“Silvester – niemand will mich haben,”
flüstert die Stille mit gesenktem Kopf,
“verschmäht werden meine Gaben,
überflüssig bin ich wie ein Kropf.”
“Heute lassen wir es krachen,”
ruft ein Mensch mit schweren Tüten
“Feiern, saufen, grölen, lachen,
vor der Stille muss man sich hüten.”
Im Supermarkt greifen gierige Hände
nach Chinaböllern und Raketen,
zittern sollen Ohren und Wände,
wir verballern maßlos lose Moneten.
Vorsätze fassen und zum Lidl hasten,
fehlt noch der Käse zum Fondue.
Nen Kasten Bier ist nix zum Fasten.
Gute Stimmung gegen böse Geister hollerhü.
“Hört mich denn keiner, wenigstens einer?”,
säuselt die Stille und hebt ihren Blick.
Knall – ha ha – da jault ein Vierbeiner.
“Rutschen wir rein mit Wumm im Genick!”
Glanz und Getöse erhellen das Firmament
zwischen blassen Sternen und Mond im Wolkenkleid.
“Verschwinden will ich bis mich einer erkennt,”
sagt die Stille und niemand hört ihr Leid.
Grauer Kater schleicht im Morgendunst.
Blei im Kopf und in den Gliedern.
Im neuen Jahr wird alles Kunst.
Singen neue Texte zu alten Liedern.
Vögel schweigen – haben Tinnitus,
Hunde kläffen, Herrchen schnarcht,
Tellerstapel in der Spüle, Tiefstand im Spiritus,
Straßen tragen Schlachtfeldtracht.
Gähnen, recken, strecken Finger nach den Tasten:
TV, Radio und Phone – PLAY ON – PLAY ON.
“Pfeifen wir auf Ohrensausen, wozu rasten?”,
ruft ein Mensch, gegen Zweifel hilft der Ton.
“Frohes Neues”, hallt es aus vielen Mündern.
Was heißt das? Schon verklungen und vergessen.
Im Schall müssen sie keine Gedanken plündern.
Abseits wandert die Stille ohne Rückkehradressen.
“Ach, wäre doch nur einmal STILLvester!”