Jonas Kaufmann verführt und lässt sich verführen – umjubelte Puccini-Gala in Bremen

Die Glocke – Das Bremer Konzerthaus, 6. November 2024

Die Klassikwelt feiert 2024 den Meister der vertonten Leidenschaft: Giacomo Puccini, der in diesem Jahr vor 100 Jahren starb. Kein Wunder also, dass Startenor Jonas Kaufmann zum Jubiläum eine musikalische Hommage an den genialen Komponisten in Form eines Duett-Albums herausgebracht hat. In „Puccini: Love Affairs“ besingt der Tenor zusammen mit sechs namhaften Sopranistinnen alle Höhen und Tiefen der Beziehung zwischen Mann und Frau. In seiner Herbsttournee „Viva Puccini!“ mit 10 Stationen im deutschsprachigen Raum und in Paris darf man sich auch live vom Gefühlsrausch umfangen lassen.

Startenor Jonas Kaufmann. Foto © Gregor Hohenberg / Sony Music

Am heutigen Abend gastiert der weltberühmte Tenor zusammen mit der italienischen Sopranistin Valeria Sepe im Bremer Konzerthaus „Die Glocke“, es ist die 9. Station auf der Puccini-Tournee, die ein wahrer Triumph ist, in allen Städten sind die Säle ausverkauft, so auch hier.

Jonas Kaufmann beginnt den Abend mit Auszügen aus „Tosca“. Die Rolle des idealistischen Malers Mario Cavaradossi, der mit seiner Geliebten Tosca, einer eifersüchtigen Gesangsdiva, in die Fänge des sadistischen Polzeichefs Scarpia gerät, gehört zu den absoluten Lieblingsrollen des Tenorissimo, die er in seiner langen Karriere mit Abstand am häufigsten verkörpert hat. In der Auftrittsarie „Recondita armonia“ lässt Kaufmann seine goldene Stimme warm strömen und zeigt, dass er die italienische Legato-Kultur bestens beherrscht. Wie ein Maler mit seiner Palette bringt er verschiedene Stimmfarben zum Einsatz. Auch die Höhen sind kraftvoll, wobei Kaufmann diese sogar sanft an- und abschwellen lassen kann – ein stimmtechnisches Meisterstück, das nicht viele Tenöre beherrschen.

Jonas Kaufmann und Valeria Sepe interpretieren ein Duett aus „Tosca“. Foto von Patric Leo.

Im nachfolgenden Liebesduett zwischen Mario und Tosca bietet Puccini eine große emotionale Bandbreite aus Koketterie, Verführung und Eifersucht, die der Spielfreude der Interpreten viel Raum lässt. Zwischen Tenor und Sopran spürt man in der Interaktion große kollegiale Vertrautheit, die im Laufe der Tournee gewachsen ist. Durch ihr intensives Zusammenspiel mit ausdrucksstarker Mimik und Gestik wird die Szene lebendig und man kann ganz eintauchen in die Situation. Valeria Sepe gibt eine temperamentvolle Tosca, eine Diva, die ihren Mario spielend um den kleinen Finger wickelt.

Die Sopranistin hat eine kraftvolle Stimme, die mir stellenweise ein bisschen scharf ins Ohr dringt. Vergleichsweise klingt Maria Agresta (die ich auf dieser Tournee in Frankfurt gehört habe, sie hat Kaufmann bei 4 Terminen begleitet) weicher und lieblicher. Sepe versteht es bestens, ihre weiblichen Reize in ihrer Rollendarstellung auszuspielen. In ihrem lachsfarbenen Kleid sieht die junge Italienerin bildschön aus. Auch der 55-jährige Kaufmann gibt in festlichem Frack und mit seinen graumelierten Locken ebenfalls eine attraktive Erscheinung ab.

Die berühmte Arie „Vissi d’arte“ interpretiert Valeria Sepe mit einem feurigen Aufbegehren gegen die Ungerechtigkeit Gottes und ihres Schicksals. Mir persönlich fehlt in diesem Gebet ein bisschen die Innerlichkeit.

Foto von Patric Leo

Im Vorspiel vom 3. Akt von Tosca erweist sich die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter der Leitung von Jochen Rieder als niveauvoller Klangkörper. Dirigent Rieder begleitet Kaufmann seit vielen Jahren auf seinen Tourneen und die beiden sind ein eingespieltes Team. Im Instrumentalen zeigt sich die besondere atmosphärische Kraft von Puccinis Komposition: Durch das Glockengeläut fühlt man sich auf das Dach der Engelsburg in Rom versetzt, sieht die Sonne aufgehen und die melancholischen Klänge von Cello und Klarinette künden vom nahenden Tod für Mario und Tosca.

Ein erstes inniges Highlight gelingt dem Tenor in seiner intensiven Interpretation der Arie, „E lucevan le stelle“, in der Cavaradossi in sehnsuchtsvoller Erinnerung schwelgend Abschied vom Leben nehmen muss. Das Publikum belohnt Kaufmann mit einem begeisterten Applaus.

Foto von Patric Leo

Als nächstes taucht man ein in die Welt des Poeten Rodolfo und der Näherin Mimì aus „La Bohème“, bei deren Kennenlernen aus einem Kerzenlicht bald ein Feuer der Leidenschaft entbrennt. Hier trumpft Kaufmann im Schlusston des Liebesduetts „O soave fanciulla“ mit einem Spitzenton am Ende aus dem Off auf, bei dem man staunt, dass der Tenor sich trotz des fordernden Programms nicht zu schonen scheint.

Nach der Pause blühen und glühen beide Sänger voll auf im leidenschaftlichen Duett der Hochzeitsnacht aus „Madama Butterfly“. Die Sopranistin trägt nun ein schwarzes Kleid und hat sich die breiten Bänder ihrer rückseitigen Schleife über die Arme und Hände gehängt, die sie wie eine Geisha in einem traditionellen Kimono hält. Sie schlüpft auch gesanglich ganz in die Haut der unschuldigen Cio-Cio-San, die mit zarten Tönen in ihrem frisch vermählten Ehemann Pinkerton heißes Begehren auflodern lässt. Wenn sie die Stoffbänder schüchtern von ihren Armen streift und damit ein Entkleiden der Braut andeutet, reagiert ihr Tenor-Partner mimisch und vokal mit drängender Leidenschaft („vieni…vieni“). Das Duett schaukelt sich ekstatisch hoch bis zum Höhepunkt, in dem Puccini die Liebe als geradezu orgastisches Feuerwerk in Musik verwandelt hat. Die wunderbaren Stimmen von Kaufmann und Sepe erstrahlen mit voller Leuchtkraft und auch das Bremer Publikum ist von der Hitze der Gefühle entflammt und applaudiert begeistert.

Einen weiteren furiosen Höhepunkt bieten Tenor und Sopran im Duett „Tu, tu, amore? Tu?“ aus „Manon Lescaut“, in dem die Stimmung aufgeladen ist von Begehren und zorniger Eifersucht. Dieses Duett ist eine gesangliche Tour-de-Force, bei der Kaufmanns Stimme ein klein wenig ermüdet klingt, wenn er hier ständig „Vollgas“ geben muss.

In der ersten Zugabe lässt der Tenor in „Ch’ella mi creda“ (aus „La fanciulla del West“) seine Stimme wieder im weichen Nougatschmelz erklingen, der zu einem sanften Verführer passt, und schafft am Ende helle Glanzpunkte, bei denen er wieder ganz frisch klingt.

Herzerweichend und lyrisch zart singt Valeria Sepe das liebevolle Flehen von Liù „Signore, ascolta“ (aus „Turandot“), was von Kaufmann als Calaf eine ebenso zartfühlende Antwort im tröstlichen „Non piangere, Liù“ erfährt. Sodann begeistert Sepe mit einer schönen Interpretation von „O mio babbino caro“ (aus „Gianni Schicchi“).

Nach anhaltendem Jubel mit Standing Ovations, Bravo-Rufen und Fußgetrappel beschenkt der Tenor das Publikum mit der Parade-Arie „Nessun dorma“ (aus „Turandot“), ohne die eine Puccini-Gala nicht komplett wäre. Auch wenn der finale hohe Ton („Vincerò!“) zu Beginn nicht ganz anspringt und Kaufmann ein bisschen nachdrücken muss, um den Ton in kraftvolle Höhen zu bringen, verfehlt er nicht seine Wirkung – frenetischer Jubel brandet auf!

Foto von Patric Leo

Das Bremer Publikum ist derartig begeistert, dass sich Kaufmann sogar zu einer 6. Zugabe überreden lässt (was auf dieser Tournee nur ganz selten vorkam). Wenn er gelöst in den Zuschauerraum strahlt und mit einem spielerischen Gestus die weiße Fliege seines Fracks aufbindet, dann springt dieser besondere Kaufmann-Charme über, der seit Jahren die Herzen seiner weiblichen Fans höherschlagen lässt. „Non di scordar di me“ (von De Curtis) ist der zartschmelzende musikalische Abschiedsgruß des Tenorissimo, der alle Wünsche erfüllt, die man an einen Künstler haben kann.

Ja, es war wirklich ein Abend, den man nicht vergisst – ein Feuerwerk aus Gefühlen, wie es nur Puccini zu entzünden vermag, transportiert von zwei traumhaften Stimmen auf höchstem Niveau.

Konzerthaus „Die Glocke“ im Herzen von Bremen. Foto privat.

Die nächsten Auftritte von Jonas Kaufmann finden Sie im Kalender seiner Homepage.

Jonas Kaufmann. Foto © Gregor Hohenberg / Sony Music

Titelbild: © Patric Leo

Jonas Kaufmann und Maria Agresta lassen die Leidenschaft hell aufglühen in der Puccini-Gala in der Alten Oper Frankfurt

Alte Oper Frankfurt, 22. Oktober 2024: Jonas Kaufmann – Viva Puccini!

Das Klassik-Jahr 2024 steht ganz im Zeichen von Giacomo Puccini, der mit seinen leidenschaftlichen Kompositionen wie kein anderer im ausgehenden 19. Jahrhundert die neue Ära des italienischen „Verismo“ geprägt hat. In Puccinis Opern stehen nicht mehr Adelige im Zentrum der Geschichte, sondern die Menschen von nebenan: Studenten, Künstler, Grisetten. In ihren Sehnsüchten und Gefühlsstürmen aus Liebe und Eifersucht offenbart sich das „wahre Leben“, ungeschminkt und mit großer Intensität. Die betörende Sogwirkung von Puccinis Musik fasziniert auch 100 Jahre nach seinem Tod und seine drei berühmtesten Opern „La Bohème“ (1896), „Tosca“ (1900) und „Madama Butterfly“ (1904) gehören fest ins Repertoire eines jeden Opernhauses.

Jonas Kaufmann © Gregor Hohenberg / Sony Music

Kein Wunder also, dass Startenor Jonas Kaufmann zum Jubiläum eine musikalische Hommage an den genialen Komponisten in Form eines Duett-Albums herausgebracht hat. In „Puccini: Love Affairs“ besingt der Tenor zusammen mit sechs namhaften Sopranistinnen alle Höhen und Tiefen der Beziehung zwischen Mann und Frau. In seiner Herbsttournee mit 10 Stationen im deutschsprachigen Raum und in Paris darf man sich also live vom Gefühlsrausch emportragen lassen. Kaufmann wird hierbei abwechselnd von den italienischen Sopranistinnen Maria Agresta (die auf seiner CD als Madama Butterfly zu hören ist) und Valeria Sepe begleitet. Nachdem der Tenor das erste Konzert in Paris wegen seiner erneuten Corona-Infektion verschieben musste, ist der Startschuss am 13. Oktober in Wien fulminant geglückt und die Alte Oper Frankfurt ist nun die 4. Station auf der ambitionierten Tournee.

Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter der Leitung von Jochen Rieder in der Alten Oper Frankfurt © Andreas Etter / Pro Arte Frankfurt

Wie in allen Städten zuvor ist auch in Frankfurt der Konzertsaal ausverkauft und das Publikum erwartet voller Spannung, ob der preisgekrönte Sänger, Medienliebling und Frauenschwarm seinem Ruf als „begehrtester Tenor der Welt“ gerecht werden kann.

Jonas Kaufmann beginnt den Abend mit Auszügen aus „Tosca“. Die Rolle des idealistischen Malers Mario Cavaradossi, der mit seiner Geliebten Tosca, einer eifersüchtigen Gesangsdiva, in die Fänge des sadistischen Polzeichefs Scarpia gerät, gehört zu den absoluten Lieblingsrollen des Tenorissimo, die er in seiner langen Karriere mit Abstand am häufigsten verkörpert hat. Die Partie liegt ihm bestens in der Kehle und in seiner Auftrittsarie „Recondita armonia“ kann er seine Stimme in der goldenen Mittellage warm strömen und auch die Höhen kraftvoll anschwellen lassen.

Im nachfolgenden Liebesduett zwischen Mario und Tosca bietet Puccini eine große emotionale Palette aus Koketterie, Verführung und Eifersucht, die der Spielfreude der Interpreten viel Raum lässt. Kaufmann gibt den Maler vielleicht ein bisschen zu routiniert, wohingegen seine Partnerin Maria Agresta die Diva mit viel stimmlicher Präsenz darbietet und zudem in ihrem marineblauen Kleid auch optisch ein Hingucker ist. Kaufmann in festlichem Frack und mit seinen graumelierten Locken gibt ebenfalls eine attraktive Erscheinung ab.

Jonas Kaufmann und Maria Agresta © Andreas Etter / Pro Arte Frankfurt

Zwischen Tenor und Sopran spürt man in der Interaktion kollegiale Vertrautheit – die beiden haben bereits im Jahr 2017 bei Kaufmanns grandiosem Debüt als Otello am Royal Opera House in London gemeinsam auf der Bühne gestanden, Agresta war seinerzeit seine Desdemona.

Ein erstes Highlight gelingt Kaufmann in seiner intensiven Interpretation der Arie, „E lucevan le stelle“, in der Cavaradossi in sehnsuchtsvoller Erinnerung schwelgend Abschied vom Leben nehmen muss. Hier bringt er seine italienische Legatokultur beim Singen bestens zum Einsatz und besonders die leisen Töne berühren mit ihrer Innerlichkeit. Im Vorspiel sorgt die Solo-Klarinette für Melancholie und die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter der Leitung von Jochen Rieder erweist sich als niveauvoller Klangkörper. Rieder begleitet Kaufmann seit vielen Jahren auf seinen Tourneen und die beiden sind ein eingespieltes Team.

Als nächstes taucht man ein in die Welt des Poeten Rodolfo und der Näherin Mimì aus „La Bohème“, bei deren Kennenlernen aus einem Kerzenlicht bald ein Feuer der Leidenschaft entbrennt. Hier trumpft Kaufmann im Schlusston des Liebesduetts „O soave fanciulla“ mit einem Spitzenton am Ende aus dem Off auf, bei dem man staunt, dass der Tenor sich trotz des fordernden Programms nicht zu schonen scheint. Das Publikum applaudiert freundlich, aber so richtig scheint der Funke noch nicht übergesprungen zu sein.

Maria Agresta © Andreas Etter / Pro Arte Frankfurt

Nach der Pause blüht Maria Agresta im leidenschaftlichen Duett der Hochzeitsnacht aus Madama Butterfly“ zwischen der unschuldigen Geisha Cio-Cio-San und dem rücksichtslosen Seemann Pinkerton förmlich auf. Hier überflügelt die Sopranistin mit ihrer vor Gefühl flirrenden Interpretation sogar ihren Partner. Kaufmann gelingt es jedoch, diese Figur, die er auf der Bühne nie dargestellt hat, weil sie ihm zu unsympathisch ist (wie der Tenor in Interviews bekennt), mit drängender Leidenschaft („vieni…vieni“) auszustatten, die schon die Zerstörung der zarten Flügel des Schmetterlings erahnen lässt. Jetzt wird auch das Publikum von der Hitze der Gefühle entflammt und zeigt sich begeistert.

Einen furiosen Höhepunkt bieten Kaufmann und Agresta im Duett „Tu, tu, amore? Tu?“ aus Manon Lescaut“, in dem die Stimmung aufgeladen ist von Begehren und zorniger Eifersucht, die Kaufmann kernig und leidenschaftlich darbietet, und von der Sopranistin mit selbstbewusster Weiblichkeit befeuert wird.

Begeisterung im Saal und auf der Bühne © Andreas Etter / Pro Arte Frankfurt

In der ersten Zugabe lässt der Tenor in „Ch’ella mi creda“ (aus La fanciulla del West) seine Stimme wieder im weichen Nougatschmelz erklingen, der zu einem sanften Verführer passt.

© Andreas Etter / Pro Arte Frankfurt

Herzerweichend und lyrisch zart singt Maria Agresta das liebevolle Flehen von Liù „Signore, ascolta“ (aus „Turandot“), was von Kaufmann als Calaf eine ebenso zartfühlende Antwort im tröstlichen „Non piangere, Liù“ erfährt.

© Andreas Etter / Pro Arte Frankfurt
© Andreas Etter / Pro Arte Frankfurt

Den Abend beschließt der Tenor mit der obligatorischen Parade-Arie „Nessun dorma“ (aus „Turandot“), die nun auch den letzten im Publikum vom Sitz reißt und mit einer Standing Ovation belohnt wird, auch wenn der finale hohe Ton („Vincerò!“) von der gesanglichen Tour de Force des Abends geschwächt klingt und wohl auch wegen des gerade überstandenen Infekts (zwischendurch musste der Tenor einige Male husten) nicht so kraftvoll und schillernd gelingt, wie man es eigentlich von Jonas Kaufmann gewohnt ist. Aber live ist live und am Ende strahlt der Tenor erleichtert und offensichtlich froh, dass die Musik von Puccini zielsicher ins Herz der Menschen getroffen und die Zuhörenden bewegt hat.

Jonas Kaufmann, Maria Agresta und Jochen Rieder freuen sich über Standing Ovations des Frankfurter Publikums. © Andreas Etter / Pro Arte Frankfurt

Ein Konzert mit einem Feuerwerk aus Gefühlen, wie es nur Puccini zu entzünden vermag, transportiert von zwei wunderbaren Stimmen auf höchstem Niveau.

Die nächsten 6 Stationen der Puccini-Tournee von Jonas Kaufmann finden Sie im Kalender seiner Homepage.

Neuerscheinung meines Hörbuchs: Das kleine Kräutercafé – Herzkirschen

Ich habe gute Nachrichten für euch: Endlich gibt es „Das kleine Kräutercafé – Herzkirschen“ auch als Hörbuch!

Für die Vertonung von Band 1 meiner romantischen „Alles grün“-Reihe konnte ich die sympathische Sprecherin Christiane Frankenstein gewinnen.

Mein Hörbuch „Das kleine Kräutercafé – Herzkirschen“ ist ab sofort in allen gängigen Online-Shops verfügbar. Eine Hörprobe steht auch für dich bereit: LINK.

Das kleine Kräutercafé – Herzkirschen von Lilli Meinhardis (Hörbuch gelesen von Christiane Frankenstein)

Du kannst das Hörbuch sogar gratis im Probeabo anhören – zum Beispiel bei BookBeat. Oder bei Spotify.

Das Hörbuch ist z.B. erhältlich bei Thalia zum Download oder im Abo.

Schau auch gerne bei unserem Hörbuchverlag Piet Henry Records vorbei. Dort findest du zum Beispiel mein Autorinnen-Porträt: Lilli Meinhardis.

Lilli Meinhardis freut sich über den Release des Hörbuchs „Das kleine Kräutercafé – Herzkirschen“ (September 2024). Foto: privat

KLAPPENTEXT

Das kleine Kräutercafé – Herzkirschen

Eine leichte und witzig-spritzige Sommerkomödie voller Romantik und Genuss

»So gegensätzlich Isa und Natália auch waren, so einträchtig waren sie in ihrem Geschmack: Grün musste es schmecken. Ob ein Kraut oder ein Gemüse – jede Speise wurde erst durch das gewisse Grün zu einem besonderen Gaumenerlebnis.«

Natália hat sich inmitten der Wolkenkratzer der Bankenmetropole am Main eine Oase geschaffen: Auf ihrem Dachgarten baut sie aromatische Kräuter für ihr aufstrebendes Café »Alles grün« an. Die Blondine hat allerdings auch ein Talent dafür, in Fettnäpfchen zu treten: In ihrem Nebenjob in einer Bank fährt sie zuerst mit ihrem Putzwagen über die polierten Schuhe des charmanten Bankers Marco, der ganz verzückt von ihrem Temperament ist. Kurz darauf wird sie beim heimlichen Umkleiden im Büro vom zugeknöpften Robert erwischt. Der ist hingerissen von der geheimnisvollen Unbekannten und hält sie irrtümlich für eine neue Kollegin. Als dann ein plötzlicher Stromausfall ganz Frankfurt in Dunkelheit taucht, ist das Verwirrspiel der Verliebten perfekt.

Lilli Meinhardis freut sich über ihr neues Hörbuch: Das kleine Kräutercafé – Herzkirschen. Foto: privat (2024)

Unboxing:

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Wenn die Prinzessin zur Magd wird und die Dragqueen der großen Liebe entgegen stöckelt – beliebte Tropes in Literatur und Film

Gute Geschichten greifen oft auf wiederkehrende Umstände, Figurentypen oder Beziehungskonstellationen zurück, die den Lesenden oder Zuschauenden bekannt und bei ihnen beliebt sind. Diese Erzählmuster nennt man „Tropes“.

Hier möchte ich dir einige meiner liebsten Tropes aus Büchern und Filmen vorstellen, die ich auch schon selbst in meinen Romanen eingesetzt habe.

Princess goes slumming und der Prinz wird zum Schweinehirt

Einer meiner liebsten Tropes ist „Princess goes slumming“ und „Der Prinz wird zum Schweinehirt“. Hier befindet sich die Heldin/der Held in einer privilegierten Postion (früher adelig, heutzutage superreich), dabei jedoch gefangen im goldenen Käfig. Sie träumt davon, einmal das simple und unbeschwerte Leben kennenzulernen. So schlüpft sie in die Rolle eines „Normalos“ und mischt sich unter das „einfache Volk“.

Goldie Hawn im Film „Overboard“

Dabei verliebt sie sich verbotenerweise in jemanden unter ihrem Stand. Diese Geschichten lösen sich meist märchenhaft auf, denn wenn die wahre Identität und Stellung des Verkleideten enthüllt wird, ist dessen Reichtum kein Hindernis mehr für die Liebenden, sondern ein Bonus. Das Romantische daran: Die Liebe der niedriger gestellten Person ist blind entstanden, also ohne den Anreiz des Aufstiegs in den höheren Stand – diese Liebe erscheint somit besonders rein.

Filmklassiker „Roman Holiday – Ein Herz und eine Krone“

Einer meiner liebsten Filmklassiker ist „Roman Holiday – Ein Herz und eine Krone“ (1953) mit der bezaubernden Audrey Hepburn als Prinzessin, die ihren Pflichten entflieht und einen Tag in Rom als normales Mädchen zusammen mit einem Journalisten (Gregory Peck) verbringt, der eine Enthüllungsstory über sie schreiben will (sie ahnt nicht, dass er ihr Inkognito durchschaut hat). Befreit von allen Zwängen schleckt sie genüsslich Eis, lässt sich eine Kurzhaarfrisur schneiden und düst auf einer Vespa durch Rom. Es gibt einige innige Küsse und einen bitter-süßen Abschied, denn die Prinzessin und der Bürgerliche dürfen eben doch nicht heiraten.

Filmkomödie „Overboard – ein Goldfisch fällt ins Wasser“

Wunderbar witzig ist die Filmkomödie „Overboard – ein Goldfisch fällt ins Wasser“ (1987) mit Goldie Hawn als Millionärin auf einer Luxusyacht, die den Handwerker Kurt Russell herum kommandiert. Als sie über Bord geht und ihr Gedächtnis verliert, wittert er seine Chance auf Rache und behauptet, ihr Ehemann zu sein. Die verwöhnte Lady muss nun im Schlabberkittel seine freche Kinderschar versorgen und den Haushalt machen. Doch in der Armut lernt sie erstmalig die Liebe kennen. Die geläuterte „Prinzessin“ wird mit einem Happy End belohnt.

Mein Liebesroman „Das kleine Kräutercafé – Herzkirschen“

Auch in meinem LiebesromanDas kleine Kräutercafé – Herzkirschen (erscheint am 31. August 2023) spielen der Standesunterschied und eine Verwechslung eine Rolle, denn die Protagonistin Natália ist eigentlich nur Köchin und Putzfrau, doch der reiche Banker Robert hält sie irrtümlich für eine „ebenbürtige“ Kollegin.

Lange Tradition: Der Strandesunterschied trennt das Liebespaar

Das Hindernis des Standesunterschieds war in früheren Zeiten für Liebende noch höher, so dass dieser Trope sich bereits im 18. und 19. Jahrhundert bei den Schriftstellern großer Beliebtheit erfreute. So lässt Friedrich Schiller in seinem Drama „Kabale und Liebe“ (1784) den Adelssohn Ferdinand von Walter sich der bürgerlichen Louise Miller in der Verkleidung eines Bürgerlichen annähern. Erst, wenn Ferdinands Vater von der Mesalliance erfährt, stellt es sich gegen die Verbindung und eine Reihe von Intrigen führt schließlich zum tragischen Tod der Liebenden, die sich gegenseitig vergiften.

Auch in Giuseppe Verdis Oper „Rigoletto“ von 1851 (die auf Victor Hugos: „Le roi s’amuse“ basiert) stellt sich der Herzog von Mantua seiner verehrten Gilda (Tochter des Hofnarrs) als armer Student vor und gewinnt damit ihr Vertrauen. Auch in der Oper „Adriana Lecouvreur“ von Francesco Cilea, 1902) gibt sich Maurizio, Graf von Sachsen, als einfacher Offizier aus, wenn er mit der Schauspielerin Adriana anbandelt. In beiden Opern endet die Affäre mit dem Tod der getäuschten Frau.

Jonas Kaufmann und Angela Gheorghiu in „Adriana Lecouvreur“ am Royal Opera House 2010.

Weniger dramatisch, dafür umso witziger geht es im Hollywoodfilm Let’s make love (1960) zu, in dem sich ein Millionär (Yves Montand) unter eine Schauspielgruppe mischt und das gutherzigen und sexy Showgirl (Marilyn Monroe) verführt.

Frau in Männerkleidung und Mann in drag

Ein weiterer persönlicher Favorit unter den Tropes ist die Frau in Männerkleidung oder der Mann „dressed as girl“ (drag). Hieraus ergeben sich wunderbar romantische (die unmögliche Liebe) und auch komödiantische Situationen.

Toni Curtis und Jack Lemmon im Film „Some like it hot“

Bereits Shakespeare hat mit dieser Geschlechterverwirrung gespielt in „Twelfth Night“ („Was ihr wollt“) – Viola strandet in einem fremden Land, verkleidet sich als Diener und tritt in den Dienst des Herzogs von Orsino ein, in den sie sich verbotenerweise verliebt. Und auch im Film „Shakespeare in Love“ (1998) verwandelt sich die adelige Viola (Gwyneth Paltrow) in einen Schauspieler, um auf der Bühne stehen zu können – zwischen ihr und dem Poeten Shakespeare funkt es gewaltig.

Kein Wunder also, dass ich diesen Trope genussvoll in meinem bald erscheinenden Roman Im Takt ihrer Träume aufgegriffen habe: Hier schlüpft die Dirigentin Johanna in die Rolle eines Mannes, um ihren Traumberuf ausüben zu können. Aber dann kommt ihr die Liebe in Gestalt des leidenschaftlichen Kollegen Eduardo in die Quere.

Wo wir schon in der Opernwelt sind: Auch in „Arabella“ von Richard Strauss muss die jüngere Schwester Zdenka als Knabe herumlaufen, weil die verarmten Eltern nur die schöne Arabella standesgemäß in die feine Gesellschaft einführen können. Zdenka ist heimlich verliebt in Matteo, der eigentlich für Arabella schwärmt, aber mit ihrem „Bruder“ so manche Vertraulichkeit austauscht.

Wenn Männer in drag herumstöckeln, wird es immer turbulent, wie in der herrlichen Filmkomödie „Some like it hot“ (1959) mit Marilyn Monroe, Jack Lemmon und Toni Curtis. Sicher kennst du auch „Tootsie“ (1982) und „Mrs. Doubtfire“ (1993). In all diesen Geschichten bekommt der Mann als „beste Freundin“ seiner Angebeteten immer einen besonderen Zugang zu ihr und lernt sie durch die eigene Frauenrolle besser verstehen.

Magst du auch Geschichten, die mit dem Geschlechterrollentausch oder mit dem Standesunterschied (Prinzessin wird zur Magd) spielen? Welche Bücher und Filme mit diesen Tropes kennst du noch?

Übrigens gibt es noch einige weitere Tropes in (Liebes-) Geschichten:

  • Enemies / Rivals to lovers (z.B. „Stolz und Vorurteil“ von Jane Austen. Von beruflichen Rivalen zu Liebenden: „You’ve got mail“ mit Meg Ryan & Tom Hanks)
  • Fake dating (z.B. „Selbst ist die Braut“ mit Sandra Bullock & Ryan Reynolds, „Wedding Date“ mit Debra Messing & Dermot Mulroney, „Green Card“ mit Gérard Depardieu & Andie MacDowell)
  • Die Wette (Variante von fake dating) (z.B. „Wie werde ich ihn los in 10 Tage“, „10 Dinge, die ich an dir hasse“)
  • Vom Aschenputtel zur Prinzessin / hässliches Entlein zum schönen Schwan (z.B. in „Pretty Woman“, „My fair Lady“ und „Sabrina“ mit Audrey Hepburn, „Plötzlich Prinzessin“)
  • Mauerblümchen (Wallflower) (z.B. Fanny Price in „Mansfield Park“ von Jane Austen, Baby in „Dirty Dancing“, Will (Hugh Grant) in „Notting Hill“)
  • Strangers to lovers (z.B. „Titanic“, „Before Sunrise“)
  • Friends to lovers (z.B. „Emma“ von Jane Austen und „Harry und Sally“ mit Meg Ryan & Billy Crystal)
  • Love triangle (z.B. „Die Hochzeit meines besten Freundes“ mit Julia Roberts, Cameron Diaz & Dermot Mulroney, „Bridget Jones“, „Vicky Christina Barcelona“, „Ein unmoralisches Angebot“, „Tequila Sunrise“, „Vom Winde verweht“)
  • Second chance (z.B. erfolgreiche Großstädterin kehrt in ihr Heimatdorf zurück und trifft ihre Jugendliebe wieder wie in „Sweet Home Alabama“ mit Reese Witherspoon)
  • Forced proximity – erzwungene Nähe u.a. eingeschlossen sein oder aneinander gekettet, gemeinsamer Auftrag, Roadtrip (z.B. „Speed“, „The Mountain between us – Zwischen zwei Leben“, „Passengers“ – Mann und Frau alleine in einem Raumschiff, „Der Kautions-Cop“, „So spielt das Leben„, wo sich Mann und Frau, die sich nicht leiden können, gemeinsam um ein Baby kümmern müssen, „Der Duft der Frauen“ – ein Collegejunge soll auf einen blinden Mann aufpassen – mit Al Pacino & Chris O’Donnell)
  • Only one bed – zusammen in einem Bett (z.B. „Verlobung auf Umwegen„, „Selbst ist die Braut„, „In einem fernen Land“ mit Tom Cruise & Nicole Kidman)
  • Verbotene Liebe (z.B. Priester, Lehrer:in, Stiefvater wie in „Lolita“, oder Bruder /Schwester der/s eigenen Verlobten, z.B. „Die Familie Stone„)
  • Boss Romance / Office Romance spielt auch mit der verbotenen Liebe und einem Standesunterschied, denn eine Person des Paares ist der Chef/die Chefin (z.B. „Top Gun“ wo Tom Cruise eine Liaison mit seiner Ausbilderin Kelly McGillis eingeht, „Was Frauen wollen“ mit Mel Gibson & Helen Hunt, „Ein Chef zum Verlieben“ mit Sandra Bullock & Hugh Grant)
  • Heimliche Beziehung (z.B. „Romeo und Julia“, „Brokeback Mountain“, „Abbitte“)
  • Found family – die Wahlfamilie, d.h. eine Gruppe von Menschen findet sich zu einer neuen Familie zusammen, ohne biologisch miteinaner verwandt zu sein  (z.B. „Zusammen ist man weniger allein“ (Originaltitel: Ensemble, c’est tout), Film mit Audrey Tautou, basiert auf dem gleichnamigen Roman von Anna Gavalda (2004), „About a Boy oder: Der Tag der toten Ente“ mit Hugh Grant & Nicholas Hoult & Toni Collette, „Harry Potter“, „Die Tribute von Panem“)
  • Soulmates – Seelenverwandte (z.B.  „Der Pferdeflüsterer“, „Sleepless in Seattle“, „Ghost“, „Bridges of Madison County – Die Brücken am Fluss“)
  • Briefe von einem Fremden / aus der Vergangenheit / von einem Verstorbenen (z.B. „Message in a bottle – Der Beginn einer großen Liebe“ von Nicholas Sparks, „P.S. I love you„, „Briefe an Julia“)
  • Tödliche Krankheit verkürzt die Zeit, die die Liebenden miteinander haben. Manchmal verliebt sich dabei die Krankenschwester in ihren Patienten (z.B. „Entscheidung aus Liebe“ mit Julia Roberts, „Love Story“, „Sweet November“, „Ein ganzes halbes Jahr“ – Film nach dem Roman von Jojo Moyes)
  • Gedächtnisverlust (z.B. „Für immer Liebe„, „Overboard – Ein Goldfisch fällt ins Wasser“, „Vergiss mein nicht“, „Good Bye, Lenin“, „Hangover“; im Spannungs-Genre: „Bourne Identity“, „Ich. Darf. Nicht. Schlafen“, „Memento“, „Mulholland Drive“, „Spellbound – Ich kämpfe um dich“ mit Ingrid Bergmann & Gregory Peck)
  • Familienfeier / Thanksgiving / Essen mit Freunden läuft aus dem Ruder (z.B. „Die Familie Stone“, „Im August in Osage County“ und „Familiensache“ beide mit Meryl Streep, „Das perfekte Geheimnis“, „Der Vorname“)
  • Böse Schwiegereltern (z.B. „Meine Braut, ihr Vater und ich“ mit Robert de Niro, „Das Schwiegermonster“ mit Jane Fonda)

Schlussakkord für meinen Wien-Roman

Was hat meine Romanheldin Johanna/Jo als Dirigent in Wien in den letzten 64 Tagen nicht alles gekämpft, gelitten, geliebt und gewonnen? Dienstagnacht habe ich ihr letztes Kapitel geschrieben und gestern noch meinen Merkzettel abgearbeitet und punktuell inhaltliche Ergänzungen gemacht. Heute ist Jos Geschichte zu Ende erzählt – mein Herzensprojekt aus der Opernwelt in der ersten Fassung abgeschlossen.

Meine Anspannung will aber partout nicht von mir abfallen. Zur Belohnung für meine täglichen Anstrengungen seit dem 1. November 2020 wollte ich mir am Mittwoch ein Stück Sachertorte gönnen – mein Lieblingskuchen, den auch Jo in Wien gerne verspeist hat – aber in keiner der 4 Bäckereien in Karlshorst war ein solches aufzutreiben. Also musste ich mit Käsekuchen vom Blech Vorlieb nehmen – eine klebrig-süße Enttäuschung. Entweder muss ich mir selbst eine Sachertorte backen oder schnellstmöglich wieder nach Wien reisen (aber erst, wenn in der Oper wieder der Vorhang aufgeht).

Traum
Wirklichkeit

In meinem Roman „Die Dirigentin im Herrenrock“ gibt es natürlich nicht nur Kaffeehausidylle im Dreivierteltakt, sondern im Mittelpunkt steht eine starke Frau, die für ihren Traum kämpft, Dirigentin in dieser Männerwelt der klassischen Musik zu werden, entgegen aller gesellschaftlichen Konventionen – dabei kommt ihr die Liebe in den Weg und es entwickelt sich ganz große Gefühlsoper.

Das Schicksal meiner Heldin hat im Laufe des Schreibens einen wahren Wellenritt vollführt – immer, wenn sie gerade einen kleinen Höhepunkt erklommen hat, habe ich ihr einen Stock in die Speichen geworfen, sie ist gestürzt und musste sich geschunden wieder aufrappeln und von neuem den Berg hinauf klettern.

Ouvertüre:

Eine begabte junge Frau aus Norddeutschland, so groß wie ein Leuchtturm, zieht an einem grauen Novembertag im Jahr 1925 in die alte Kaiserstadt ein, um als Dirigentin am berühmtesten Opernhaus Europas Fuß zu fassen. Dort wird sie jedoch als Frau rigoros abgewiesen. Entschlossen schnürt sie sich die Brust ein und versucht es am nächsten Tag erneut – als Mann verkleidet – und wird prompt als Dirigent (auf einer Assistentenstellen) engagiert.

Erster Akt:

Ihre Karriere nimmt Fahrt auf und sie begeistert die kritischen Musiker und das Wiener Publikum mit ihrem Können, aber gleichzeitig verliebt sie sich in ihren brasilianischen Dirigenten-Kollegen Martin Breuer, der verheiratet ist. Obwohl alles dagegen spricht, stürzt sie sich in eine leidenschaftliche Liebesnacht mit ihm. Am nächsten Tag lässt sie ihn abblitzten und will ihre weiblichen Neigungen zukünftig besser unterdrücken. Als sie wenige Wochen später erschrocken feststellt, dass sie schwanger ist, fangen ihre Probleme erst richtig an. Sie ist hin und her gerissen, ob sie das Kind bekommen soll. Sie bekommt den gesellschaftlichen Druck zu spüren, als ihre Vermieterin sie zu einer „Engelmacherin“ schickt und in Aussicht stellt, sie hinauszuwerfen, falls sie als ledige Frau ihr Kind zur Welt bringen sollte. Jo entscheidet sich trotzdem für ihr Baby und sucht händeringend nach einem Ausweg, der nur darin bestehen kann, passende Pflegeeltern für ihr Kind zu finden.

In dieser Phase wird sie von der Salonièren Eugenie Schwarzwald, der Schulleiterin einer Mädchen-Schule, eingeladen und lernt in deren Salon einige selbständige Frauen kennen, u.a. Anna Freud, die sich als Psychoanalytikerin mühsam aus dem großen Schatten ihres Vaters zu befreien versucht.

Dritter und Vierter Akt:

Es folgen viele dramatische Szenen, etwa, wenn Jo beim Dirigieren beinahe eine Fehlgeburt erleidet, wenn sie kurz darauf Martin endlich gesteht, dass sie sein Kind erwartet, die Niederkunft und ihr schmerzlicher Abschied von ihrer neugeborenen Tochter.

Fünfter Akt:

Zum Ende ihrer Reise muss Jo sich aus dem Korsett, in das sie sie selbst eingeschnürt hat, wieder befreien – sie muss sich ihre Weiblichkeit und Mutterschaft zurückerobern. Im Finale zieht sie aus, um ihr Kind und den Mann, den sie liebt, zurück zu gewinnen.

Ich muss gestehen, dass ich zu Beginn meiner Schreibreise ein anderes Ende vor Augen hatte – ein realistisches, in dem meiner Heldin vieles versagt bleibt, in der sie sich zwischen Karriere und privatem Glück entscheiden muss. Aber nachdem ich sie über 400 Seiten und fast 4 Handlungsjahre lang habe leiden lassen, habe ich ihr schließlich doch ein fast vollständiges Happy End gegönnt. Ich hoffe, meinen Leser*innen danken mir das.

Wiener Opernstars aus den 1920er Jahren und Zeitkolorit

Die Geschichte von Jo ist natürlich eingebettet in viele historische Details – insbesondere das Aufführungsgeschehen an der Wiener Oper habe ich gründlich recherchiert. Viele meiner Lieblingsopern lasse ich vorkommen und ihre Inhalte spiegeln oft das dramatische Geschehen auf der Erzählebene. Die schillernden Gesangsstars dieser Zeit wie Lotte Lehmann, Maria Jeritza, Jan Kiepura und Richard Tauber haben alle ihren Auftritt, natürlich auch Richard Strauss, der als Komponist und Operndirektor diese Zeit geprägt hat.

Maria Jeritza
Lotte Lehmann und Jan Kiepura

Als beruflicher Gegenspieler fungiert Jos herrischer Kollege Robert Heger, ein historischer Dirigent aus dieser Zeit (der sich später den Nazis zugewendet hat). In Liebesdingen ist die Ehefrau von Martin ihre Antagonistin. Zusätzliche Hürden im Streben meiner Heldin nach Glück und Erfolg stellen die gesellschaftlichen Konventionen und Vorurteile gegenüber Frauen dar.

Meine Erzählung in die 1920er Jahre einzufügen, erschien mir nicht allzu schwer. Aber die Details haben sich hin und wieder als Stolpersteine bemerkbar gemacht: So habe ich im Schreibeifer moderne Dinge wie Kühlschränke und Türklingeln mit Gegensprechanlage eingebaut. Zum Glück habe ich mir dann selbst auf die Finger geklopft und schnell Wikipedia konsultiert. Hinsichtlich der historischen Korrektheit gibt es also einiges zu beachten. Ich hoffe, ich habe keine Klopper mehr drinnen.

Sehr genüsslich habe ich Wienerische Redensarten eingebaut. Dafür werde ich ein kleines Wörterbuch in den Anhang des Romans stellen. Jetzt werde ich mich mal ins Gwand haun und einen Mulatschak zur Fertigstellung meines Werks feiern. Baba.

Meine Schreibnächte

Was meinen Schreibprozess angeht, so bin ich bei meinem vierten Roman wirklich gut in Schwung gekommen und hatte keine Durchhänger, wie im letzten Jahr bei meinem Antarktis-Roman. Ich habe das Gefühl, mich in diesem Stoff richtig freigeschrieben zu haben – was zum einen daran liegt, dass ich für die Opernwelt total brenne und es mir beim Schreiben immense Freude bereitet hat, darin zu schwelgen. Aber auch die Freiheit bei der Figurenentwicklung hat mich beflügelt, denn bei Johanna und Martin habe ich mich nicht durch eine historische Vorlage einengen lassen.

Ich habe einen guten Arbeitsrhythmus gefunden: Eine Abendschicht von 1 ½ bis 2 Stunden im Zeitfenster von 19 bis 22 Uhr und eine Nachtschicht von nochmals 1 ½ bis 2 Stunden in der Zeit zwischen 23 und 2 Uhr nachts. Ich kann am besten arbeiten, wenn es draußen dunkel ist, die Welt in Schlaf versinkt und mich nichts mehr ablenken kann – am Tage muss ich Einkäufe erledigen, will das Tageslicht zum Spazierengehen nutzen usw.

Die späten Morgenstunden sind quasi mein Feierabend, in denen ich mich ausruhe. Ab Nachmittag fängt mein Motor dann so langsam zu laufen an – ich bereite das Geschriebene vom Vorabend gedanklich nach und überlege, wie es in der Nacht weitergehen soll. So komme ich auf ein reines Schreibpensum von 3 bis 4 Stunden pro Tag. Die Erholungsphasen am Tag und zwischen den beiden Schreibeinheiten sind notwendig, damit sich die Inspiration und Schaffenskraft wieder aufladen kann.

Da ich irgendwie ein Statistik-Typ bin, trage ich meine Uhrzeiten und den Worcount täglich in eine Tabelle ein.

 

Hier mein Roman-Werk in Zahlen:

114.200 Wörter

484 Normseiten

64 Schreibtage (vom 1. November 2020 bis 13. Januar 2021, mit einer Woche Weihnachtsferien)

1.800 Wörter pro Tag im Durchschnitt

3.006 Rekord-Wörteranzahl an einem Tag

Wie geht es nun weiter? Heute ist Ruhetag. Ab Freitag beginne ich mit dem Korrekturlesen des Manuskripts. Wenn ich damit durch bin (Ende Januar) entlasse ich mein Werk mit viel Spannung an meine Testleserinnen (zwei habe ich schon, wer sonst noch gerne möchte, bitte bei mir melden) und freue mich auf deren Feedback. Aufbauend darauf geht es dann in die nächste Überarbeitungsrunde. Im Frühling schwimme ich also glücklich weiter auf der Opern-Welle.

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