In der letzten Woche hat sich viel getan in meiner Geschichte und ich habe so einige Höhen und Tiefen durchwandert. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass ich mich auch dann zum Schreiben (jeden Tag mindestens 1.667 Wörter) hinsetzen muss, wenn ich mich gar nicht inspiriert fühle – erstaunlicherweise kommen mir beim Tippen nach der zähen ersten Seite doch irgendwelche Ideen und es entsteht ein brauchbares Kapitel.
Nach dem dramatischen Komplex mit Philipp und Silva plätscherte die Handlung um Elise so vor sich hin. Vor allem habe ich ihre Begegnung mit der zweiten Hauptfigur (dem Jungen mit der Gitarre) aus der Märchenwelt herausgezögert, weil ich immer noch nicht wusste, wie diese Welt überhaupt beschaffen sein soll.
Also habe ich mich zeitweise damit abgelenkt, mir Titel für die Groschenromane auszudenken, die die liebenswerten Großtanten von Elise immer lesen. Die eine liebt Schnulzen und die andere Schauerromane. Hier drei Beispiele (das Genre dürft ihr raten):
„Herzensbrecher haben auch mal Liebeskummer“,
„Vlado – Draculas Sohn im Moor“ und
„Schöne Windhunde beißen nicht“
Schließlich habe ich mich an Tag 16 gezwungen, die Szene mit dem Jungen aus der Märchenwelt zu schreiben (einen Dialog, da konnte ich mich auf den Charakter konzentrieren, Details aus seiner Welt waren nicht nötig) – und mit einigen Stunden Verspätung in der Nacht hat sich eine Schleuse in meinem Kopf geöffnet und ich konnte nicht schlafen vor lauter Ideen.
Die letzten drei Tage habe ich meinem Fanatsie-Rausch hastig hinterher geschrieben. Manchmal ist es ziemlich mühsam, etwas in Worte zu fassen, was ich bildlich vor mir sehe. Aber damit das Ganze nicht in eine epische Beschreibung ausartet, habe ich versucht, die Welt aus der Sicht des Jungen zu zeigen und auch ein paar Dialoge einzubauen. Ich habe noch längst nicht alles erzählt – um diese „Welt des Immerwährenden Klanges“ zum Leben zu erwecken. Es gibt so viele große und kleine Frage zu beantworten wie nach dem Sinn des Daseins der Wesen, wie ist ihre biologische Beschaffenheit (Geburt und Sterben), wie ist ihr soziales System (beim Holzspielervolk des Jungen mit der Gitarre hat jeder Meister einen Gesellen), haben sie einen Glauben, wie funktioniert ihr Ökosystem (für die Müllentsorgung habe ich auch schon eine Lösung…).
Heute Nachmittag und Abend brauche ich mal eine kleine Pause von der Weltenschaffung und wende mich wieder Elise in der Menschenwelt zu. Sie ist in der 4. Klasse und geht auf Klassenfahrt. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich habe meine Klassenfahrten aus dieser Zeit als ziemlichen Horror in Erinnerung – zu wenig Schlaf und zu viel Zucker, die verdeckten Konflikte und Aggressionen in der Klassengemeinschaft brechen hervor.
Mal sehen, wo die Szene mich hinführt (dramatisches Potenzial ist jedenfalls da), ich lasse meine Fantasie jetzt wieder gemächlich hinter meinen Fingern her trippeln.
Übrigens ist mir gestern Abend beim Spazierengehen eine Pappschachtel mit alten Audiokassetten vor die Füße geraten (von Leuten als „Spende“ vor ihre Haustür gestellt) – und die erste Kassette, die ich aus dem Stapel ziehe ist: Bibi Blocksberg.
Also werde ich heute in der Leseprobe zu Philipp und Silva zurück kehren – es handelt sich um die Szenen vor und nach der Fahrradsequenz, die ihr letzte Woche lesen konntet. Übrigens wird Philipp als Erwachsener noch eine Chance bekommen, sich für eine gute Tat zu entscheiden.
Für einen etwas heiteren Ausklang gibt es noch den „Stuhlkreis“ mit Elise in der 4. Klasse (ohne Philipp – seine Familie ist nach dem Brand in eine andere Stadt gezogen). Die dortigen Witze habe ich nicht selbst erfunden, sondern aus dem weltweiten Netz gefischt.
Ich hoffe, ihr fühlt euch beim Lesen unterhalten.
Tag 10: Das Duell
(… Philipp macht in der Schule demütigende Erfahrungen, z.B. beim Mathe-Duell, und in der großen Pause fordert er seine Mitschülerin Elise zu einer Art Psychoduell heraus…)
Philipp und Silva stiegen aus dem Bus und bogen nebeneinander in den Finkenweg ein. (…) Silva plapperte vor sich hin und öffnete die Haustür mit dem Schlüssel, der an einem Lederband um ihren Hals hing. Philipp warf seinen Schulranzen auf den Boden im Flur unter die Mäntel.
„Machen wir uns Lasagne“, fragte Silva. Philipp nickte missmutig.
Silva holte mit geübten griffen die Fertiggerichte aus dem Tiefkühlfach und machte sie in der Mikrowelle heiß. Normalerweise würden sie jetzt vor dem Fernseher essen und ihre Lieblingsvideokassetten ansehen. (…)
„Es kommen zwar nur diese Talkshows, aber besser als nichts.“ Er packte seinen Teller und verbrannte sich seine Finger daran.
„Scheiße“, schrie er. Silva hatte ihren Teller mit einem Handtuch umfasst und ging ins Wohnzimmer.
„Igitt, das stinkt hier aber“, sagte sie und rümpfte ihre Stupsnase. Kater Moritz, der bisher auf der Küchenbank gelegen hatte, kam nun auch hinter ihnen her und schlich mit erhobenem Schwanz im Wohnzimmer umher und maunzte. Ihn schien der Geruch nicht zu stören, denn er legte sich gähnend auf seinen Lieblingssessel. Der grüne Stoff war von seinen Krallen schon ganz abgewetzt.
„Mama hat den Schrank gestern Abend lackiert“, stellte Silva fest. (…)
Obwohl die Fenster die ganze Nacht auf Kippe gestanden hatten und auch jetzt ein frischer Wind die gelblichen Gardinen aufblähte, roch es immer noch intensiv nach Lack im Zimmer. (…)
Silva und Philipp schlangen ihr Essen schnell herunter und Philipp verbrühte sich den Gaumen dabei. Bei dem Lack-Gestank im Zimmer machte das Fernsehen echt keinen Spaß.
„Komm, wir bringen jetzt die Fahrräder weg. Dann haben wir es hinter uns“, sagte Silva. (Der Kater bleibt bei geschlossener Tür im Wohnzimmer)
Sie gingen durch die Garage in den Garten und hievten die rostigen Kinderfahrräder, für die sie schon längst zu groß geworden waren, aus der hinteren Ecke des Gartens zur Garage. Auf dem Weg fiel Philipp der Komposthaufen von Frau Schuster in den Blick, der direkt am Jägerzaun neben ihrer Terrasse aufgebaut war. Heute morgen hatte Frau Schuster eine frische Ladung von Orangen und Bananenschalen dort ausgeleert – jetzt saßen riesige Krähen auf dem Haufen und pickten in den Resten.
Philipp spürte sofort ein Ziehen in seinem Magen und musste an den schwarzen Vogel denken, den er heute Morgen in den Augen von Elise gesehen hatte. Wie ein Schwindel überkam ihn wieder dieses Gefühl, wie er sich in den Wurm verwandelte und machtlos am Boden kroch.
Am liebsten hätte er laut geschrien: „Nein, das bin ich nicht! Ich werde es euch allen zeigen!“, aber seine Kehle war wie zugeschnürt und er brachte keinen Laut über die Lippen. Er biss seine Zähne fest aufeinander, so dass sein Kiefer knirschte.
Grimmig schob er das lächerlich holpernde Fahrrädchen durch die Garage vor die Haustür, wo Silva schon mit ihrem rosa Rad stand und sich ihre Wollfäustlinge anzog.
„Warte, ich muss noch was erledigen“, sagte er und ging zurück in die Garage.
Tag 11: Ein Katzenleben
Philipp griff entschlossen nach dem grauen Plastikkanister in der Ecke der Garage. Auf dem Regal über dem Gartengrill lag das Gasfeuerzeug mit dem langen Stift. Er steckte es in seine Jackentasche. Auf seinem Weg zum Komposthaufen schwappte die schwere Flüssigkeit im Kanistern und ließ diesen bei jedem Schritt gegen seine rechtes Bein stoßen. Das dumpfe Gluckern aus dem Kanister hörte sich wie ein kehliges Kichern an.
Die Krähen hoben ihre Köpfe. Philipp schritt näher. Sie flatterten krächzend auf. Philipp zog seinen Kopf ein wenig ein, der Flügel eines Tieres streifte sein Ohr. Nun stand er vor dem Komposthaufen. Er stellte den Kanister auf den Boden und schraubte den Deckel auf. Er schaute prüfend in alle Richtungen, aber in keinem der angrenzenden Gärten war ein Mensch zu sehen. Die Schusters waren tagsüber immer arbeiten.
Mit Schwung hievte er den Kanister mit beiden Händen hoch und schüttete die Flüssigkeit mitten auf die braun-gelben Bananenschalen, die Orangenschalen, die Kartoffelschalen, die zerbrochenen Eierschalen und allerlei sonstiges angefaultes Zeug. Der scharfe Benzingeruch drang in seine Nase und ließ ihn Lächeln. Sein Herz schlug schneller.
Langsam, den Moment auskostend, schraubte er den Deckel wieder auf den leeren Kanister. Dann zog er das Feuerzeug aus seiner Jackentasche. Er trat einen Schritt zurück und streckte seinen rechte Arm lang aus. Dann drückte er mit seinem Daumen den Zünder nieder. Nichts passierte. Er drückte noch mal kräftiger. Eine jämmerliche blaue Flammenzunge trat hervor und verschwand. Philipp schüttelte den Stift. Er drückt noch einmal. Langsam. Eine längliche Flamme trat aus der Mündung. Er hielt die Flamme an die feuchten Obstschalen obenauf. Mit einem „wusch“ schlug eine heiße helle Flamme in die Höhe und Philipp sprang unwillkürlich zurück.
Aber der Effekt schien schnell verpufft. Die Flamme trank das Benzin gierig auf und nagte nur zögerlich an den feuchten Fruchtresten. Ein vorsichtiges Glimmen breitete sich auf dem Haufen aus, der nun müde knisterte und wie ein schnaufendes Tier einen dunklen Hauch ausatmete.
„Philipp“, hörte er Elise von vorne rufen. Er warf noch einen letzten, etwas unzufriedenen Blick auf den röchelnden Haufen und rannte zurück in die Garage, stellte den Kanister an seinen alten Platz zurück und zog das Garagentor hinter sich zu.
Was seinem Blick jedoch entgangen war, war der kleine Stapel von Kartons und Zeitungen, der mal wieder nicht in die Mülltonne gepasst hatte, und der in der Terrassenecke unter ihrem Wohnzimmerfenster lag.
Als sie nur noch drei Straßen entfernt waren, brauste ein Feuerwehrauto mit Blaulicht und Sirenen an ihnen vorbei. Silva hielt sich ihre Ohren zu. Die Feuerwehr fuhr in die Richtung, in die sie gingen. Ein Kribbeln begann in Philipps Fingerspitzen, das sich schnell in ihm ausbreitete. Eine Vorahnung. Er beschleunigte seine Schritte.
Sie bogen in den Finkenweg ein und sahen es: Schwarzer Rauch hing in einer dicken Wolke über ihrem Haus und zwei Feuerwehrautos standen davor, jede Menge Feuerwehrmänner in blauen Schutzanzügen und gelben Helmen rannte herum, ein Schlauch wurde ausgerollt. Einige Nachbarn standen auf der Straße, schauten neugierig und sprachen aufgeregt miteinander. Philipp und Silva rannten näher.
Was in den nächsten Stunden geschah, zog an Philipp wie ein hektisch geschnittener Film vorbei. Grelle, überbelichtete Schnappschüsse. Aber es war ein Bild, das sich ihm unauslöschlich einprägte: Der Gesichtsausdruck seines Vaters, nachdem der Chef-Feuerwehrmann ihm den leeren Benzinkanister aus der Garage gezeigt hatte. Der Vater hatte seine Augen zusammen gekniffen, als würde die Sonne ihn blenden und seine Mundwinkel heruntergezogen wie an dem Tag, als sie zusammen die Blätter aus dem verstopften Regenrohr gezogen hatten und der Vater auf einmal mit dem glitschigen Moderhaufen die tote Maus in der Hand hatte.
Für Silva gab es auch ein Bild, das sie niemals vergessen würde: Der dunkel schimmernde Fettfleck auf dem rußigen grünen Sessel, wo der Kater Moritz gelegen hatte.
(Szenenwechsel: Im Haus von Elise. Elise ist ziemlich mitgenommen von ihrem Psychoduell mit Philipp, sie hat wieder roten Hautaussschlag und sie ahnt, dass sie in Philipp etwas Böses entfesselt hat. Elise ist ein Wesen aus einer anderen Welt – ein Geschöpf des Wassers, das mit Schwimmhäuten geboren wurde – und hat übernatürliche Fähigkeiten und so erscheint ihr der Kater im Traum, obwohl sie von dem Vorfall gar nichts weiß)
In dieser Nacht konnte Elise nur schwer Schlaf finden. Ihre Haut glühte, aber noch mehr quälten sie die Worte, die sie auf dem Schulhof von Philipp gehört hatte. Schließlich fiel sie in einen unruhigen Schlaf. Bis etwas sie weckte. Sie setzte sich in ihrem Bett auf und sofort fiel ihr Blick in die Zimmerecke gegenüber. Zwei funkelnde Augen starrten sie aus der Finsternis an. Allmählich gewöhnte sie sich an die Dunkelheit und konnte mehr erkennen. Die schattenhaften Umrisse einer Katze wurden deutlich. Das Tier stand auf allen vier Pfoten, unbeweglich, nur der erhobene Schwanz wippte langsam hin und her, wie das Pendel einer Standuhr. Die Spitze des Schwanzes zog eine kleine Rauchspur hinter sich her, wie bei einer Kerze, die man gerade ausgepustet hat. Die Katzenaugen fixierten Elise. Irgend etwas war seltsam an diesen Augen. Die Pupillen waren schmal und länglich, wie bei allen Katzen. Aber die Farbe war hellblau. So wie die Augen von Philipp.
Elises Herz hämmerte nun hart in ihrer Brust und sie hörte die Schläge als Echo in ihren Ohren. Nun riss die Katze ihr Maul auf, wie zu einem Gähnen. Das Gähnen wurde immer größer, als müsste es den Kiefer des Tieres sprengen. Dann senkte die Katze ihren Kopf in rhythmischen Bewegungen, das Maul immer noch geöffnet. Sie würgte etwas hervor. Etwas kam zum Vorschein, der Kopf der Katze senkte sich über den Boden, Elise konnte nicht sehen, was es war. Dann hob die Katze wieder ihren Kopf. Auf dem Boden vor der Katze lag ein rot-goldener Fisch, der mit Kopf und Flossen abwechseln auf den Boden schlug, als wolle er vor der Katze fliehen.
Mit einem Schrei sprang Elise aus ihrem Bett. Jemand machte Licht im Zimmer. Nana Christa nahm sie in die Arme. Das Nachthemd klebte feucht an Elises rücken.
Voller Entsetzen starrte sie in die Zimmerecke, aber da war nichts mehr.
Tag 15: Stuhlkreis
Elise war nun in der 4. Klasse. An diesem Montagmorgen in November rückten sie ihr Stühle in einen Kreis wie an jedem Montag. Frau Steinbeck stellte die Frage, die von manchen Kindern geliebt und von anderen gefürchtet wurde:
„Wie war denn euer Wochenende?“. Reihum musste jeder erzählen, was er oder sie erlebt hatte.
Katrin legte gleich los und war nicht mehr zu stoppen.
„… und dann habe ich mit der Rückhand den Ball trotzdem noch gekriegt, und dann war wieder gleichstand, und dann hat der Trainer gesagt, ich muss mehr Fußarbeit machen…und dann war Siegerehrung, … und dann hat meine Mutter einen Kuchen gebacken…. und dann hat meine Bruder gesagt, null Problemo…“
Elise saß neben Ingo, der mal wieder auf seinem Stuhl hin und her rutschte und an seinen Fingernägeln kaute. Sie hätte ihm gerne geholfen, aber sie selbst durchstöberte ihren Kopf nach einer brauchbaren Geschichte.
Ingo kam vor ihr dran. Im Sommer vor einem Jahr hatte er mit seinen Eltern einen Ausflug an die Mosel gemacht. Seitdem erzählte er an jedem Montag dieselbe Geschichte:
„Wir sind alle ins Auto gestiegen und zur Mosel gefahren. Da haben wir ein Picknick gemacht. Ich habe ein Würstchen gegessen. Dann bin ich von einem hohen Felsen ins Wasser gesprungen. Als ich im Wasser war, habe ich oben auf dem Felsen den Andreas laufen sehen. Ich habe ihm zugewunken. Dann sind wir wieder nach Hause gefahren“.
Sein Klassenkamerad Andreas war nicht an der Mosel gewesen. Aber das sagte er natürlich keinem.
Elise wurde immer heißer in ihrem Strickpullover, aber ihre Hände fühlten sich klamm an. Sie hätte erzählen können, dass sie mal wieder „Der Kleine Prinz“ auf Französisch gelesen und Tränen vergossen hatte, als der Prinz sich von der Schlange beißen ließ, um zu seiner Rose zurück zu kehren. Oder sie hätte erzählen können, dass sie sich mit ihrem Vater über die Schrecken der Sklaverei unterhalten hatte – Elise war gerade mitten in „Onkel Toms Hütte“ von Harriet Beecher Stowe. Oder sie hätte erzählen können, dass sie eine kleine Schwellung in ihrer rechten Brust entdeckt und sich ziemlich sonderbar gefühlt hatte, bis Nana Christa ihr erklärt hatte, dass dies völlig normal sei und sie nun langsam einen Busen bekommen würde – ach nein, das würde sie vor der Klasse natürlich niemals erzählen, schon bei dem Gedanken daran wurden ihre Wangen ganz heiß. Oder sie hätte erzählen können, wie sie mit ihren Holzpuppen gespielt hatte, es käme eine Sturmflut und ihr Bett sei das einzige Boot auf der Welt und wie sie sich alle darin zusammen gekauert hatten – aber das war bestimmt zu kindisch. Oder sie hätte erzählen können, dass sie letzte Nacht diese wunderbare Melodie aus dem Nebel der Heide hinter ihrem Garten gehört hatte. Nein, all das konnte sie auf keinen Fall erzählen.
Elise holte tief Luft. Sie wünschte, sie hätte auch eine Geschichte für jeden Montag, so wie Ingo. Aber das würde zu sehr auffallen. Deshalb musste sie sich jeden Montag etwas Neues ausdenken.
„Ich war am Samstag mit meinen Großtanten einkaufen. Danach habe ich beim Kuchenbacken geholfen (Mist, das hatte doch gerade Katrin schon erzählt, oder?). Dann haben wir abends alle zusammen „Verstehen sie Spaß“ geguckt (gut, dass ich das Fernsehprogramm studiert habe). Am Sonntag habe ich Hausaufgaben gemacht (Streberin).“
Elise sah, wie Rita und Linda miteinander tuschelten und dabei auffällig unauffällig zu Elise herüber guckten. Zum Glück war jetzt Andreas an der Reihe. Andreas hatte auch eine Strategie. Er las am liebsten Comics und auch die Pumuckl-Hefte und konnte sich sehr gut Witze und Rätsel merken.
„Ich habe einen lustigen Witz gelesen“, begann er wie üblich.
„Was schrie der Luftballon als letztes, bevor er zerplatzte?“, fragte Andreas unbekümmert in die Runde.
„Achtung, Kaktus!“, rief Dennis triumphierend. Auch er hatte die Pumuckl-Hefte abonniert. Andreas lächelte großzügig und nickte.
„Sag noch einen“, forderte ihn jetzt Michael auf.
„Aber nicht vorsagen, Dennis. Wir wollen auch mitraten“, mischte sich nun auch André ein.
Andreas strahlte über beide Backen.
„Okay. Was hat keine Füße und läuft trotzdem?“, gab Andreas auf.
„Die Nase“, rief Rita und rümpfte dabei ihre eigene.
„Richtig“, verkündet Andreas im besten Showmaster-Stil. Aber Elise wusste schon, dass er sich das beste Rätsel immer bis zum Schluss aufhob.
„Noch eins“, rief wieder Dennis.
„Okay. Das ist dann aber das Letzte“, sagte Andreas. Frau Steinbeck nickte milde. Sie kannte das Ritual genauso gut.
„Wo macht ein Skelett Urlaub?“, fragte Andreas in die Runde. Ein Tuscheln und Raunen setzte ein. Dieses Rätsel stammte nicht aus dem Pumuckl.
„Sag“, forderten seine Mitschüler Andreas nun gespannt auf. Andreas kostete den Moment aus. Dann sagte er mit perfektem Timing:
„Im Toten Meer“. Die ganze Klasse lachte. Selbst Elise und Ingo.
