Supermom oder Rabenmutter? Die Mutterrolle im Roman

Wie sieht die Mutterrolle in Büchern aus? Als ich darüber nachgedacht habe, welche Rolle die Mutterschaft in meinen bisher fünf Romanen spielt, war ich selbst erstaunt, wie zentral diese ist.

Was eigentlich nicht verwundern sollte, denn die Mutter spielt im Leben eines jeden Menschen eine prägende Rolle. Sie schenkt einem das Leben, nährt, beschützt und bestraft ihr Kind. In der Literatur wird die Mutter oft in Extremen geschildert: Wer kennt nicht die böse Stiefmutter aus der Märchenwelt, das „Schwiegermonster“ und die „Rabenmutter“?

Oder die Mutter wird als Glucke, „Supermom“ oder Heilige in ihrer Aufopferung porträtiert. Dabei denke ich zum Beispiel an Fantine in „Die Elenden“ von Victor Hugo, die als ledige Mutter für den Unterhalt von Töchterchen Cosette zuerst ihre Haare abschneidet, dann ihre Zähne ziehen lässt und zuletzt ihren ganzen Körper in der Prostitution verkauft und schließlich ausgelaugt stirbt.

Ich liebe die peinliche Mutter von Elizabeth Bennet in „Pride and Prejudice“ (dt. „Stolz und Vorurteil“) von Jane Austen. Sie ist eine herrlich komische Figur, die ihre Tochter gehörig in Verlegenheit bringt und auch einen Bremsklotz für ihr Liebesglück darstellt, denn Mr. Darcy ist wegen dieser Mutter zunächst abgeschreckt und nimmt sie schließlich nur zähneknirschend in Kauf bei seinem Heiratsantrag.

Kennst du den Film „Meine liebe Rabenmutter“ (1981) mit Faye Dunaway als eitle und cholerische Hollywood Diva Joan Crawford? Der Film basiert auf der Autobiografie ihre Tochter Christina: „Mommy dearest“ und hat bei ihrem Erscheinen ein mediales Beben in den USA ausgelöst, weil das perfekte Image des MGM Stars des Goldenen Hollywoods erstmals Risse bekam. Ich habe diesen Film als Teenager mit meinen Schwestern unzählige Male angeschaut und war fasziniert und abgestoßen von der psychischen Gewalt, die die Mutter gegenüber der Adoptivtochter ausübt (z.B. Machtkampf, ob Christina ein Stück blutiges Fleisch aufessen muss), bis hin zu einer drastischen Szene, in der Mutter Crawford ihre Tochter mit einem Drahtbügel verprügelt (auch optisch hexenhaft mit weißem Puder im Gesicht). Am Ende des Film gelingt es der Tochter allerdings, ihrer Mutter all die seelischen und körperlichen Verletzungen zu vergeben (obwohl sie sogar im Testament enterbt wird). Das hat mich an diesem Film sehr bewegt und beschäftigt.

Die Realität des Mutterdaseins liegt sicherlich zwischen diesen Polen – ich denke, jede Mutter möchte das Beste für ihr Kind, was aber im Resultat nicht immer optimal ist. Hierbei wird die Mutter ständig von allen Seiten beäugt und bewertet: Tut sie zu viel, zu wenig oder das Falsche?

Das alles macht die Figur der Mutter für mich sehr reizvoll beim Schreiben. Ich versuche stets, sie als vielschichtige Figur zu zeichnen, die ständig mit sich ringt und in dem Spannungsfeld zwischen Selbstverwirklichung und Aufopferung steht.

So wird meine Protagonistin Johanna in „Im Takt ihrer Träume“ (Wien 1925) von ihrer Schwangerschaft überrumpelt und muss sich zwischen Kind und Karriere entscheiden – oder gibt es vielleicht doch einen Mittelweg?

Die 25-jährige Caroline Mikkelsen in „Das Lachen der Pinguine“ muss lernen, sich von ihrer dominanten Mutter abzugrenzen und ihre eigenen Wünsche gegenüber der Fremdbestimmung durchzusetzen.

Isa in „Das kleine Kräutercafé“ ist alleinerziehende Mutter des risikofreudigen Teenagers Yul. Sie muss erfahren, was es heißt, loszulassen und sein Kind seine eigenen Fehler machen zu lassen.

Welche Mütter aus Büchern sind dir besonders in Erinnerung geblieben – als Vorbild, Hassfigur oder Nervensäge?

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