffentlicht.

Die Empfehlungen in diesem Beitrag gründen sich auf meine eigenen Erfahrungen, auf den kollegialen Austausch mit anderen Autor:innen und auf Recherche zum Thema (Ratgeber u.a.).

Im blauen Himmelbett mit Jonas Kaufmann beim Rheingau Musik Festival in Wiesbaden

Wiesbaden, 21.08.2022

An diesem idyllischen Sommerabend erwartete die Klassikbegeisterten eines der Highlights des diesjährigen Rheingau Musik Festivals: Startenor Jonas Kaufmann entführte das Publikum im Kurpark Wiesbaden in die schwelgerische Welt der italienischen Oper und der Wiener Operette.

Schöne Atmosphäre für die nahezu ausverkaufte Gala im Kurpark Wiesbaden. Foto: UG
Jonas Kaufmann. Foto: Ansgar Klostermann

Zum Einstieg überraschte Kaufmann, festlich im Frack gekleidet, mit dem „Prolog“ aus der Oper von „Pagliacci“ von Ruggero Leoncavallo, einer Arie, die eigentlich für einen Bariton geschrieben ist. Trotz seines baritonalen Timbres fehlte es dem Tenor hier in den tiefen Lagen an Fülle und er konnte seine stimmlichen Stärken in diesem Stück nicht zur Geltung bringen, was auch mit ziemlich verhaltenem Applaus quittiert wurde. Im Anschluss trat der Star des Abends ans Mikrofon und entschuldigt sich fast schon für seinen Ausflug ins Bariton-Repertoire, aber diese Arie begeistere ihn so sehr, dass er nicht habe widerstehen können, sie auf der Bühne darzubieten. Kaufmann versprach aber, für den Rest des Abends in den Gefilden des Tenor-Repertoires zu bleiben.

Als nächstes präsentierte er das von Enrico Caruso berühmt gemachte Verismo-Stück „Vesti la giubba“ aus der selben Oper. Es ist der verzweifelte Seelenschrei des Clowns Canio, der sich das Lachen aufschminken muss und dem gleichzeitig das Herz vor Liebeskummer bricht. Kaufmann hat diese Rolle bereits bei den Salzburger Osterfestspielen 2015 sehr überzeugend und herzzerreißend dargeboten und hätte sie im Juli diesen Jahres wieder gespielt und zwar am Royal Opera House in London, wenn er nicht wegen seiner zweiten Corona-Erkrankung hätte absagen müssen. Am heutigen Abend scheint Kaufmann das alles nachholen zu wollen. Allerdings ist diese emotionale Tour de Force am Anfang des Programms sowohl für den Sänger, als auch für das Publikum ein ziemlicher Kaltstart und die Wucht des Gefühls mag nicht so recht entstehen, weil der Kontext der Oper fehlt.

Foto: Ansgar Klostermann

Kaufmann setzte seine Moderation fort und kündigte die nächsten Stücke von Giacomo Puccini an. Dass der Tenor gleichzeitig die Rolle des Conferenciers übernahm, schien eine spontane Entscheidung des Sängers zu sein, jedenfalls sprach er frei und las keinen vorformulierten Text ab. Beim ersten Open-Air-Sommerkonzert in diesem Format im Kloster Benediktbeuern hatte es geregnet und das Publikum war zudem nicht mit Programmzetteln ausgestattete gewesen, so dass Kaufmann auf seine flexible und freundliche Art dort die Moderation übernommen und den Abend ein Stück weit gerettet hatte. Anscheinend hat er gefallen an dieser Rolle gefunden, denn obwohl heute Programmzettel vorhanden waren, führte er mit seinen spontanen, die Stücke und Komponisten musikalisch einordnenden Ansagen durch den ganzen Abend, was ihn sehr nahbar machte – und auch fehlbar zeigte, denn hier und da verhaspelte und verbesserte er sich und merkte selbst an, dass die Moderation “nicht sein eigentlicher Beruf” sei. Seine persönliche Ansprache ans Publikum brachte Kaufmann viele Sympathiepunkte ein, aber vielleicht nahm sie ihm auch ein wenig die Aura des unerreichbaren Stars.

Kaufmann kündigte galant seine Gesangspartnerin, die amerikanische Sopranistin Rachel Willis-Sørensen an, die mit der Arie der Mimi aus „La Bohème“ den romantischen Teil des Konzerts einleitete. Im darauffolgenden Duett „O soave fanciulla“ konnten Tenor und Sopran ihre Stimmen in träumerischer Harmonie verschmelzen lassen. Ihr kräftiger und klarer Sopran mischte sich hier bestens mit dem samtigen Timbre des Tenors.

Foto: Ansgar Klostermann

Dann brachte Kaufmann die stiefmütterlich behandelte Tenorarie „Non piangere Liu“ aus Puccinis „Turandot“ zu Gehör, die er mit weichen Tönen und viel Stimmschmelz gestaltete. Zuvor stellte er dem Publikum jedoch augenzwinkernd – „darüber können wir später noch verhandeln“ – in Aussicht, dass sie später noch in den Genuss von DER Tenorarie aus dieser Oper kommen würden, deren Namen nicht genannt werden muss.

Vor der Pause gab Kaufmann noch das aufflammende Plädoyer des Dichters Andrea Chénier aus der gleichnamigen Oper zum besten, was ihm einiges an Stimmkraft abverlangte.

Nach der Pause – Kaufmann trug nun ein dunkelblaues Jacket auf weißem Hemd und leger offenstehendem Kragen – ging es mit der „leichten Muse“ in Gestalt der Operette weiter, die, so Kaufmann, alles andere als leicht zu singen sei, die Kunst liege darin, es leicht und süffig klingen zu lassen. Dass er diese Kunst beherrscht, zeigte der Tenor dann in den bekannten Stücken von Operettenkönig Franz Lehár wie „Dein ist mein ganzes Herz“ und im Duett „Wiener Blut“ mit Willis-Sørensen, die zusammen einen kleinen Walzer auf die Bühne legten. Inzwischen war auch das Publikum ganz in der Atmosphäre der Sommernacht unter freiem Himmel angekommen und applaudierte begeistert.

Foto: Ansgar Klostermann

Seine stimmlichen Verführungskünste und seinen unvergleichlichen Charme konnte Kaufmann in „Hab ein blaues Himmelbett“ aus der Operette „Frasquita“ von Lehár und im Chanson „Ich küsse Ihre Hand, Madame“ von Ralph Erwin ausspielen. In seinem balsamischen Gesang kommen die große Farbpalette seiner Stimme sowie seine Gestaltungskunst bestens zur Geltung, die der vielseitige Tenor auch als gefragter Liedsänger immer wieder vorführt.

Das WDR Funkhausorchester unter der Leitung von Jochen Rieder, den Kaufmann sich seit vielen Jahren für seine Konzert-Tourneen an die Seite holt, in der Orchestermuschel begleitete den Startenor gefällig und schwungvoll.

Kaufmann beglückte sein Publikum mit vier Zugaben, darunter natürlich das Tenorglanzstück „Nessun Dorma“ von Puccini, was wie zu erwarten mit frenetischem Jubel und Standing Ovations belohnt wurde. Ausklingen ließ der Tenor den Abend mit dem sehnsuchtsvollen „Wien, du Stadt meiner Träume“ von Rudolf Sieczynskis.

So strömten die Massen am Ende dieses Abends mit einem Lächeln auf dem Gesicht dem Ausgang entgegen und kaum jemand merkte, dass der Star-Tenor selbst sich unter ihnen einen Weg von der Bühne zurück in seine Garderobe im Kurhaus bahnen musste.

 

Ausblick auf weitere Klassik-Highlights

Jonas Kaufmann wird im nächsten Mai in die Region zurückkehren und am 21.05.2023 ein Konzert in der Alten Oper Frankfurt geben. Wer nicht solange warten möchte, kann den Tenor in den nächsten Monaten an den Opernhäusern München, Zürich und Wien im italienischen Repertoire erleben. Auf seiner Homepage kann man seinen vollen Terminplan einsehen.

Das Titelbild stammt ebenfalls vom Fotografen Ansgar Klostermann, zur Verfügung gestellt vom Rheingau Musik Festival.

Foto: UG

Süße Romanrecherche in der Backstube

Heute war ich zur Romanrecherche in der Backstube von “Tigertörtchen” in Berlin im Scheunenviertel. Dort durfte ich den drei gutgelaunten Konditorinnen beim Zaubern von Cupcakes und Torten über die Schultern schauen.

In meiner Contemporary Romance-Reihe rund um ein grünes Café in der Mainmetropole steht in Band 2 eine Konditorin im Mittelpunkt, die zuerst ihre Meisterprüfung bestehen muss und im Finale bei der Deutschen Konditorenmeisterschaft um den Titel backt. Hierfür habe ich in den letzten Monaten schon einiges multimedial recherchiert, aber das Erlebnis heute in der Backstube hat noch eine andere Qualität.

Als ich Langschläferin um 11 Uhr in die Backstube komme, sind die Konditorinnen schon seit 6 Uhr in der Frühe bei der Arbeit und haben über 1.000 Cupcakes in 12 unterschiedlichen Varianten gebacken und dekoriert.

Alles steht auf Tabletts auf einem riesigen Tisch und wird nun mit fliegenden Händen in Kartons verpackt – eine Lieferung geht an eine große Firma raus, ein anderer Teil wird vom Chef Stefan in die Filiale im Nikolaiviertel transportiert. Kurz darauf sind alle farbenfrohen Cupcakes verpackt und verstaut oder auch das eine oder andere in meinem Mund zur schriftstellerischen Verkostung gelandet – auf jeden Fall Gedicht-würdig.

Nun machen sich die drei an die Herstellung von Tortenböden. Es ist Hochzeitssaison und bis zum Wochenende müssen fast ein Dutzend Spezialbestellungen fertig sein. Die erste Konditorin wiegt ab und mischt im Akkord die einzelnen Komponenten an: 1. Zucker und Eiklar erwärmt und dann in der Maschine schaumig geschlagen, 2. Mehl und Kakao, 3. Butter verflüssigen.

Die zweite Konditorin bekommt diese 3 Schüsseln angereicht und vermengt alles per Hand in einer großen Schüssel und verteilt den flüssigen Teig „Wiener Art“ in die Ringformen in unterschiedlichen Größen. Innerhalb von einer Stunde entstehen so ein gutes Dutzend Tortenböden.

Die dritte Konditorin bereitet in dieser Zeit die Tortenfüllungen zu, z.B. Himbeere- und Maracuja-Gelees, Buttercreme und Schokolade mit Cornflakes-Crunch.

Beim Backen kommen alle Sinne zum Einsatz: Wenn die Konditormeisterin prüft, ob der Teig schon fertig gebacken ist, drückt sie von oben auf die Kruste, die leicht nachgibt und sich dann wieder hebt und je nach Geräusch (ein leichtes Knistern) erkennt sie, ob der Teig schon durchgebacken ist.

Auch staune ich darüber, wie perfekt in dieser Backstube alles angeordnet ist: Jede Zutat hat seine eigene Schublade oder Behältnis und ist in rauen Mengen vorhanden.

In der letzten Stunde vor Feierabend um 14 Uhr machen sich die Konditorinnen an die filigrane Arbeit der Dekorationsstücke. Unter geschickten Handbewegungen entstehen Blatt für Blatt romantische Rosenblüten aus weißem Fondant.

Ihre Kollegin ist für die Fantasy und Sciene-Fiction-Deko zuständig und modelliert und bemalt die Maske von Spiderman, einen Harry-Potter-Zauberstab und ein Star-Wars-Spaceship.

So ist ein halber Tag in der Backstube wie im Fluge vorbei. Nicht nur duftet mein Haar immer noch köstlich nach Kuchen, sondern ich konnte staunend miterleben, wie gut abgestimmt alle Arbeitsschritte beim Backen sind und wie wichtig Teamwork ist.

Allerdings spüre ich schon meine Füße und den Rücken, denn man muss die ganze Zeit über stehen, was das zu einem körperlich anstrengenden Beruf macht.

Ich bin jedenfalls voller Respekt für die facettenreiche Arbeit der Konditorinnen, die dabei so fröhlich und kollegial miteinander umgegangen sind und meine vielen Fragen mit viel Geduld beantwortet haben. Vielen Dank an euch und an den Tigertörtchen-Inhaber Stefan, der mich in seine Backstube eingeladen hat!

Wenn ihr mal in Berlin seid, wisst ihr nun, wo es besonders leckere Cupcakes gibt.

Diese drei Tigertörtchen habe ich mir daheim schmecken lassen.

„Schreiben ist ein Kinderspiel“ – meine Anfänge als Schriftstellerin

„Schreiben ist ein Kinderspiel!“ Ja, für mich schon, denn mit dem Spielen als Kind habe ich begonnen, mir selbst und anderen Geschichten zu erzählen.

Meine Playmobilfiguren waren hierbei meine wichtigsten Instrumente. Meine Schwestern und ich hatten ein eigenes Zimmer, das nur unseren Playmos gewidmet war.

Jede hatte ein Grundstück mit Haupthaus (großes Puppenhaus), wo die „Hauptfamilie“ gewohnt hat. Dann gab es noch ein Dorf mit kleineren Häusern für die „Nebenfamilien“.

Das Schreiben kam erstmalig zum Einsatz, wenn ich Namenslisten für meine Großfamilie geschrieben habe. Jedes der 14 Kinder hatte natürlich ein eigenes Pferd, so dass auch alle Tiere auf meinem Hof einen Namen bekommen haben.

Das ist die Liste meiner Schwester Dorit. Meine war so ähnlich, ist aber leider verloren gegangen.

Wie ihr alle wisst, ist die Namensgebung für eine Romanfigur der erste Schritt, dieser ihren Charakter zu geben. Meine Figuren hatten auch ganz bestimmte Rollen im gesellschaftlichen Gefüge zu erfüllen. Total niedlich ist diese Job-Beschreibung für eine Zofe.

Im Urlaub musste ich mir dann Ersatzspielzeug suchen. Voller Hingabe habe ich stundenlang mit den Doppelkopfkarten „Verlobungsball“ gespielt. Die Damen waren die schönen Prinzessinnen (die Karodame die kupplerische Mutter) und die Könige und Buben haben sie umworben.

Hier eine nachgestellte Ball-Szene: Oben das Elternpaar, das über die Brautwerbung wacht. Die drei schönen Töchter sind umringt von Heiratskandidaten. Die Pik-Dame findet den schneidigen Karo-Buben viel attraktiver, als den selbstgefälligen Kreuz-König im Hermelin und mit roter Trinkernase.

Vorlage waren hierbei die Sisi-Filmen mit Romy Schneider, die ich unzählige Male mit meinen Schwestern angeschaut habe.

Drei Prinzessinnen im Schnee.

Inspiration für meine Spiele haben natürlich einige Filme, aber vor allem Bücher geliefert, denn ich war eine leidenschaftliche Leserin.

Im Skiurlaub mit meinen Schwestern – wir sind ganz versunken ins Lesen.

Sobald ich schreiben konnte, habe ich meine Fantasie auch auf dem Papier ausgelebt. Deutsch war immer mein Lieblingsfach und ich bin ganz darin aufgegangen, Aufsätze und zu schreiben und Literatur zu interpretieren.

Mein Aufsatz: “Ein Hund als Lebensretter” aus der dritten Klasse.

Ein „Meilenstein“ in meiner jungen Schriftstellerin-Laufbahn (als 12-Jährige) war sicherlich die Bühnenadaption von Agatha Christies „Tod auf dem Nil“: Zusammen mit meiner Zwillingsschwester Dorit  habe ich zum 11. Geburtstag unserer jüngeren Schwester mit allen Geburtstagsgästen (Kindern) ein komplettes Theaterstück auf die Wohnzimmerbühne gebracht: Mit Bühnenbild und mondänen Kostümen. Hierzu haben wir den Kleiderschrank unserer Eltern geplündert.

Hier bei der Regiebesprechung.

Wir haben die Regie übernommen und auch selbst mitgespielt – und natürlich für jede Rolle den Bühnentext geschrieben. Es gibt ein Video von dieser legendären Inszenierung.

Szene: Jacqueline de Bellefort (links) trifft auf dem Schiff auf ihren früheren Verlobten Simon Doyle mit seiner Frau Linnet (ich in der Mitte mit Schirm) – ihre beste Freundin, die ihr den Mann ausgespannt hat. Eifersucht und Rachegelüste liegen in der Luft.
Ich als die verwöhnte Linette (man beachte die Ohrringe und den Goldarmreif), die sich alles nimmt, was sie begehrt. Dafür wird sie später das Mordopfer.
Dorit als gutgekleideter und dinstinguierter HERCULE POIROT.
Das Geburtstagskind Evelyn in ihrer zweiten schillernden Rolle: Salome Otterbourne. Hier liest die exzentrische Autorin (leicht angetrunken) Hercule Poirot aus ihrem erotischen Roman vor – der sich peinlich berührt davon schleichen will.

Für mich gibt es nichts Schöneres, als meine Geschichten mit anderen zu entwickeln und zu teilen und – wie in meiner Kindheit – auch gemeinsam durch das Theaterspielen zum Leben zu erwecken. Das erste kreative Netzwerk waren also meine Schwestern Dorit und Evelyn – meine liebsten und besten Spielgefährtinnen.

In meiner Jugend kamen noch meine kleinen Schwestern dazu, die bereitwillig alle Rollen in unserer Inszenierungen der Weihnachtsgeschichte oder von „Der kleine Prinz“ übernommen haben. Davon erzähle ich euch das nächste Mal mehr.

Kannst du dich noch an die Lieblingsspiele aus deiner Kindheit erinnern?

Wenn du auch schreibst: Welche Rolle nimmt das Spielen für dich auf dem Weg zur Schriftstellerin ein?

Germany’s next Topautorin – Fotoshooting für mein Autorinbild

„Wir brauchen ein Autorenbild von Ihnen für unseren Katalog“, verkündet meine Agentin von Arrowsmith im Dezember. Wie ihr vielleicht schon wisst, bin ich überglücklich, eine neue Agentur gefunden zu haben, die für zwei meiner Romane (Liebe in Frankfurt und Musik im Wien der 1920er Jahre) in diesem Frühjahr 2022 auf Verlagssuche gehen wird. Sie erstellen einen Katalog, wo auf einer Seite die Autorin mit Foto und Vita vorgestellt wird und auf der gegenüberliegenden Seite der Roman mit Pitch und Kurzexposé. Die Texte hierfür habe ich schon geliefert, jetzt fehlt nur noch das Foto.

Warum ist ein Autorinbild wichtig

Jetzt kann man sich fragen, wie wichtig solch ein Autor:infoto wohl für eine Karriere ist. Als Leserin schaue ich beim Buchkauf auf Titel, Cover und Klappentext – wenn mich Inhalt und Optik ansprechen, greife ich zu. Wie die/der Autor:in aussieht, interessiert mich zunächst nicht. Erst, wenn mir ein Buch gefallen hat, schaue ich mir das Foto an und stöbere vielleicht in Social Media, was der/die Autor:in dort so von sich preisgibt.

Aber offenbar ist die Vermarktbarkeit einer (Debüt-) Autorin für Agenturen und Verlage bei der Vertragsanbahnung ein wichtiges (wenn auch sicher nicht entscheidendes) Merkmal – man möchte die Autorin schließlich vorzeigen können bei Lesungen und in Social-Media-Kampagnen. Hierbei kommt es nicht unbedingt auf Schönheit an. Obwohl gutes Aussehen schon immer hilfreich bei der Karriere war, auch im Buchgeschäft, z.B. wird der junge und gutaussehende Benedict Wells auf seinen Lesungen fast nur von weiblicher Leserschaft umschwärmt.

Wichtig scheint mir für das Foto eine sympathische Ausstrahlung zu sein und vielleicht auch etwas Merkenswertes. Auch ist das Autor:inbild meist dem Genre angepasst: Bei Thrillern blicken die Autoren fast immer düster bis diabolisch in die Kamera, ein Lächeln scheint tabu zu sein, erst recht bei „ernster“ Literatur. In der ChickLit (Mädelsliteratur) dürfen die Autorinnen sich auch mal mit blumiger Bluse und einem strahlenden Lächeln zeigen. Meine Agentur schickt mir zudem ein pdf mit einem Dutzend Beispielfotos von Autor:innen in der gewünschten Bildsprache, an die ich mich halten soll. Hier herrscht der „seriöse“ Look vor: Niemand zeigt seine Zähne, kaum Schmuck zu sehen, alle sehr geschäftsmäßig bis bieder (eher Bankberater, als Künstler).

Meine Vorbereitung (Look und Posen)

Mit diesen Gedanken im Hinterkopf bereite ich mich also auf mein Fotoshooting vor. Ich vereinbare einen Termin für ein „Business-Shooting“ in einem Fotostudio meines Vertrauens. Dann stellt sich die Frage des Outfits. Hier weiß ich von den Beispielbildern, dass einfarbige Oberteile gängig sind (wilde Muster lenken vom Gesicht ab). Mein Kleiderschrank gibt nichts Passendes her, also bestelle ich online drei mintgrüne Blusen (grün passt zu meinem Teint und außerdem spielt die Natur in meinen Romanen auch eine Rolle). Zum Glück ist eine Bluse dabei, die mir gut steht.

Meine Wahl fällt auf die mittlere Bluse, weil sie am elegantesten aussieht.

Was brauche ich noch? Einen frischen Haarschnitt. Zwei Tage vor dem Fotoshooting lasse ich mir also meine zotteligen „Ich-lasse-meine-Haare-einfach-wachsen-Homeoffice-Frisur“ in einen modischen Bob zurückschneiden.

Frisch vom Frisör mache ich eine Generalprobe mit Selbstauslöser vor meiner Weißlichtlampe und probiere einige Posen aus (ja, auch die „Denkerin“ mit Kinn in die Hand gestützt, die ich ein wenig klischeehaft finde). Immerhin weiß ich jetzt, was ich vor der Kamera mit meinen Armen anstellen kann und wie ich am besten meinen Kopf halte.

Das Shooting

Am 24. Dezember um 11 Uhr ist es dann soweit: Ich bin für die Weihnachtstage in die Pfalz zu meiner Familie angereist und meine Zwillingsschwester begleitet mich zum Fototermin als moralische Unterstützung und als Trägerin meiner „Requisiten“: Ein Notebook, eine Grünpflanze und meine Jane-Austen-Lieblingtasse, die mich schon in so mancher langen Schreibnacht gewärmt hat.

Die Fotografin und ihre Assistentin erwarten uns schon. Ich erkläre, was ich mir so vorstelle – beim Business-Shooting darf ich zum Schluss fünf Bilder auswählen, hierbei möchte ich eine Bandbreite von Motiven von Porträt, über Bild mit Torso und mit ganzem Set (am Schreibtisch sitzend).

„Oh, Sie haben sogar einen Teebeutel mitgebracht“, staunt die Fotografin über meine detailgenaue Vorbereitung. Später schenkt mir die Assistentin sogar kochendes Wasser ein, so dass der Tee in der Tasse auch richtig dampft.

Aber los geht es mit einem Kaltstart. Ich soll vor einer weißen Leinwand posieren und fühle mich ziemlich verloren in dieser Leere.

„Jetzt stehen Sie mal ganz locker“, lautet die Anweisung und rechts und links von mir blitzen die Lampen auf, was mich erschreckt blinzeln lässt. Ich verkrampfe mich prompt, verschränke meine Arme vor der Brust, werfe suchende Blicke zu meiner Schwester und versuche, mir meine eingeübten Posen in Erinnerung zu rufen. Wie wollte ich nochmal meinen Kopf neigen, damit meine Augen auch symmetrisch in meinem Gesicht stehen???

„Sie versuchen, sich zu kontrollieren. Das wird so nichts mehr“, stellt die Fotografin wenig ermutigend in den Raum.

„Außerdem gucken Sie immer zu Ihrer Schwester für Anweisungen.“

Eingangs hatte ich ihr erzählt, dass mich sonst immer meine Schwester fotografiert – was diese auch super macht, wir sind ein eingespieltes Team, sie kennt meine „Schokladenseite“ und weiß auch, was mir nicht gefällt. Ganz im Gegensatz zur Fotografin. Diese verbannt meine Schwester nun auf die Besuchercouch in der anderen Zimmerecke. Sie will offenbar die alleinige Regie über das Shooting übernehmen und ich soll mich ihr anvertrauen – was mir schwer fällt.

Von der Leiter aus, wo sie erhöht mit ihrer Kamera steht, fordert sie mich auf:

„Wovon handelt denn Ihr Buch? Erzählen Sie mal.“

Ich stottere herum und grinse zwischendurch, ohne Ankündigung blitzen die Lichter auf.

„Hoffentlich ist mal ein Zufallsschuss dabei, wo ich nicht gerade den Mund beim Sprechen seltsam ziehe“, denke ich.

Eigentlich habe ich eine bewährte Methode, die ich von Joey aus FRIENDS gelernt habe: „Look down, look down“, dann auf Kommando (1,2,3) meiner Fotografin spontan aufschauen, so dass der Gesichtsausdruck nicht erstarrt wirkt. Aber leider gibt mir die Fotografin hier kein Signal, wann sie abdrückt. In Gedanken ringe ich mit ihr um Kontrolle, wie ich in Szene gesetzt werden will. Dann auch in Worten:

„Ich will nicht ständig lachen. Ich muss mal ernst blicken, nur mit einem kleinen Schmunzeln auf den Lippen.“

Zwei Mal drückt sie auch ab, aber ich weiß schon, dass ich gequält aussehe. Dann soll ich sitzend mit einem Stuhl posieren. Das sieht blöd aus, merke ich sofort. Immerhin denke ich daran, meine Hände langgestreckt und locker zu halten und keine Kralle zu machen – die gellende Stimme von Heidi Klum aus jahrelangem „Germany’s next Topmodel“ Schauen klingt in meinen Ohren: „Mach schöne Hände und schöne Füße.“

Jetzt traue ich mich doch und äußere meinen Wunsch, mich mal auf eine Stuhllehne zu stützen, mit dem Kinn in die Hand gelegt, so wie ich es zu Hause geübt habe. Immerhin erlaubt sie mir das. Die Assistentin wechselt den Hintergrund zu schwarz und bringt mir einen schwarzen Stuhl mit hoher Lehne. Zwei mal drückt sie ab. Hoffentlich ist hier ein brauchbares Bild dabei.

Dann wechseln wir das Setting. Ich ziehe ein anderes Oberteil an (meine Lieblingsbluse mit Blumen und hoch geschlossenem Kragen). Am Glastisch des Studios richte ich mich ein, die beiden Frauen arrangieren die Pflanzen und Lampen um mich und nun kommt auch die Teetasse zum Einsatz. Hier werde ich endlich lockerer (ein Schluck Tee hilft auch) und in dieser Session taue ich endlich auf, auch die Fotografin ist zufrieden und zeigt mir erstmalig ein Bild auf dem Display.

Nach ca. 20 Minuten ist das Shooting vorbei. Ich bin total erleichtert und mein Unterhemd ist nassgeschwitzt vor Aufregung. Ich komme mir vor, als hätte ich eine Prüfung bestanden und meine Schwester macht mit dem Handy ein paar schöne Bilder „hinter der Ziellinie“ von mir im Set.

Die Auswahl

Im neuen Jahr bekomme ich die Fotoauswahl zugeschickt (22 Stück mit Wasserzeichen, die Fotografin hat schon die offensichtlichen Fehlschüsse aussortiert). Ich bin zunächst enttäuscht, weil wie befürchtet kein einziges gelungenes ernstes Porträt dabei ist, dafür aber einige mit einem „big smile“, was schön ist, aber ich wollte eine Bandbreite.

Hier die Auswahl:

Ich habe mich nun für fünf davon entschieden. Welche das sind, werdet ihr aber erst sehen, wenn ich eine erfreuliche Ankündigung machen kann (Buchvertrag…). Bis dahin sollen die Bilder intern von meiner Agentur verwendet werden.

So, das war nun mein aufregendes Fotoshooting.

Wer von euch hat auch schon Erfahrungen mit einem professionellen Fotoshooting gemacht? Ich bin gespannt auf eure Eindrücke.

Hennis Blog-Adventkalender 2021 – Was wäre, wenn …? Türchen 20

Alle Jahre wieder haben Sabine und Henni zum Blog-Adventskalender eingeladen und ich schreibe gerne mit. Das Thema der Geschichte lautet dieses Jahr: „Was wäre, wenn…“

Was bisher geschah, könnt ihr in diesem pdf nachlesen.

Türchen 19:

„Nein.“, denke ich. „Ich muss überhaupt nichts erklären.“
„Danke.“, sage ich. „Ich nehme lieber einen Apfelpunsch.“
„Okeeee!?!“ Maggie konnte ich schon früher nichts vormachen.
Egal, meine Entscheidung und damit mussten die beiden jetzt leben.
Puh, das fühlte sich auf einmal echt gut an.

Meine Entscheidung!

Nicht mehr nur auf andere Entscheidungen reagieren, sondern endlich mal selbst was in die Hand nehmen. War viel einfacher als ich gedacht hatte.
Da wollte ich gleich weiter machen.
Ich entschied, das ganze ‚was wäre, wenn‘ beiseitezuschieben. Wohin hatte es mich schließlich gebracht? In ein scheinbar unauflösliches Kuddelmuddel von Gefühlen und nicht zu Ende gelebten Geschichten.
Und da war plötzlich ein kleines bisschen Zufriedenheit in mir.
„Wie kommt es, dass ihr mal wieder in der Gegend seid?“, fragte ich und wärmte mir die Finger und die heilende Seele am Apfelpunsch.

Türchen 20:

„Wir ziehen wieder zurück auf’s Land“, sagt Thommie, „nach fast 10 Jahren in New York haben wir die Nase voll vom Großstadtlärm und Gedränge.“

„Wir haben einen alten Bauernhof gekauft“, verkündet Maggie und ihre grünen Augen sind ganz groß. Wie bei einem Reh, das ins Scheinwerferlicht blickt. Die Alarmglocke in meinem Bauch vibriert. Da stimmt etwas nicht. Maggie senkt den Blick und nippt an ihrem Glühwein.

„Papa, ich will nochmal“, klingt plötzlich ein Stimmchen zu uns hoch. Da steht ein Mädchen in einem viel zu warmen Schneeanzug und trampelt aufgeregt in der Pfütze zu unseren Füßen herum, „nochmal, nochmal!!“

Thommie nimmt das Mädchen auf den Arm.

„Das ist unser Allie“, sagt er mit Vaterstolz.

„Schau mal, das ist unsere Freundin. Sie heißt auch Allie.“

Die Kleine wirft mir einen flüchtigen Blick zu.

„Diesmal will ich auf das Motorrad“, ruft sie und zieht Thommie ungeduldig an seinen Ohrläppchen.

„Ich muss dann mal“, sagt er mit einem schiefen Lächeln und geht mit seiner Tochter zum Karussell für eine weitere Runde. Maggie und ich sehen uns an. Früher haben wir uns oft ohne Worte verstanden. Meine Frage liegt in der Luft und Maggie versteht sie.

„Also gut“, seufzt Maggie, „wenn du die Wahrheit wissen willst: Ich hatte einen Burnout. Deshalb habe ich meinen Job in der Bank gekündigt. Ich musste einfach raus aus der Stadt. Raus aus meinem Leben…“

„Du hast doch alles bekommen, was du immer wolltest. Deinen Traummann, deinen Traumjob, ein tolles Kind“, platzt es aus mir heraus. Warum bin ich nur so wütend auf sie? Ich weiß doch selbst, wie es sich anfühlt, wenn alles verkehrt ist. Meine Hand beginnt zu zittern. Was würde ich jetzt für einen Schluck Glühwein geben. Da spüre ich die kalten Fingerspitzen von Maggie auf meinem Handrücken…

Wie es morgen weiter geht, erfahrt ihr bei Sonja.

Hennis Blog-Adventkalender 2021 – Was wäre, wenn …? Türchen 6

Alle Jahre wieder haben Sabine und Henni zum Blog-Adventskalender eingeladen und ich schreibe gerne mit. Das Thema der Geschichte lautet dieses Jahr: „Was wäre, wenn…“

Was bisher geschah (in kursiv):

Sie saß am Schreibtisch im Licht der ersten Kerze vom Adventkranz und las ihre gerade geschriebenen Zeilen noch einmal durch. 

Was wäre, wenn wir über etwas schreiben, was wir nie vergessen haben?“ 

Ein Foto.

Ich auf einem Stuhl im Kindergarten mit einem Buch auf dem Schoß.
Welt im Kopf.
Ich konnte noch gar nicht lesen. 

Ein Foto.
Ich mit Schwimmflügeln im Planschbecken.
Welt im Wasser.
Ich konnte noch gar nicht schwimmen. 

Ein Leben.
Ich mit Stift in der Hand.
Welt in Welt.
Ich kann gar nicht mehr anders. 

Die Ankunft einer neuen Nachricht auf ihrem Smartphone lenkte sie kurz ab. 

Kommst du morgen auch zu unserem Abitreffen? Dreißig Jahre ist es her…“ Ich erschrak. Dreißig Jahre? Ist das wirklich wahr? Wie lange hatte ich nichts mehr von Babette gehört und jetzt auf einmal schrieb sie mir. Woher hatte sie überhaupt meine Nummer?

Bilder tauchten in mir auf: Vom Abiball, bei dem sich meine Haare in Dietmars Sakko- Knopfleiste verfingen und er mich fast skalpierte. Von meiner Deutschlehrerin Frau Zimbella, die meine Leidenschaft für Bücher teilte und die ich wie eine Göttin verehrte. Von Peter, dem Pickel-Peter, neben den sich keiner setzen wollte und der mir immer so leid tat und…

Und dann bohrte sie sich wieder in mein Herz, diese eine Frage, die ich mir schon so lange nicht mehr gestellt hatte. Aus Angst vor der Antwort. Aus Angst vor den Träumen, die mich danach heimsuchten. Aus Angst vor der Begegnung mit dem Damals. Als meine Welt eine Welt in der Welt war. 

Und doch kann ich ihr nicht entkommen. Dieser einen Frage: Was wäre denn geschehen, wenn ich in der einen Nacht nicht aus Thommis Auto gesprungen und in die Dunkelheit gerannt wäre?

Dunkelheit. Auch heute. Der Nachbar von gegenüber schaltet gerade seine Balkonbeleuchtung ein. Adventlich. Klaro. Für die nächsten Wochen wird sein Rentierschlitten ständig durch mein Blickfeld sausen, bunt blinken und doch keinen Zentimeter von der Stelle kommen.

Stillstand. Wie in der mehr als dreißig Jahre alten Frage „Was wäre, wenn …?“ Ich versuche gar nicht erst, mir etwas vorzumachen. Die Frage ist nur eine Ablenkung von der eigentlichen: „Was wäre nicht geschehen, was hätte vermieden, verhindert werden können?“

Natürlich ist das eine Aufforderung zum Tanz, die das Schicksal spöttisch verweigert. Meine Erinnerungen schauen sehnsüchtig zum Rentierschlitten, vergeblich, der wird sich nicht bewegen. Der Wahrheit lässt sich eben nicht mal auf Kufen entkommen. Thommie ist tatsächlich …

Thommie ist tatsächlich danach spurlos verschwunden. Ob er in seine brasilianische Heimat zurückgekehrt ist? Wenn es denn überhaupt stimmte, dass er aus Brasilien stammte. Er hatte sich da eigentlich immer sehr vage ausgedrückt, aber so, dass alle damals dachten, er sei der Sunnyboy von der Copacabana. Sie hatte ihn mit seiner Band das erste Mal auf der Bühne des Jugendklubs gesehen und sich sofort in ihn verliebt. Er war nach seinem Auftritt in der Stadt hängen geblieben und hatte sich als Kellner im Gasthof ‚Zur Post‘ durchgeschlagen. Er hatte ihr von seiner Heimat Brasilien erzählt, dem Urwald, dem endlos langen weißen Strand und dem Wellenreiten. Zunächst hatten sie sich auf Englisch unterhalten, dann hatte er immer besser gelernt, sich auch auf Deutsch auszudrücken. Sie hatte nicht nur ihn, sondern auch seinen Akzent geliebt.

Sie schaute in den langsam einsetzenden Schneefall auf das blinkende Rentierdesaster gegenüber. Was wäre, wenn Weihnachten im Sommer stattfinden würde, ging es ihr durch den Sinn. Ob jetzt in Rio auch diese Weihnachtsungeheuer über die Balkone hetzen, ohne von der Stelle zu kommen? Ob die Weihnachtsplätzen auch bei 30 Grad und mehr schmecken würden? Aus Schokolade sollten die dann aber lieber nicht sein. Ihre Lieblingsplätzchen mit den Whiskey-Kirschen wären dabei sicher witterungsbeständiger. Tief aufseufzend machte sie sich auf den Weg in die Küche…

… und riss die Schranktüren auf. Bald standen die meisten Zutaten für die süße Sünde vor ihrer Nase. Sie krempelte die Ärmel hoch und lächelte. „Seufzen verboten“, schalt sie sich und machte sich an die Arbeit, die ihr eigentlich ein Vergnügen war!  

Als sie das Ei aus dem Kühlschrank nahm, fiel ihr Blick auf den vergilbten Bierdeckel, der zwischen bunten Urlaubskarten unter einem Magneten pappte.  

Thommi. Drei Striche für Bier und 2,60 für Schlammbowle. Die mit Wodka, Kirschen und Vanilleeis. Das war ihr letzter richtiger gemeinsamer Abend gewesen, bevor sich ihre Wege Hals über Kopf getrennt hatten.

Ein komisches Gefühl kroch ihr den Rücken hoch. Sie schüttelte sich.  

Ihr Smartphone vibrierte erneut. Sie wischte notdürftig den Teig von den Fingern und öffnete die Nachricht. Wieder war es Babette.

Türchen 6:

„Ich hoffe, du kneifst nicht. Fast alle haben zugesagt, sogar unsere Lieblingsdeutschlehrerin Frau Zimbella“, lautet ihre Nachricht. Mit zittrigen Fingern tippe ich eine Frage ins Smartphone:

„Hat Maggie auch zugesagt?“

Ich halte den Atem an, bis die Antwort von Babette kommt.

„Ja.“

Maggie kommt also wirklich zum Abitreffen. Maggie, die ich seit jener fatalen Nacht in Thommis Auto vor 30 Jahren nie mehr wiedergesehen habe. Maggie, mit der ich im Sandkasten Kuchen gebacken habe. Maggie, mit der ich in der Schule mein Pausenbrot getauscht habe: Schwarzbrot mit Gouda gegen Weißbrot mit Nutella. Maggie, die an Karneval immer Prinzessin war und ich ihr Hofnarr im zu großen Kostüm von meinem Bruder. Maggie, die mir gezeigt hat, wie man raucht und wie man sich seinen BH ausstopft. Maggie mit ihren blonden Locken und den grau-grünen Augen, in denen immer Abenteuerlust funkelte. Natürlich war sie es, die als einziges Mädchen aus unserer Klasse einen Maibaum bekommen hatte. Zwar von Pickel-Peter, aber egal. Ich war nie eifersüchtig auf Maggie gewesen, wir gehörten zusammen wie Pech und Schwefel, wie Topf und Deckel, wie Fönfrisur und blauer Lidstrich.

Bis Thommi in unser Leben trat. Das Gasthaus „Zur Post“ war zum Treffpunkt aller Mädchen aus unserem Dorf geworden, seit Thommi dort kellnerte und Samstagsabends mit seiner Zwei-Mann-Band dort auftrat. Dann verwandelte sich dieser triste Keller in eine Insel der Glückseligkeit. Wenn Thommi mit seiner rauchigen Stimme sang und dazu mit seinen grazilen Fingern an den Saiten seiner Gitarre zupfte wie ein Liebhaber, träumte sich jedes Mädchen in seine Arme. Er hatte für jede seiner Bewunderinnen diesen speziellen Blick, den er unter seinen langen Wimpern warf. Auch mir sendete er diese magischen Blicke zu. Doch für Maggie hatte er einen besonderen Blick reserviert…

Morgen geht es weiter bei Christina

Eine literarische Agentur finden – der erste Schritt zur Veröffentlichung in einem Publikumsverlag

Ist nun endlich der Moment gekommen, an dem du dein Manuskript in die Welt hinaus schicken kannst – dein „Baby“, an dem du Monate, ja Jahre lang gebrütet, geschrieben und gefeilt hast?

Dann musst du zunächst eine grundsätzliche Frage für dich klären: In welchem Verlag soll dein Roman erscheinen? Hier sollten Wunsch und Wirklichkeit nicht zu weit auseinander klaffen. Eine realistische Einschätzung ist für diese wichtige Weichenstellung nötig.

Die erste Weichenstellung: In welchen Verlag passt dein Manuskript

Handelt es sich bei deinem Roman um Unterhaltungsliteratur (Belletristik)? In welchem Genre ist es anzusiedeln? Eine Übersicht der gängigen Genres findest du hier.

Die großen Publikumsverlage bedienen meist die gängigen Genres wie Krimi, Thriller, Science-Fiction, Historischer Roman und Liebesroman, manchmal auch Fantasy.

Diese „Big Player“ sind PENGUIN RANDOM HOUSE VERLAGSGRUPPE (dazu gehören u.a.: GOLDMANN, HEYNE, BLANVALET, DIANA), HARPERCOLLINS, ULLSTEIN, DROEMER, FISCHER, ROWOHLT, AUFBAU, PIPER, LÜBBE, PENGUIN, DTV. Diese Verlage haben meist noch diverse Imprints, d.h. Unterverlage mit eigenem Namen und oft spezifischer Zielgruppe (z.B. „Eichborn“ gehört zu Lübbe und steht für eher Anspruchsvolles).

Fantasy-Romane findet man z.B. auch bei RAVENSBURGER (Fantasy und Science-Fiction, Jugendbücher) und CARLSEN (Kinder- und Jugendbuch). Eine gute Verlags-Übersicht findest du hier.

Am besten du schaust mal bei deinen Lieblingsromanen und literarischen Vorbildern nach, in welchen Verlagen diese Bücher erscheinen. Wenn dein Manuskript vom Inhalt und Stil vergleichbar ist, dann könnten diese Verlage die richtige Adresse für dich sein.

Oder handelt es sich bei deiner Geschichte um ein (literarisches) Werk, das in keine Schublade passt und eher eine Nische braucht? Also „Arthouse“ anstelle von „Blockbuster“? Kaviar statt Popcorn?

Dann sind wahrscheinlich kleine Independent-Verlage die Richtigen für dich. Wie du dein Manuskript bei einem Indi-Verlag am besten vorstellst, erfährst du in meinem nächsten Blogbeitrag.

Wenn du zum Ergebnis kommst, dass dein Roman ein „Blockbuster“ ist und am besten in einen der großen Publikumsverlage passt, dann führt der einzige realistische Weg dorthin über eine literarische Agentur.

Ohne eine Agentur landet dein Werk in den Stapeln unverlangt eingesandter Manuskripte, die sich bei den großen Verlagen türmen und die von Praktikanten im Eiltempo abgearbeitet werden, wenn überhaupt.

Die Agenturen jedoch sind die Türsteherinnen ins gelobte Bücherland, sie kennen die magische Kombination (bestehend aus Insiderwissen, Connections und cleverer Verkaufsstrategie), die die Tresortür des Verlags öffnen kann.

Wenn dein Romanprojekt (in Form von Exposé und Leseprobe) von einer Agentur beim Verlagslektorat vorgestellt und angepriesen wird, steigen die Chancen, dass es gelesen und in Betracht gezogen wird. Eine Garantie gibt es natürlich nicht, aber du hast auch nichts zu verlieren, denn eine seriösen Agentur geht für dich in Vorleistung und die Provision fällt nur dann an, wenn ein Verlagsvertrag zustande kommt.

Einen Agenturvertrag zu bekommen ist also die erste Hürde, die allerdings auch schon ziemlich hoch liegt. Auch hier musst du dich gegenüber von hunderten anderen Einsendungen durchsetzen. Nicht nur die Qualität deines Textes muss überzeugen, sondern auch die professionelle Präsentation (hierzu später mehr).

Welche Agentur passt zu dir?

Der erste Schritt ist, die Agenturen auszuwählen, die zu deinem Manuskript und dir als Autor:in passen. Hier findest du eine Liste aller Agenturen in Deutschland. Alternativ kannst du dir auch auf dieser Seite von Petra Schier einen Überblick verschaffen.

Diese große Auswahl ist zugleich tröstlich wie erschlagend. Welche Agentur sollst du am besten zuerst anschreiben? Die in deiner Nähe? Vielleicht auf Empfehlung von anderen Autor:innen?

Auch bei den Agenturen gibt es große Unterschiede: Es gibt solche mit langer Tradition & Einfluss, die nur Preisträger:innen aufnehmen (z.B. Graf & Graf in Berlin), als Debütautor:in kannst du dir das gleich sparen, du hast dort keine Chance.

Groß und geschäftstüchtig sind auch Agenturen, die mehr als einen Sitz haben, z.B. die Agentur Thomas Schlück (Hannover und München). Der Nachteil solcher Agenturen ist, dass du als Autor:in dort evtl. nicht so individuell betreut wirst, wie bei einer kleinen Agentur, und dass deren Fokus ausschließlich auf den „Big Playern“ liegt und sie nicht für dich bei den kleinen Verlagen anklopfen gehen (weil dort der Vorschuss und somit auch die Provision zu gering für sie ist).

Dann gibt es die ganz kleinen „Dynamischen“, die angeblich auch Neulingen eine Chance geben, dafür ist ihre Provision höher (20 %; obwohl auch die „Großen“, die früher 15 % genommen haben, wegen Corona-Flaute auf diesen Prozentsatz aufgestockt haben) und ihre Vermittlungsquote (vermutlich) geringer.

Jede Agentur hat jedoch eine bestimmte Ausrichtung und auch bestimmte Verlage (Lektor:innen), mit denen sie besonders gut zusammenarbeiten. Das erfährst du, wenn du dich durch die jeweilige Homepage klickst und dir anschaust, welche Sorte Romane sie an welche Verlage vermittelt haben. Das ist Fleißarbeit, aber sehr erhellend.

Ich rate dir an dieser Stelle, eine Tabelle anzulegen, in der du jede Agentur einträgst, die du dir angesehen hast und dir Notizen machst: Welche Romane ähneln dem deinen, an welche Verlage vermitteln sie, wie groß ist die Agentur und wie zusammengesetzt – oft stellen sie sich mit ihrem Team vor. Wenn du z.B. einen Frauenroman geschrieben hast, ist natürlich eine Agentur mit vielen Frauen im Team (und in der Leitung) zu bevorzugen, anstelle von einem reinen Herrenclub.

Du kannst aber auch sprichwörtlich „Das Pferd von hinten aufzäumen“ und von deinem Wunschverlag die Spur rückwärts verfolgen über eine Autorin zur Agentur.

Wenn du zum Beispiel Young-Adult-Fantasy schreibst und im Fischer Verlag landen willst, dann stößt du dort auf die Silber-Trilogie von Kirsten Gier und findest auf deren Homepage ihre Agentur: Die Buchagenten Petra Hermanns und Christiane Düring in Frankfurt.

Nun hast du einige passende Agenturen gefunden. Ich empfehle nun, deine drei Favoriten auszuwählen und diese anzuschreiben. Wenn eine Agentur Interesse hat, meldet sie sich in der Regel innerhalb von 2-4 Wochen bei dir (manchmal dauert die Prüfung auch länger) und fordert das Gesamtmanuskript an. Damit sich deine Suche nicht über Jahre hinzieht, solltest du dir viele Chancen schaffen, z.B. jeden Monat drei „Bewerbungen“ verschicken.

Was erwartet die anzuschreibende Agentur von dir

Schau dir die Homepage der Agentur genau an und finde die Angaben zur Manuskripteinsendung: Meist gibt es einen eigenen Reiter oder du findest Angaben unter „Kontakt“. Hier steht, welche Unterlagen du an welche Stelle senden sollst: Meist per E-Mail, manchmal gibt es ein Online-Formular, manchmal in Papierform (lose Seiten) per Post.

Immer gefordert werden ein Exposé (1-3 Seiten), eine Leseprobe (20-50 Seiten) – halte die jeweiligen Seitenvorgaben möglichst genau ein – und eine Autorenvita mit Verzeichnis von Veröffentlichungen.

Bei digitaler Zusendung wird meist das pdf-Format bevorzugt, aber Word oder Open Office gehen auch.

Sende niemals das gesamte Manuskript unverlangt zu.

Wie du dein Romanprojekt am besten bei einer Agentur vorstellst

Hier gelten im Prinzip dieselben formalen Regeln, wie auch bei einer Jobbewerbung: Du brauchst als Erstes ein kurzes und knackiges Anschreiben (1 Seite) mit den wichtigsten Information. Das Anschreiben vermittelt den ersten Eindruck und kann schon das k.o. bedeuten, wenn dieses nicht gut ist.

In formaler Hinsicht ist es ein Geschäftsbrief: Briefkopf mit deiner Adresse, vollständige Anschrift des Empfängers, Ort und Datum. Der Betreff sollte lauten: „Manuskriptangebot: Titel und Genre“

Bei der Anrede ist es besser, du sprichst eine konkrete Person an, als das pauschale „Sehr geehrte Damen und Herren“ zu verwenden. Wenn auf der Homepage der Agentur eine bestimmte Ansprechperson genannt ist, dann schreibe diese namentlich an, sonst den/die Inhaber:in der Agentur.

Erster Absatz: Warum wendest du dich an gerade diese Agentur

„Ich bin auf Ihre Agentur aufmerksam geworden, weil Sie Autorinnen wie XY („Z“ aktuellen Roman nennen) vertreten und sich mein (Genre-) Roman mit (Attribut einfügen: was verbindet meinen Roman mit dem zuvor genannten) gut / bestens dort einreihen könnte.“

Ein Einleitungssatz wie “hiermit möchte ich Ihnen mein Romanprojekt vorstellen” ist eine bloße Floskel und somit verzichtbar. Der Betreff drückt das schon aus.

Zweiter Absatz: Was hast du anzubieten

Stelle dein Romanprojekt vor: Kurzpitch (1-2 Sätze).

Marktvergleich: Mein Roman ist so ähnlich wie… (d.h. passt in den Trend)

USP (unique selling point) / Alleinstellungsmerkmal: aber besonders, weil… (hebt sich von der Masse ab)

Dritter Absatz: Wer bist du

Stelle dich selbst vor: Welche Stipendien (z.B. Stadtschreiber:in) und Preise hast du schon gewonnen. Hast du schon Texte veröffentlicht (hier aber kein Selfpublishing nennen). Wenn du nichts Hochkarätiges vorzuweisen hast, dann lasse diesen Absatz weg. Deine kleinen Schritte Richtung Autor:innenberuf kannst du in deiner Vita darstellen.

Letzter Absatz: „jungfräulicher“ Status und unaufdringlicher Ausklang

„Ich habe das Manuskript gerade fertig gestellt und noch keinem Verlag angeboten. Bei Interesse sende ich Ihnen gerne das vollständige Manuskript zu. Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung.“

Agenturen wollen „frische“ Manuskripte. Wenn du damit schon bei zig Verlagen hausieren gegangen und abgelehnt worden bist, dann ist es aus Sicht einer Agentur „verbrannt“.

Also von der Reihenfolge her: Immer zuerst auf Agentursuche gehen, wenn diese keinen Erfolg hat, dann selbst auf Verlagssuche gehen (wobei hierbei die kleinen Verlage chancenreicher sind).

Nach diesen DO’s hier einige DON’Ts:

Schreibe keinesfalls Dinge wie:

„Sie können sich glücklich schätzen, als Erster meinen Roman lesen zu dürfen.“

„Meine Testleser / meine Deutschlehrerin waren hellauf begeistert von meinem Roman.“

Auch Selbstbeweihräucherung (wie in Jobbewerbungen üblich) sind hier fehl am Platz:

„Der Text überzeugt durch seinen virtuosen Schreibstil.“

„Ein Roman in Stil von XY (berühmte/n Autor:in nennen).“

Einzig das lobende Adverb „gründlich recherchiert“ ist m.E. okay, z.B. bei einem historischen Roman, dieses jedoch auch belegt durch Quellenangaben im Anhang der Leseprobe.

Verwende keine Emojis und auch Humoriges ist ein zweischneidiges Schwert (im Zweifel wird deine Ironie nicht verstanden).

Was auch nicht gut ankommt: Ein selbst designetes (oder professionelles) Buchcover mitzuliefern. Die Vermarktung soll dem Verlag überlassen werden.

Die perfekte Autorenvita

Hier hast du Gelegenheit, dich ins rechte Licht zu rücken. Zeige, dass du ein/e Wunschautor:in bist: Fachlich kompetent, eine faszinierende Persönlichkeit und medienwirksam.

In formaler Hinsicht: Die Vita ist in der dritten Person abzufassen (nicht in der Ich-Form).

Inhaltlich: Führe die wichtigsten Stationen deines beruflichen und persönlichen Werdegangs auf. Stelle hierbei einen Zusammenhang zwischen dir und deinem Roman her: Was macht dich zur Expertin auf diesem Gebiet? Entweder durch deinen Beruf oder dein Hobby. Wenn dein Roman in einem bestimmten beruflichen Milieu angesiedelt ist, kommt es gut an, wenn du selbst dort Einblicke hast.

Wo spielt dein Roman? Ist der Schauplatz deine Heimatregion oder hast du diese (exotische) Region schon oft bereist?

Stelle Parallelen zwischen dir und deinen Figuren her. Ist deine Heldin eine Köchin, dann erwähne deine eigene Kochleidenschaft. Spielt z.B. Musik eine Rolle in deiner Geschichte, dann klingt es gut, wenn du selbst ein Instrument spielst oder in einem Chor singst. Natürlich sollst du nichts frei erfinden.

Obwohl es auf dem Buchmarkt gängige Praxis ist, dass Verlage sich die perfekte verkaufsfördernde Autorenfigur mit Pseudonym, Stockfoto und fiktiver Vita komplett neu erschaffen (wie du hier nachlesen kannst). Soweit solltest du bei der Agentursuche jedoch nicht gehen. Aber zeige die Facetten von dir, die zu deinem Roman passen.

Was auch gut ankommt und genannt werden sollte, sofern es zutrifft: Du bist Teil einer Schreibgruppe oder einer Lesebühne, du hast dir als Poetry Slammer:in einen Namen gemacht, du bist auf Social Media aktiv und hast viele Follower.

Schau dir als Vorbild die Vitas auf den Webseiten der Verlage oder auf der Umschlagseite der Bücher in deinem Regal an. Manche klingen (für meinen Geschmack) sehr langweilig (ob eine Autorin drei Katzen hat oder am liebsten mit ihrem Hund spazieren geht, interessiert mich ehrlich gesagt nicht).

Hier einige gelungene Beispiele: Marc-Uwe Kling (ein „Buchstabendurcheinanderbringer“, sein Humor tritt zutage), Doris Cramer (Expertise zum Schauplatz Marokko), Heinrich Steinfest („Nesthocker und preisgekrönter Autor“, interessante Widersprüchlichkeit), Jeanette Limbeck (Debütroman: Expertise zum Schauplatz Russland, in der längeren Fassung der Vita eine originelle Anekdote, die zum Abenteuergeist der Heldinnen des Romans passt: „… zu Fuß den Fluss Amudarja überquert“).

Wenn du ein Foto beifügst, dann nur eines aus dem Fotostudio (z.B. Bewerbungsbild), kein Selfie oder Urlaubsschnappschuss.

Weitere Tipps zur professionellen Autorenvita findest du auch hier.

Ein überzeugendes Exposé und Leseprobe sind natürlich auch essentiell. Hierauf werde ich in einem nächsten Blogbeitrag noch näher eingehen.

Beharrlichkeit, Geduld und Glück

Ich wünsche dir viel Erfolg bei deiner Suche nach der für dich und dein Manuskript passenden Agentur. Lass dich nicht von Absagen entmutigen. Auf dem langen Weg bis zur Veröffentlichung deines Romans brauchst du viel Beharrlichkeit, Geduld und Selbstvertrauen – und eine Portion Glück!

Ich bin diesen Weg auch gegangen und habe nach monatelanger Suche eine tolle Agentur gefunden. Die Empfehlungen in diesem Beitrag gründen sich auf meine eigenen Erfahrungen, auf den kollegialen Austausch mit anderen Autor:innen und auf Recherche zum Thema (Ratgeber u.a.).

Ich hoffe, dieser Beitrag ist hilfreich für dich. Weitere Beiträge rund um das Autor:innenleben und den Buchmarkt findest du auf dieser Übersichtsseite.

Wenn du mehr über die Arbeit einer Literaturagentur erfahren möchtest, kann ich dir diese Interviews empfehlen, die interessante Einblicke geben:

Interview mit 7 etablierten Agent:innen : Uwe Neumahr (AVA), Natalja Schmidt, Andreas Brunner, Lianne Kolf, Michael Gaeb, Bastian Schlück, Holger Kuntze (Agentur Meller)

Interview mit Agentin Elisabeth Botros von der Agentur Gaeb & Eggers (Berlin) vom 27.02.2022

Die Literarische Agentur Michael Gaeb und Petra Eggers bietet Autor*innen Unterstützung von der ersten Projektidee, über Lektorate, Verlagsvertragsverhandlung bis hin zu Auslands- und Filmrechten an. In der Agentur sind Sie für die Bereiche Literatur, Unterhaltung und Sachbuch zuständig.

Klaus und Michaela Gröner im Interview von Annika Bühnemann 2016

Blaulichtpirat

Wieder hat meine Schreibfreundin Mo eine tolle Collage aus Worten und Bildern erstellt, die mich zu folgendem Gedicht inspiriert hat:

Blaulichtpirat

Wie es wohl wäre

unter Wasser zu leben

an tintenschwarzen Tagen

für einen Lichtschimmer

als Blaulichtpirat

 

Wie es wohl wäre

dem Strudel zu folgen

mit tosendem Ahoi

um Meer zu sein

als Blaulichtpirat

 

Wie es wohl wäre

die Luft anzuhalten

lange genug um Sterne zu sehen

im Dunkel der Ohnmacht

als Blaulichtpirat

 

Welche Assoziationen löst das geheimnisvolle Wort “Blaulichtpirat” bei dir aus? Wenn du auch ein Gedicht beisteuern möchtest, nur zu: Schreibe deinen Text in den Kommentar und ich füge ihn gerne hier ein.

Hier eine wundervoll leuchtende lyrische Antwort von Mo:

Blaulichtpirat – Versuch einer Antwort

An immerschwarzen Tintentagen
trag ich gelassen
meinen eigenen Schimmer Licht vor mir her
bin Blaulichtpirat
erleuchte das Meer

Im Strudel des Lebens
halt ich mich fest
an meinem eigenen Stern
er leuchtet für mich
bin Blaulichtpirat
& teile mein Licht

Die Ohnmacht im Dunkel
kenne ich gut
manchmal nimmt sie mir den Atem
aber niemals den Mut
er ist die Glut
in meiner Laterne
bin Blaulichtpirat
ein Leuchtfeuer im Meer der Sterne

„Kawumm“ – leise bis laute Lyrik

Meine Schreibfreundin Mo hat eine wunderbare Collage erstellt, die mich zu diesem Gedicht inspiriert hat – gut genießbar als Medizin gegen Melancholie. Danke Mo für die Wörter und Bilder!

Ich wünsche euch einen farbenprächtigen November.

 

Anschnallen

BITTE

zwischen den Zeilen

brennt ein Leuchtfeuer

im Raktenstart der Farben

die sternklare Nächte

blass erscheinen lassen

zwischen einatmen

und ausatmen

macht es

wundersam wild

KAWUMM

bist du schon geheilt?