Am Tag 26 im National Novel Writing Month – Auf einer Kitschwelle ins Ziel

Heute ist Tag 26 und ich bin auf der Zielgeraden! Gestern kurz vor Mitternacht habe ich die 45.992 Wörter voll geschrieben. Also nur noch 4.008 Wörter (sagt mein treuer Freund der Taschenrechner) bis ins Ziel am Freitag. Zum Glück bin ich seit meinem letzten Blogeintrag vor zwei Wochen besser in den Schreibfluss gekommen und musste mich nicht mehr ganz so stark antreiben – obwohl das Wörterpensum jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung ist.

Alle Höhepunkte meiner Geschichte sind erzählt. Natasha und Robert haben sich aus dem Aufzug befreit, in dem sie zusammen feststeckten – dabei gab es Wortduelle und körperliche Annäherung (okay, “Räuberleiter” ist jetzt nicht der Inbegriff von Erotik, aber immerhin). In ihren Szenen sind die Widersacher – der unsympathische Personaler Waidemann und Roberts diktatorischer Chef Herr von Auerstedt zwar aufgetreten – aber eher als zahnlose Tiger. Hollywood Bösewichter gehen anders…

Die Millionärsgattin Gabriele, die den Stromausfall genutzt hat, um ein Dessous zu stehlen, wurde im Parkhaus vom 17-jährigen Fahrradkurier Yul (und Gelegenheitsdrogendealer) gestellt und erpresst. Später sind sie sich im Rothschildpark schicksalhaft ein zweites Mal begegnet – dieses Mal in umgedrehtem Machtverhältnis – Blut und Tränen sind gelaufen.

Jetzt bleibt mir nur noch, das rührselige Finale für mein Liebespaar zu schreiben – Kitsch-Alarm!

Eigentlich ist Jane Austen mein großes Vorbild in romantischer Romanliebe, aber ich fürchte, mein Paar hatte zu wenige Hindernisse auf dem Weg zum Happy End. Ich habe den Verdacht, bei mir klingt es mehr nach Rosamunde Pilcher, wo man schon von der ersten Sekunde an weiß, wer zusammen kommt. Aber da Millionen von Leserinnen zu Pilcher geseufzt haben, ist das Strickmuster vielleicht nicht das Schlechteste.

Bei Gabriele und Yul schwebt mir für den Ausklang vor, dass sie durch ihre Begegnung verändert und geläutert sind. Noch mehr gefühliges Pathos.

Meine größte Sorge ist, dass ich nicht mehr genug Stoff habe und spätesten am Mittwoch alles überdeutlich ausgewalzt und nichts mehr zu erzählen habe. Wie fülle ich bloß die Seiten? Immerhin bleibt mir noch meine Nebenfigur, der Wiener Herr im weißen Anzug, der Briefe an seine “Geliebte Claudette” schreibt. Den hatte ich in letzter Zeit links liegen bzw. in der U-Bahn feststecken lassen, kurz vor dem Zoo – vielleicht kann ich noch einen Raubtierangriff einbauen für ein bisschen mehr Spannung oder wenigstens ein possierliches Tierchen durch die Szenerie hüpfen lassen. Ihm kann ich noch einen Schreibtag widmen.

Außerdem habe ich eine Rubrik “Aus dem Äther” – Mikrogeschichten aus den Nachrichten, die sich die Leute schicken. Diese habe ich immer mal zwischen den Kapiteln geschrieben, wenn ich einen “Kater” von einer dramatischen Szene hatte und mich zu nichts Neuem aufraffen konnte.

Heute Abend tippe ich also weiter auf der Tränendrüse herum.

 

 

 

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7 Antworten auf „Am Tag 26 im National Novel Writing Month – Auf einer Kitschwelle ins Ziel“

  1. Liebe Ulrike,
    ja, drück noch mal ordentlich auf die Wort-Tränendrüse, wenn es passt, es ist deine Geschichte und wenn ich die beiden Ausschnitte und den dritten Crossover-Ausschnitt lese, will ich sehr , sehr, sehr gerne mehr, mehr, mehr davon lesen.
    Du kannst mächtig stolz auf diese Schreibleistung sein. Und Endspurt kling gut, meinen starte ich auch heute Abend wieder, habe gestern eine Schreibpause eingelegt, weil ich Sonntag vorgeschrieben habe …
    Bis im Ziele, liebe Ulrike,
    bis Freitag,
    Mia

    1. Vielen Dank für deine ermutigenden Worte, liebe Mia! 🙂 Deine Schreibpause hast du dir verdient – heute Abend geht es bestimmt rasant weiter mit Roland, Scrabbie und allen anderen. Das Ziel winkt. Wir sehen uns dort! 🙂 Mag mich gar nicht verabschieden von meinen liebgewonnen Figuren.

  2. Liebe Ulrike,
    ich hätte auch gern mehr,mehr, mehr und noch viel mehr zum lesen. Es ist alles so lebendig beschrieben, dass ich am liebsten in der Geschichte mitmischen und dem Waidmann gern mal ordentlich die Meinung sagen würde. Es ist überhaupt ganz spannend, dass die Geschichte sozusagen in “meiner”Stadt spielt. Wenn dann die U 4 im Tunnel steckt, weiß ich wovon Du redest. Also, bitte, bitte weiter schreiben!!! Ich finde es so toll, dass Du bis zur Zielgeraden durchgehalten hast und den Rest schaffst Du jetzt auch locker.
    Liebe Grüße
    Anne

    1. Vielen Dank liebe Anne! 🙂 Beim Schreiben bekomme ich richtig Lust auf Frankfurt. Wenn ich das nächste Mal dort bin, möchte ich unbedingt in den Rothschildpark (die Fake-Ruine und den Kreis der Statuen bestaunen) – vielleicht spazieren wir dort ja mal zusammen. In den EZB-Tower kommt man nur mit Voranmeldung im Rahmen einer Besichtigung – versuchen kann ich es ja mal. Bei meiner Romanrecherche musste ich mich mit Fotos und Ausstattungsbeschreibungen begnügen.

  3. Hi Ulrike, es ist super, wie du in den Schreibfluss gekommen bist (ohne dich so stark antreiben zu müssen), gratuliere zu dem stattlichen Textpensum. Inhaltlich schreibst du ja immer in hoher Qualität. Außerdem mag ich Kitsch gerne (wie auch eine große Leserschaft, das kann ein Bestseller werden), auch dieses Genre will gekonnt sein!
    Die Szene mit den Progatonisten nach dem Ausklettern aus dem Fahrstuhl finde ich sehr prägnant und menschlich sehr realistisch, die Personen sind lebendig protraitiert.
    Ich bin auch gespannt auf die Story mit der Millionärsgattin Gabriele und dem Fahrradkurier Yul! Das klingt nach einem originellen und spannungsgeladenem Setting.
    Die Idee mit den “Storys aus dem Äther” finde ich sehr gut, diese “Fragmente” zeichnen ein facettenreiches Bild, wie verschiedene Akteure den Stromausfall erleben.
    Ich freue mich jetzt schon, demnächst den ganzen Roman zu lesen!!! LG Dorit

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