Welche Rolle spielt der Perfektionismus beim Schreiben eines Romans?

Für mich als Autorin bedeutet Perfektionismus beim Schreiben nicht, ein makelloses und fehlerfreies Endprodukt (das gedruckte Buch) zu produzieren.

Perfektion ist für mich ein Ideal, nach dem ich strebe, es aber niemals erreichen werde. Vielmehr kommt es auf das unermüdliche Anstreben dieses Zieles an.

Perfektionismus beim Schreiben und Überarbeiten

Beim Schreiben und Überarbeiten eines Manuskripts richtet sich mein Streben also darauf, das Bestmögliche aus meiner Geschichte und dem Sprachmaterial herauszuholen. Das erfordert einen großen Einsatz, ich muss mir meinen Text immer wieder vornehmen und daran schleifen – an der Dramaturgie, der emotionalen Entwicklung der Figuren und nicht zuletzt an der Sprache – hier könnte man wirklich unendlich weitermachen, denn ein Text lässt sich sprachlich immer wieder umformen.

Bei meinen beiden historischen Romanen „Das Lachen der Pinguine“ und „Im Takt ihrer Träume“ habe ich das jeweilige Manuskript zuerst in der Rohfassung geschrieben, dann nach Feedback einer Testleserin zwei Mal überarbeitet und schließlich an meinen Verlag Tinte & Feder gegeben. Dort habe ich zwei Lektoratsrunden (zuerst Inhalt, dann Stil) und zwei Korrektoratsrunden durchlaufen. Also habe ich einen Text von rund 500 Seiten (ca. 110.000 Wörtern) rund sieben Mal durchgearbeitet. Damit einem hierbei nicht die Puste ausgeht, ist der Wunsch nach Perfektion für mich ein wichtiger Motor.

Ich kann jedoch sagen, dass mir dieser Prozess viel Freude bereitet. Es ist zwar anstrengend, aber gleichzeitig auch ein schönes Gefühl, wenn ich währenddessen und am Ende immer den Eindruck habe, eine Verbesserung erzielt zu haben – wobei dies natürlich immer subjektiv ist: Was möchte ich als Autorin ausdrücken? Habe ich alle Tiefen und Möglichkeiten ausgeschöpft? Am Ende dieses Prozesses steht idealerweise ein Buch, mit dem ich selbst vollständig zufrieden bin.

Dann ist der Zeitpunkt gekommen, einen Text loszulassen und in die Welt zu entlassen. Ob und wie der Roman dann der individuellen Leser:in gefällt, ist höchst unterschiedlich und liegt auch außerhalb meines Einflussbereichs.

Wichtig für meinen inneren Frieden ist, insbesondere, wenn ich auch Kritik für mein Buch einstecken muss, dass ich selbst im Reinen damit bin, weil ich weiß, dass ich das (für mein Empfinden) Bestmögliche herausgeholt habe.

Fehler nach der Veröffentlichung gefunden

Auch nach Veröffentlichung eines Buches kommt es vor, dass mir Lesende einen Fehler melden, den sie im Buch entdeckt haben.

Dass es fast unmöglich ist, ein formal (Rechtschreibung und Grammatik) perfektes Buch zu veröffentlichen, habe ich kürzlich erst wieder gemerkt. Einen Monat nach Veröffentlichung hat mir eine Leserin den folgenden Tippfehler gemeldet:

Finde den Fehler: »Zu Feier des Tages lade ich dich ins Kaffeehaus ein«, verkündete Johanna.

Da frage ich mich: Wie kann das bloß sein, wo doch zwei Lektorinnen, zwei Korrektorinnen und ich das Manuskript so gründlich durchleuchtet haben? Menschen arbeiten eben nicht perfekt (Rechtschreibsoftware noch weniger). Hier ist es an der Zeit, andere Stimmen meiner Autorin-Persönlichkeit zu aktivieren:

Die Gelassenen und die Großzügige: „Let it be“, singen sie mir zu. „Okay, Fehler passieren“, gibt die Perfektionistin seufzend zu.

Was macht ein „perfektes“ Buch für Sie bzw.  dich als Lesende/r aus?

Süße Romanrecherche in der Backstube

Heute war ich zur Romanrecherche in der Backstube von „Tigertörtchen“ in Berlin im Scheunenviertel. Dort durfte ich den drei gutgelaunten Konditorinnen beim Zaubern von Cupcakes und Torten über die Schultern schauen.

In meiner Contemporary Romance-Reihe rund um ein grünes Café in der Mainmetropole steht in Band 2 eine Konditorin im Mittelpunkt, die zuerst ihre Meisterprüfung bestehen muss und im Finale bei der Deutschen Konditorenmeisterschaft um den Titel backt. Hierfür habe ich in den letzten Monaten schon einiges multimedial recherchiert, aber das Erlebnis heute in der Backstube hat noch eine andere Qualität.

Als ich Langschläferin um 11 Uhr in die Backstube komme, sind die Konditorinnen schon seit 6 Uhr in der Frühe bei der Arbeit und haben über 1.000 Cupcakes in 12 unterschiedlichen Varianten gebacken und dekoriert.

Alles steht auf Tabletts auf einem riesigen Tisch und wird nun mit fliegenden Händen in Kartons verpackt – eine Lieferung geht an eine große Firma raus, ein anderer Teil wird vom Chef Stefan in die Filiale im Nikolaiviertel transportiert. Kurz darauf sind alle farbenfrohen Cupcakes verpackt und verstaut oder auch das eine oder andere in meinem Mund zur schriftstellerischen Verkostung gelandet – auf jeden Fall Gedicht-würdig.

Nun machen sich die drei an die Herstellung von Tortenböden. Es ist Hochzeitssaison und bis zum Wochenende müssen fast ein Dutzend Spezialbestellungen fertig sein. Die erste Konditorin wiegt ab und mischt im Akkord die einzelnen Komponenten an: 1. Zucker und Eiklar erwärmt und dann in der Maschine schaumig geschlagen, 2. Mehl und Kakao, 3. Butter verflüssigen.

Die zweite Konditorin bekommt diese 3 Schüsseln angereicht und vermengt alles per Hand in einer großen Schüssel und verteilt den flüssigen Teig „Wiener Art“ in die Ringformen in unterschiedlichen Größen. Innerhalb von einer Stunde entstehen so ein gutes Dutzend Tortenböden.

Die dritte Konditorin bereitet in dieser Zeit die Tortenfüllungen zu, z.B. Himbeere- und Maracuja-Gelees, Buttercreme und Schokolade mit Cornflakes-Crunch.

Beim Backen kommen alle Sinne zum Einsatz: Wenn die Konditormeisterin prüft, ob der Teig schon fertig gebacken ist, drückt sie von oben auf die Kruste, die leicht nachgibt und sich dann wieder hebt und je nach Geräusch (ein leichtes Knistern) erkennt sie, ob der Teig schon durchgebacken ist.

Auch staune ich darüber, wie perfekt in dieser Backstube alles angeordnet ist: Jede Zutat hat seine eigene Schublade oder Behältnis und ist in rauen Mengen vorhanden.

In der letzten Stunde vor Feierabend um 14 Uhr machen sich die Konditorinnen an die filigrane Arbeit der Dekorationsstücke. Unter geschickten Handbewegungen entstehen Blatt für Blatt romantische Rosenblüten aus weißem Fondant.

Ihre Kollegin ist für die Fantasy und Sciene-Fiction-Deko zuständig und modelliert und bemalt die Maske von Spiderman, einen Harry-Potter-Zauberstab und ein Star-Wars-Spaceship.

So ist ein halber Tag in der Backstube wie im Fluge vorbei. Nicht nur duftet mein Haar immer noch köstlich nach Kuchen, sondern ich konnte staunend miterleben, wie gut abgestimmt alle Arbeitsschritte beim Backen sind und wie wichtig Teamwork ist.

Allerdings spüre ich schon meine Füße und den Rücken, denn man muss die ganze Zeit über stehen, was das zu einem körperlich anstrengenden Beruf macht.

Ich bin jedenfalls voller Respekt für die facettenreiche Arbeit der Konditorinnen, die dabei so fröhlich und kollegial miteinander umgegangen sind und meine vielen Fragen mit viel Geduld beantwortet haben. Vielen Dank an euch und an den Tigertörtchen-Inhaber Stefan, der mich in seine Backstube eingeladen hat!

Wenn ihr mal in Berlin seid, wisst ihr nun, wo es besonders leckere Cupcakes gibt.

Diese drei Tigertörtchen habe ich mir daheim schmecken lassen.

„Schreiben ist ein Kinderspiel“ – meine Anfänge als Schriftstellerin

„Schreiben ist ein Kinderspiel!“ Ja, für mich schon, denn mit dem Spielen als Kind habe ich begonnen, mir selbst und anderen Geschichten zu erzählen.

Meine Playmobilfiguren waren hierbei meine wichtigsten Instrumente. Meine Schwestern und ich hatten ein eigenes Zimmer, das nur unseren Playmos gewidmet war.

Jede hatte ein Grundstück mit Haupthaus (großes Puppenhaus), wo die „Hauptfamilie“ gewohnt hat. Dann gab es noch ein Dorf mit kleineren Häusern für die „Nebenfamilien“.

Das Schreiben kam erstmalig zum Einsatz, wenn ich Namenslisten für meine Großfamilie geschrieben habe. Jedes der 14 Kinder hatte natürlich ein eigenes Pferd, so dass auch alle Tiere auf meinem Hof einen Namen bekommen haben.

Das ist die Liste meiner Schwester Dorit. Meine war so ähnlich, ist aber leider verloren gegangen.

Wie ihr alle wisst, ist die Namensgebung für eine Romanfigur der erste Schritt, dieser ihren Charakter zu geben. Meine Figuren hatten auch ganz bestimmte Rollen im gesellschaftlichen Gefüge zu erfüllen. Total niedlich ist diese Job-Beschreibung für eine Zofe.

Im Urlaub musste ich mir dann Ersatzspielzeug suchen. Voller Hingabe habe ich stundenlang mit den Doppelkopfkarten „Verlobungsball“ gespielt. Die Damen waren die schönen Prinzessinnen (die Karodame die kupplerische Mutter) und die Könige und Buben haben sie umworben.

Hier eine nachgestellte Ball-Szene: Oben das Elternpaar, das über die Brautwerbung wacht. Die drei schönen Töchter sind umringt von Heiratskandidaten. Die Pik-Dame findet den schneidigen Karo-Buben viel attraktiver, als den selbstgefälligen Kreuz-König im Hermelin und mit roter Trinkernase.

Vorlage waren hierbei die Sisi-Filmen mit Romy Schneider, die ich unzählige Male mit meinen Schwestern angeschaut habe.

Drei Prinzessinnen im Schnee.

Inspiration für meine Spiele haben natürlich einige Filme, aber vor allem Bücher geliefert, denn ich war eine leidenschaftliche Leserin.

Im Skiurlaub mit meinen Schwestern – wir sind ganz versunken ins Lesen.

Sobald ich schreiben konnte, habe ich meine Fantasie auch auf dem Papier ausgelebt. Deutsch war immer mein Lieblingsfach und ich bin ganz darin aufgegangen, Aufsätze und zu schreiben und Literatur zu interpretieren.

Mein Aufsatz: „Ein Hund als Lebensretter“ aus der dritten Klasse.

Ein „Meilenstein“ in meiner jungen Schriftstellerin-Laufbahn (als 12-Jährige) war sicherlich die Bühnenadaption von Agatha Christies „Tod auf dem Nil“: Zusammen mit meiner Zwillingsschwester Dorit  habe ich zum 11. Geburtstag unserer jüngeren Schwester mit allen Geburtstagsgästen (Kindern) ein komplettes Theaterstück auf die Wohnzimmerbühne gebracht: Mit Bühnenbild und mondänen Kostümen. Hierzu haben wir den Kleiderschrank unserer Eltern geplündert.

Hier bei der Regiebesprechung.

Wir haben die Regie übernommen und auch selbst mitgespielt – und natürlich für jede Rolle den Bühnentext geschrieben. Es gibt ein Video von dieser legendären Inszenierung.

Szene: Jacqueline de Bellefort (links) trifft auf dem Schiff auf ihren früheren Verlobten Simon Doyle mit seiner Frau Linnet (ich in der Mitte mit Schirm) – ihre beste Freundin, die ihr den Mann ausgespannt hat. Eifersucht und Rachegelüste liegen in der Luft.
Ich als die verwöhnte Linette (man beachte die Ohrringe und den Goldarmreif), die sich alles nimmt, was sie begehrt. Dafür wird sie später das Mordopfer.
Dorit als gutgekleideter und dinstinguierter HERCULE POIROT.
Das Geburtstagskind Evelyn in ihrer zweiten schillernden Rolle: Salome Otterbourne. Hier liest die exzentrische Autorin (leicht angetrunken) Hercule Poirot aus ihrem erotischen Roman vor – der sich peinlich berührt davon schleichen will.

Für mich gibt es nichts Schöneres, als meine Geschichten mit anderen zu entwickeln und zu teilen und – wie in meiner Kindheit – auch gemeinsam durch das Theaterspielen zum Leben zu erwecken. Das erste kreative Netzwerk waren also meine Schwestern Dorit und Evelyn – meine liebsten und besten Spielgefährtinnen.

In meiner Jugend kamen noch meine kleinen Schwestern dazu, die bereitwillig alle Rollen in unserer Inszenierungen der Weihnachtsgeschichte oder von „Der kleine Prinz“ übernommen haben. Davon erzähle ich euch das nächste Mal mehr.

Kannst du dich noch an die Lieblingsspiele aus deiner Kindheit erinnern?

Wenn du auch schreibst: Welche Rolle nimmt das Spielen für dich auf dem Weg zur Schriftstellerin ein?

Eine literarische Agentur finden – der erste Schritt zur Veröffentlichung in einem Publikumsverlag

Ist nun endlich der Moment gekommen, an dem du dein Manuskript in die Welt hinaus schicken kannst – dein „Baby“, an dem du Monate, ja Jahre lang gebrütet, geschrieben und gefeilt hast?

Dann musst du zunächst eine grundsätzliche Frage für dich klären: In welchem Verlag soll dein Roman erscheinen? Hier sollten Wunsch und Wirklichkeit nicht zu weit auseinander klaffen. Eine realistische Einschätzung ist für diese wichtige Weichenstellung nötig.

Die erste Weichenstellung: In welchen Verlag passt dein Manuskript

Handelt es sich bei deinem Roman um Unterhaltungsliteratur (Belletristik)? In welchem Genre ist es anzusiedeln? Eine Übersicht der gängigen Genres findest du hier.

Die großen Publikumsverlage bedienen meist die gängigen Genres wie Krimi, Thriller, Science-Fiction, Historischer Roman und Liebesroman, manchmal auch Fantasy.

Diese „Big Player“ sind PENGUIN RANDOM HOUSE VERLAGSGRUPPE (dazu gehören u.a.: GOLDMANN, HEYNE, BLANVALET, DIANA), HARPERCOLLINS, ULLSTEIN, DROEMER, FISCHER, ROWOHLT, AUFBAU, PIPER, LÜBBE, PENGUIN, DTV. Diese Verlage haben meist noch diverse Imprints, d.h. Unterverlage mit eigenem Namen und oft spezifischer Zielgruppe (z.B. „Eichborn“ gehört zu Lübbe und steht für eher Anspruchsvolles).

Fantasy-Romane findet man z.B. auch bei RAVENSBURGER (Fantasy und Science-Fiction, Jugendbücher) und CARLSEN (Kinder- und Jugendbuch).

Am besten du schaust mal bei deinen Lieblingsromanen und literarischen Vorbildern nach, in welchen Verlagen diese Bücher erscheinen. Wenn dein Manuskript vom Inhalt und Stil vergleichbar ist, dann könnten diese Verlage die richtige Adresse für dich sein.

Oder handelt es sich bei deiner Geschichte um ein (literarisches) Werk, das in keine Schublade passt und eher eine Nische braucht? Also „Arthouse“ anstelle von „Blockbuster“? Kaviar statt Popcorn?

Dann sind wahrscheinlich kleine Independent-Verlage die Richtigen für dich. Wie du dein Manuskript bei einem Indi-Verlag am besten vorstellst, erfährst du in diesem Blogbeitrag.

Wenn du zum Ergebnis kommst, dass dein Roman ein „Blockbuster“ ist und am besten in einen der großen Publikumsverlage passt, dann führt der einzige realistische Weg dorthin über eine literarische Agentur.

Ohne eine Agentur landet dein Werk in den Stapeln unverlangt eingesandter Manuskripte, die sich bei den großen Verlagen türmen und die von Praktikanten im Eiltempo abgearbeitet werden, wenn überhaupt.

Die Agenturen jedoch sind die Türsteherinnen ins gelobte Bücherland, sie kennen die magische Kombination (bestehend aus Insiderwissen, Connections und cleverer Verkaufsstrategie), die die Tresortür des Verlags öffnen kann.

Wenn dein Romanprojekt (in Form von Exposé und Leseprobe) von einer Agentur beim Verlagslektorat vorgestellt und angepriesen wird, steigen die Chancen, dass es gelesen und in Betracht gezogen wird. Eine Garantie gibt es natürlich nicht, aber du hast auch nichts zu verlieren, denn eine seriösen Agentur geht für dich in Vorleistung und die Provision fällt nur dann an, wenn ein Verlagsvertrag zustande kommt.

Einen Agenturvertrag zu bekommen ist also die erste Hürde, die allerdings auch schon ziemlich hoch liegt. Auch hier musst du dich gegenüber von hunderten anderen Einsendungen durchsetzen. Nicht nur die Qualität deines Textes muss überzeugen, sondern auch die professionelle Präsentation (hierzu später mehr).

Welche Agentur passt zu dir?

Der erste Schritt ist, die Agenturen auszuwählen, die zu deinem Manuskript und dir als Autor:in passen. Hier findest du eine Liste aller Agenturen in Deutschland. Alternativ kannst du dir auch auf dieser Seite von Petra Schier einen Überblick verschaffen (hier werden nur die seriösen Agenturen aufgeführt – die Ertellerin ist Vorstand der Autor:innen-Vereinigung DELIA und lässt die Erfahrungen der Mitglieder hier einfließen).

Diese große Auswahl ist zugleich tröstlich wie erschlagend. Welche Agentur sollst du am besten zuerst anschreiben? Die in deiner Nähe? Vielleicht auf Empfehlung von anderen Autor:innen?

Auch bei den Agenturen gibt es große Unterschiede: Es gibt solche mit langer Tradition & Einfluss, die nur Preisträger:innen aufnehmen (z.B. Graf & Graf in Berlin), als Debütautor:in kannst du dir das gleich sparen, du hast dort keine Chance.

Groß und geschäftstüchtig sind auch Agenturen, die mehr als einen Sitz haben, z.B. die Agentur Thomas Schlück (Hannover und München). Der Nachteil solcher Agenturen ist, dass du als Autor:in dort evtl. nicht so individuell betreut wirst, wie bei einer kleinen Agentur, und dass deren Fokus ausschließlich auf den „Big Playern“ liegt und sie nicht für dich bei den kleinen Verlagen anklopfen gehen (weil dort der Vorschuss und somit auch die Provision zu gering für sie ist).

Dann gibt es die ganz kleinen „Dynamischen“, die angeblich auch Neulingen eine Chance geben, dafür ist ihre Provision höher (20 %; obwohl auch die „Großen“, die früher 15 % genommen haben, wegen Corona-Flaute auf diesen Prozentsatz aufgestockt haben) und ihre Vermittlungsquote (vermutlich) geringer.

Jede Agentur hat jedoch eine bestimmte Ausrichtung und auch bestimmte Verlage (Lektor:innen), mit denen sie besonders gut zusammenarbeiten. Das erfährst du, wenn du dich durch die jeweilige Homepage klickst und dir anschaust, welche Sorte Romane sie an welche Verlage vermittelt haben. Das ist Fleißarbeit, aber sehr erhellend.

Ich rate dir an dieser Stelle, eine Tabelle anzulegen, in der du jede Agentur einträgst, die du dir angesehen hast und dir Notizen machst: Welche Romane ähneln dem deinen, an welche Verlage vermitteln sie, wie groß ist die Agentur und wie zusammengesetzt – oft stellen sie sich mit ihrem Team vor. Wenn du z.B. einen Frauenroman geschrieben hast, ist natürlich eine Agentur mit vielen Frauen im Team (und in der Leitung) zu bevorzugen, anstelle von einem reinen Herrenclub.

Du kannst aber auch sprichwörtlich „Das Pferd von hinten aufzäumen“ und von deinem Wunschverlag die Spur rückwärts verfolgen über eine Autorin zur Agentur.

Wenn du zum Beispiel Young-Adult-Fantasy schreibst und im Fischer Verlag landen willst, dann stößt du dort auf die Silber-Trilogie von Kirsten Gier und findest auf deren Homepage ihre Agentur: Die Buchagenten Petra Hermanns und Christiane Düring in Frankfurt.

Nun hast du einige passende Agenturen gefunden. Ich empfehle nun, deine drei Favoriten auszuwählen und diese anzuschreiben. Wenn eine Agentur Interesse hat, meldet sie sich in der Regel innerhalb von 2-4 Wochen bei dir (manchmal dauert die Prüfung auch länger) und fordert das Gesamtmanuskript an. Damit sich deine Suche nicht über Jahre hinzieht, solltest du dir viele Chancen schaffen, z.B. jeden Monat drei „Bewerbungen“ verschicken.

Was erwartet die anzuschreibende Agentur von dir

Schau dir die Homepage der Agentur genau an und finde die Angaben zur Manuskripteinsendung: Meist gibt es einen eigenen Reiter oder du findest Angaben unter „Kontakt“. Hier steht, welche Unterlagen du an welche Stelle senden sollst: Meist per E-Mail, manchmal gibt es ein Online-Formular, manchmal in Papierform (lose Seiten) per Post.

Immer gefordert werden ein Exposé (1-3 Seiten), eine Leseprobe (20-50 Seiten) – halte die jeweiligen Seitenvorgaben möglichst genau ein – und eine Autorenvita mit Verzeichnis von Veröffentlichungen.

Bei digitaler Zusendung wird meist das pdf-Format bevorzugt, aber Word oder Open Office gehen auch.

Sende niemals das gesamte Manuskript unverlangt zu.

Wie du dein Romanprojekt am besten bei einer Agentur vorstellst

Hier gelten im Prinzip dieselben formalen Regeln, wie auch bei einer Jobbewerbung: Du brauchst als Erstes ein kurzes und knackiges Anschreiben (1 Seite) mit den wichtigsten Information. Das Anschreiben vermittelt den ersten Eindruck und kann schon das k.o. bedeuten, wenn dieses nicht gut ist.

In formaler Hinsicht ist es ein Geschäftsbrief: Briefkopf mit deiner Adresse, vollständige Anschrift des Empfängers, Ort und Datum. Der Betreff sollte lauten: „Manuskriptangebot: Titel und Genre“

Bei der Anrede ist es besser, du sprichst eine konkrete Person an, als das pauschale „Sehr geehrte Damen und Herren“ zu verwenden. Wenn auf der Homepage der Agentur eine bestimmte Ansprechperson genannt ist, dann schreibe diese namentlich an, sonst den/die Inhaber:in der Agentur.

Erster Absatz: Warum wendest du dich an gerade diese Agentur

„Ich bin auf Ihre Agentur aufmerksam geworden, weil Sie Autorinnen wie XY („Z“ aktuellen Roman nennen) vertreten und sich mein (Genre-) Roman mit (Attribut einfügen: was verbindet meinen Roman mit dem zuvor genannten) gut / bestens dort einreihen könnte.“

Ein Einleitungssatz wie „hiermit möchte ich Ihnen mein Romanprojekt vorstellen“ ist eine bloße Floskel und somit verzichtbar. Der Betreff drückt das schon aus.

Zweiter Absatz: Was hast du anzubieten

Stelle dein Romanprojekt vor: Kurzpitch (1-2 Sätze).

Marktvergleich: Mein Roman ist so ähnlich wie… (d.h. passt in den Trend)

USP (unique selling point) / Alleinstellungsmerkmal: aber besonders, weil… (hebt sich von der Masse ab)

Dritter Absatz: Wer bist du

Stelle dich selbst vor: Welche Stipendien (z.B. Stadtschreiber:in) und Preise hast du schon gewonnen. Hast du schon Texte veröffentlicht (hier aber kein Selfpublishing nennen). Wenn du nichts Hochkarätiges vorzuweisen hast, dann lasse diesen Absatz weg. Deine kleinen Schritte Richtung Autor:innenberuf kannst du in deiner Vita darstellen.

Letzter Absatz: „jungfräulicher“ Status und unaufdringlicher Ausklang

„Ich habe das Manuskript gerade fertig gestellt und noch keinem Verlag angeboten. Bei Interesse sende ich Ihnen gerne das vollständige Manuskript zu. Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung.“

Agenturen wollen „frische“ Manuskripte. Wenn du damit schon bei zig Verlagen hausieren gegangen und abgelehnt worden bist, dann ist es aus Sicht einer Agentur „verbrannt“.

Also von der Reihenfolge her: Immer zuerst auf Agentursuche gehen, wenn diese keinen Erfolg hat, dann selbst auf Verlagssuche gehen (wobei hierbei die kleinen Verlage chancenreicher sind).

Nach diesen DO’s hier einige DON’Ts:

Schreibe keinesfalls Dinge wie:

„Sie können sich glücklich schätzen, als Erster meinen Roman lesen zu dürfen.“

„Meine Testleser / meine Deutschlehrerin waren hellauf begeistert von meinem Roman.“

Auch Selbstbeweihräucherung (wie in Jobbewerbungen üblich) sind hier fehl am Platz:

„Der Text überzeugt durch seinen virtuosen Schreibstil.“

„Ein Roman in Stil von XY (berühmte/n Autor:in nennen).“

Einzig das lobende Adverb „gründlich recherchiert“ ist m.E. okay, z.B. bei einem historischen Roman, dieses jedoch auch belegt durch Quellenangaben im Anhang der Leseprobe.

Verwende keine Emojis und auch Humoriges ist ein zweischneidiges Schwert (im Zweifel wird deine Ironie nicht verstanden).

Was auch nicht gut ankommt: Ein selbst designetes (oder professionelles) Buchcover mitzuliefern. Die Vermarktung soll dem Verlag überlassen werden.

Die perfekte Autorenvita

Hier hast du Gelegenheit, dich ins rechte Licht zu rücken. Zeige, dass du ein/e Wunschautor:in bist: Fachlich kompetent, eine faszinierende Persönlichkeit und medienwirksam.

In formaler Hinsicht: Die Vita ist in der dritten Person abzufassen (nicht in der Ich-Form).

Inhaltlich: Führe die wichtigsten Stationen deines beruflichen und persönlichen Werdegangs auf. Stelle hierbei einen Zusammenhang zwischen dir und deinem Roman her: Was macht dich zur Expertin auf diesem Gebiet? Entweder durch deinen Beruf oder dein Hobby. Wenn dein Roman in einem bestimmten beruflichen Milieu angesiedelt ist, kommt es gut an, wenn du selbst dort Einblicke hast.

Wo spielt dein Roman? Ist der Schauplatz deine Heimatregion oder hast du diese (exotische) Region schon oft bereist?

Stelle Parallelen zwischen dir und deinen Figuren her. Ist deine Heldin eine Köchin, dann erwähne deine eigene Kochleidenschaft. Spielt z.B. Musik eine Rolle in deiner Geschichte, dann klingt es gut, wenn du selbst ein Instrument spielst oder in einem Chor singst. Natürlich sollst du nichts frei erfinden.

Obwohl es auf dem Buchmarkt gängige Praxis ist, dass Verlage sich die perfekte verkaufsfördernde Autorenfigur mit Pseudonym, Stockfoto und fiktiver Vita komplett neu erschaffen (wie du hier nachlesen kannst). Soweit solltest du bei der Agentursuche jedoch nicht gehen. Aber zeige die Facetten von dir, die zu deinem Roman passen.

Was auch gut ankommt und genannt werden sollte, sofern es zutrifft: Du bist Teil einer Schreibgruppe oder einer Lesebühne, du hast dir als Poetry Slammer:in einen Namen gemacht, du bist auf Social Media aktiv und hast viele Follower.

Schau dir als Vorbild die Vitas auf den Webseiten der Verlage oder auf der Umschlagseite der Bücher in deinem Regal an. Manche klingen (für meinen Geschmack) sehr langweilig (ob eine Autorin drei Katzen hat oder am liebsten mit ihrem Hund spazieren geht, interessiert mich ehrlich gesagt nicht).

Hier einige gelungene Beispiele: Marc-Uwe Kling (ein „Buchstabendurcheinanderbringer“, sein Humor tritt zutage), Doris Cramer (Expertise zum Schauplatz Marokko), Heinrich Steinfest („Nesthocker und preisgekrönter Autor“, interessante Widersprüchlichkeit), Jeanette Limbeck (Debütroman: Expertise zum Schauplatz Russland, in der längeren Fassung der Vita eine originelle Anekdote, die zum Abenteuergeist der Heldinnen des Romans passt: „… zu Fuß den Fluss Amudarja überquert“).

Wenn du ein Foto beifügst, dann nur eines aus dem Fotostudio (z.B. Bewerbungsbild), kein Selfie oder Urlaubsschnappschuss.

Weitere Tipps zur professionellen Autorenvita findest du auch hier.

Ein überzeugendes Exposé und Leseprobe sind natürlich auch essentiell. Hierauf werde ich in einem nächsten Blogbeitrag noch näher eingehen.

Beharrlichkeit, Geduld und Glück

Ich wünsche dir viel Erfolg bei deiner Suche nach der für dich und dein Manuskript passenden Agentur. Lass dich nicht von Absagen entmutigen. Auf dem langen Weg bis zur Veröffentlichung deines Romans brauchst du viel Beharrlichkeit, Geduld und Selbstvertrauen – und eine Portion Glück!

Ich bin diesen Weg auch gegangen und habe nach monatelanger Suche eine tolle Agentur gefunden. Die Empfehlungen in diesem Beitrag gründen sich auf meine eigenen Erfahrungen, auf den kollegialen Austausch mit anderen Autor:innen und auf Recherche zum Thema (Ratgeber u.a.).

Ich hoffe, dieser Beitrag ist hilfreich für dich. Weitere Beiträge rund um das Autor:innenleben und den Buchmarkt findest du auf dieser Übersichtsseite.

Wenn du mehr über die Arbeit einer Literaturagentur erfahren möchtest, kann ich dir diese Interviews empfehlen, die interessante Einblicke geben:

Interview mit 7 etablierten Agent:innen : Uwe Neumahr (AVA), Natalja Schmidt, Andreas Brunner, Lianne Kolf, Michael Gaeb, Bastian Schlück, Holger Kuntze (Agentur Meller)

Interview mit Agentin Elisabeth Botros von der Agentur Gaeb & Eggers (Berlin) vom 27.02.2022

Die Literarische Agentur Michael Gaeb und Petra Eggers bietet Autor*innen Unterstützung von der ersten Projektidee, über Lektorate, Verlagsvertragsverhandlung bis hin zu Auslands- und Filmrechten an. In der Agentur sind Sie für die Bereiche Literatur, Unterhaltung und Sachbuch zuständig.

Klaus und Michaela Gröner im Interview von Annika Bühnemann 2016

Schlussakkord für meinen Wien-Roman

Was hat meine Romanheldin Johanna/Jo als Dirigent in Wien in den letzten 64 Tagen nicht alles gekämpft, gelitten, geliebt und gewonnen? Dienstagnacht habe ich ihr letztes Kapitel geschrieben und gestern noch meinen Merkzettel abgearbeitet und punktuell inhaltliche Ergänzungen gemacht. Heute ist Jos Geschichte zu Ende erzählt – mein Herzensprojekt aus der Opernwelt in der ersten Fassung abgeschlossen.

Meine Anspannung will aber partout nicht von mir abfallen. Zur Belohnung für meine täglichen Anstrengungen seit dem 1. November 2020 wollte ich mir am Mittwoch ein Stück Sachertorte gönnen – mein Lieblingskuchen, den auch Jo in Wien gerne verspeist hat – aber in keiner der 4 Bäckereien in Karlshorst war ein solches aufzutreiben. Also musste ich mit Käsekuchen vom Blech Vorlieb nehmen – eine klebrig-süße Enttäuschung. Entweder muss ich mir selbst eine Sachertorte backen oder schnellstmöglich wieder nach Wien reisen (aber erst, wenn in der Oper wieder der Vorhang aufgeht).

Traum
Wirklichkeit

In meinem Roman „Die Dirigentin im Herrenrock“ gibt es natürlich nicht nur Kaffeehausidylle im Dreivierteltakt, sondern im Mittelpunkt steht eine starke Frau, die für ihren Traum kämpft, Dirigentin in dieser Männerwelt der klassischen Musik zu werden, entgegen aller gesellschaftlichen Konventionen – dabei kommt ihr die Liebe in den Weg und es entwickelt sich ganz große Gefühlsoper.

Das Schicksal meiner Heldin hat im Laufe des Schreibens einen wahren Wellenritt vollführt – immer, wenn sie gerade einen kleinen Höhepunkt erklommen hat, habe ich ihr einen Stock in die Speichen geworfen, sie ist gestürzt und musste sich geschunden wieder aufrappeln und von neuem den Berg hinauf klettern.

Ouvertüre:

Eine begabte junge Frau aus Norddeutschland, so groß wie ein Leuchtturm, zieht an einem grauen Novembertag im Jahr 1925 in die alte Kaiserstadt ein, um als Dirigentin am berühmtesten Opernhaus Europas Fuß zu fassen. Dort wird sie jedoch als Frau rigoros abgewiesen. Entschlossen schnürt sie sich die Brust ein und versucht es am nächsten Tag erneut – als Mann verkleidet – und wird prompt als Dirigent (auf einer Assistentenstellen) engagiert.

Erster Akt:

Ihre Karriere nimmt Fahrt auf und sie begeistert die kritischen Musiker und das Wiener Publikum mit ihrem Können, aber gleichzeitig verliebt sie sich in ihren brasilianischen Dirigenten-Kollegen Martin Breuer, der verheiratet ist. Obwohl alles dagegen spricht, stürzt sie sich in eine leidenschaftliche Liebesnacht mit ihm. Am nächsten Tag lässt sie ihn abblitzten und will ihre weiblichen Neigungen zukünftig besser unterdrücken. Als sie wenige Wochen später erschrocken feststellt, dass sie schwanger ist, fangen ihre Probleme erst richtig an. Sie ist hin und her gerissen, ob sie das Kind bekommen soll. Sie bekommt den gesellschaftlichen Druck zu spüren, als ihre Vermieterin sie zu einer „Engelmacherin“ schickt und in Aussicht stellt, sie hinauszuwerfen, falls sie als ledige Frau ihr Kind zur Welt bringen sollte. Jo entscheidet sich trotzdem für ihr Baby und sucht händeringend nach einem Ausweg, der nur darin bestehen kann, passende Pflegeeltern für ihr Kind zu finden.

In dieser Phase wird sie von der Salonièren Eugenie Schwarzwald, der Schulleiterin einer Mädchen-Schule, eingeladen und lernt in deren Salon einige selbständige Frauen kennen, u.a. Anna Freud, die sich als Psychoanalytikerin mühsam aus dem großen Schatten ihres Vaters zu befreien versucht.

Dritter und Vierter Akt:

Es folgen viele dramatische Szenen, etwa, wenn Jo beim Dirigieren beinahe eine Fehlgeburt erleidet, wenn sie kurz darauf Martin endlich gesteht, dass sie sein Kind erwartet, die Niederkunft und ihr schmerzlicher Abschied von ihrer neugeborenen Tochter.

Fünfter Akt:

Zum Ende ihrer Reise muss Jo sich aus dem Korsett, in das sie sie selbst eingeschnürt hat, wieder befreien – sie muss sich ihre Weiblichkeit und Mutterschaft zurückerobern. Im Finale zieht sie aus, um ihr Kind und den Mann, den sie liebt, zurück zu gewinnen.

Ich muss gestehen, dass ich zu Beginn meiner Schreibreise ein anderes Ende vor Augen hatte – ein realistisches, in dem meiner Heldin vieles versagt bleibt, in der sie sich zwischen Karriere und privatem Glück entscheiden muss. Aber nachdem ich sie über 400 Seiten und fast 4 Handlungsjahre lang habe leiden lassen, habe ich ihr schließlich doch ein fast vollständiges Happy End gegönnt. Ich hoffe, meinen Leser*innen danken mir das.

Wiener Opernstars aus den 1920er Jahren und Zeitkolorit

Die Geschichte von Jo ist natürlich eingebettet in viele historische Details – insbesondere das Aufführungsgeschehen an der Wiener Oper habe ich gründlich recherchiert. Viele meiner Lieblingsopern lasse ich vorkommen und ihre Inhalte spiegeln oft das dramatische Geschehen auf der Erzählebene. Die schillernden Gesangsstars dieser Zeit wie Lotte Lehmann, Maria Jeritza, Jan Kiepura und Richard Tauber haben alle ihren Auftritt, natürlich auch Richard Strauss, der als Komponist und Operndirektor diese Zeit geprägt hat.

Maria Jeritza
Lotte Lehmann und Jan Kiepura

Als beruflicher Gegenspieler fungiert Jos herrischer Kollege Robert Heger, ein historischer Dirigent aus dieser Zeit (der sich später den Nazis zugewendet hat). In Liebesdingen ist die Ehefrau von Martin ihre Antagonistin. Zusätzliche Hürden im Streben meiner Heldin nach Glück und Erfolg stellen die gesellschaftlichen Konventionen und Vorurteile gegenüber Frauen dar.

Meine Erzählung in die 1920er Jahre einzufügen, erschien mir nicht allzu schwer. Aber die Details haben sich hin und wieder als Stolpersteine bemerkbar gemacht: So habe ich im Schreibeifer moderne Dinge wie Kühlschränke und Türklingeln mit Gegensprechanlage eingebaut. Zum Glück habe ich mir dann selbst auf die Finger geklopft und schnell Wikipedia konsultiert. Hinsichtlich der historischen Korrektheit gibt es also einiges zu beachten. Ich hoffe, ich habe keine Klopper mehr drinnen.

Sehr genüsslich habe ich Wienerische Redensarten eingebaut. Dafür werde ich ein kleines Wörterbuch in den Anhang des Romans stellen. Jetzt werde ich mich mal ins Gwand haun und einen Mulatschak zur Fertigstellung meines Werks feiern. Baba.

Meine Schreibnächte

Was meinen Schreibprozess angeht, so bin ich bei meinem vierten Roman wirklich gut in Schwung gekommen und hatte keine Durchhänger, wie im letzten Jahr bei meinem Antarktis-Roman. Ich habe das Gefühl, mich in diesem Stoff richtig freigeschrieben zu haben – was zum einen daran liegt, dass ich für die Opernwelt total brenne und es mir beim Schreiben immense Freude bereitet hat, darin zu schwelgen. Aber auch die Freiheit bei der Figurenentwicklung hat mich beflügelt, denn bei Johanna und Martin habe ich mich nicht durch eine historische Vorlage einengen lassen.

Ich habe einen guten Arbeitsrhythmus gefunden: Eine Abendschicht von 1 ½ bis 2 Stunden im Zeitfenster von 19 bis 22 Uhr und eine Nachtschicht von nochmals 1 ½ bis 2 Stunden in der Zeit zwischen 23 und 2 Uhr nachts. Ich kann am besten arbeiten, wenn es draußen dunkel ist, die Welt in Schlaf versinkt und mich nichts mehr ablenken kann – am Tage muss ich Einkäufe erledigen, will das Tageslicht zum Spazierengehen nutzen usw.

Die späten Morgenstunden sind quasi mein Feierabend, in denen ich mich ausruhe. Ab Nachmittag fängt mein Motor dann so langsam zu laufen an – ich bereite das Geschriebene vom Vorabend gedanklich nach und überlege, wie es in der Nacht weitergehen soll. So komme ich auf ein reines Schreibpensum von 3 bis 4 Stunden pro Tag. Die Erholungsphasen am Tag und zwischen den beiden Schreibeinheiten sind notwendig, damit sich die Inspiration und Schaffenskraft wieder aufladen kann.

Da ich irgendwie ein Statistik-Typ bin, trage ich meine Uhrzeiten und den Worcount täglich in eine Tabelle ein.

 

Hier mein Roman-Werk in Zahlen:

114.200 Wörter

484 Normseiten

64 Schreibtage (vom 1. November 2020 bis 13. Januar 2021, mit einer Woche Weihnachtsferien)

1.800 Wörter pro Tag im Durchschnitt

3.006 Rekord-Wörteranzahl an einem Tag

Wie geht es nun weiter? Heute ist Ruhetag. Ab Freitag beginne ich mit dem Korrekturlesen des Manuskripts. Wenn ich damit durch bin (Ende Januar) entlasse ich mein Werk mit viel Spannung an meine Testleserinnen (zwei habe ich schon, wer sonst noch gerne möchte, bitte bei mir melden) und freue mich auf deren Feedback. Aufbauend darauf geht es dann in die nächste Überarbeitungsrunde. Im Frühling schwimme ich also glücklich weiter auf der Opern-Welle.

Tag 22 in NaNoWriMo – mein erstes Mal – eine Sexszene schreiben

Am Sonntag ist es soweit – meine Dirigentin Jo und ihr brasilianischer Kollege haben ihren ersten Kuss gelandet und nun geht es ins Bett. Aber wie schreibe ich eine Sexszene. Das ist absolut neu für mich. Ich weiß, dass ich als Leserin solche Szenen eigentlich ganz gerne habe, aber unterschiedlich gut gelungen finde. Bei Stephen King zum Beispiel geht es immer ziemlich deftig zu, in Frauenromanen romantisch bis kitschig, die „Kamera“ hat meistens einen rosa-rot Filter drauf und faded aus, wenn es konkret wird.

Ich suche im Internet nach Artikel „wie schreibe ich eine gute Sexszene“ und stoße zunächst auf die Seite der britischen Zeitung „The Guardian“: Deren Literaturkritiker vergeben jedes Jahr „Britain’s most dreaded literary prize“ – nämlich einen Preis für die schlechteste Sexszene („outstandingly awful sexual scene“) in der Literatur. Unter Schriftstellern ist das Schreiben einer erotischen Szene nämlich nicht ohne Grund gefürchtet, denn das ist die Kür mit Dreifach-Axel auf sehr glattem Eis und man kann böse auf dem Hintern landen. In diesem Artikel sind auch wunderbare Zitate von preiswürdig peinlichen Beschreibungen zu finden – sehr lesenswert.

Damit wächst mein Respekt vor meiner Aufgabe umso mehr. Aber ich will es trotzdem wagen. Zum Glück finde ich noch einen hilfreichen Ratgeber-Artikel. Hier lerne ich, dass es bei einer gut geschriebenen Sexszene auf drei Dinge ankommt: 1. wechselseitiges Agieren, 2. die Balance physischer und psychischer Darstellung und 3. das Vokabular.

In meiner Bettszene beschreibe ich das Geschehen aus der weiblichen Sicht von Jo, aber ich werde nun darauf achten, auch den Mann im Wechsel vorkommen zu lassen. Wie bei einem Tanz: beide Partner vollführen ihre Bewegungen in Reaktion aufeinander, es gibt ein harmonisches Zusammenspiel der Körper. Nicht einer ist der Alleintänzer und der andere die passive Puppe.

Meinen besonderen Fokus werde ich auch auf die emotionale und psychologische Komponente legen und die Liebesnacht in den dramaturgischen Bogen der Handlung einbetten (ins Himmelbett natürlich). Als Leserin soll man nachempfinden können, warum Jo ihre eigenen Regeln bricht (Karriere statt Beziehung), warum sie sich hinreißen lässt, was es für sie bedeutet, ihre Männerverkleidung abzulegen und wieder Frau sein zu dürfen und schließlich warum sie im Nachklang wieder einen Riegel vorschiebt und das Liebespaar nicht ins Happy End einläuft, sondern die Komplikationen und die Gefühlsturbulenzen jetzt erst so richtig losgehen.

Dann stellt sich die Frage des Vokabulars. Es gibt ja eine erstaunliche Bandbreite von Ausdrücken für die weiblichen und männlichen Körperteile, von vulgär, derb über medizinisch, neutral, verniedlichend und metaphorisch. Entscheidend für mich ist, dass ich die Sprache von meiner Protagonistin finde, denn aus ihrer Sicht ist die Szene schließlich beschrieben – also müssen die Vokabeln zu ihrem sonstigen Sprachduktus passen. Ich kann also auf einige musikalische Vergleiche und Metaphern zurückgreifen, aber abgesehen davon hat sie eine nordische Klarheit in ihrer Sprache und nennt die Dinge eher sachlich beim Namen. Also wird es die „Paradiespforte“ in meinem Text nicht geben, auch will hier kein „purpur behelmten Krieger ins gelobte Land“ – wie Bodo Wartke in seinem genialen Lied „Mir fehlen die Worte“ zu diesem Thema vorschlägt.

Ich mache mich also mit Feuereifer ans Schreiben meiner Sexszene – und es macht mir unglaublich viel Spaß. Ich schreibe zwar etwas langsamer als sonst, weil ich öfters über die beste Wortwahl nachdenke – wie zum Beispiel soll sich das Brusthaar von Martin für Jo anfühlen? „flauschig“? Hm. Das klingt nach einem Küken. Ich hole mir Hilfe im Synonym-Wörterbuch und entscheide mich für „wollig“. Insgesamt geht es mir erstaunlich leicht von der Hand.

Nun ist das Werk vollbracht – die Szene dauert ganze 6 Seiten an – und ich bin zufrieden.

Ich bin sehr gespannt, ob und wie meinen zukünftigen Testleserinnen diese Sexszene gefällt – sicherlich kann man nicht jeden Geschmack treffen. Ihr könnt euch jetzt schon darauf freuen – ab Seite 163 geht es los.

Übrigens liege ich gut im Wordcount, schreibe jeden Abend und jede Nacht meine dreieinhalb Stunden und habe ein kleines Wörterpolster aufgebaut. Ich liege gut in der Zielkurve, nun kommt der lange Endspurt. Bin zuversichtlich.

Halbzeit im NaNoWriMo – Kurzhaarschnitt und Korsett für die Dirigentin

Heute ist Halbzeit und ich habe die magische Marke von 25.000 Wörtern (111 Normseiten) gestern um kurz nach 1 Uhr nachts überschrieben. Ich habe im Schreiben meinen guten Rhythmus gefunden (eine Abendschicht und eine Nachtschicht von je 1 ½ Stunden) und schaffe meinen täglichen Wordcount.

Aber ach, die zweite Woche bringt so manche Sorgen, wie ich die Geschichte entwickeln soll. Die Figuren sind eingeführt, die Szenerie ist aufgebaut – und nun muss der Handlungsbogen nach oben gehen und auf einen dramatischen Höhepunkt zusteuern. Aber worin genau soll dieser bestehen? Es genügt nicht, dass meine Dirigentin immer wieder mit dem fiesen Kapellmeister Heger zusammenprallt und immer wieder knapp einer Entlarvung entkommt – das wiederholt sich zu sehr. Auch meine vielen Anekdoten und Details zu Angewohnheiten der Sänger, kleinen Bühnen-Pannen, Klatsch und Tratsch, die ich aus meinem tollen Opern-Buch habe, und Schwelgen in der Musik bilden zwar eine gute Würze, sind aber nicht handlungstragend.

Am Mittwoch habe ich ein langes Telefonat mit meiner Literaturagentin (meinen Antarktis-Roman hat sie einem Dutzend Verlage auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt, nun heißt es Geduld haben, es liegen noch keine Rückmeldungen vor, auch wenn die Lektoren vor Ort wohl positiv auf ihren Pitch reagiert haben). Sie fragt mich nach meinem neuen Romanprojekt und ich erzähle es ihr. Sie findet zwar das Thema „Frau in einer Männerdomäne“ gut und auch Wien als Sehnsuchtsort, fragt dann aber: „Wo ist der Höhepunkt? Warum und wie scheitert sie?“

Damit hat sie natürlich den Finger in die Wunde gelegt – ich weiß es noch nicht so richtig. Dann äußert sie eine grundsätzliche Skepsis: Aus Erfahrung weiß sie, dass Lektoren beim Thema Musik und Film in Romanen zurückhaltend seien, erst recht klassische Musik wäre nicht massentauglich und hat den Ruf, nur für ein intellektuelles Publikum zu sein. Es könnte also sein, dass ich mein Werk in hunderten Stunden harter Arbeit schreibe und die Verlage es dann nicht mal mit der Kneifzange anfassen. Ich halte dem entgegen, dass ich für meinen Stoff brenne und diesen Roman auf jeden Fall schreiben werde, auch wenn er vielleicht erst mal (oder für immer) in der Schublade landet. Meine Agentin betont, sie wolle mein Feuer auf keinen Fall löschen und ich solle weiterschreiben.

Am Mittwochabend und Donnerstag bin ich dann doch ziemlich deprimiert, raffe mich trotzdem zum Weiterschreiben auf. Ich hoffe einfach, dass sich doch eine Leserschaft für meinen Roman – auch für die von mir so geliebte Opernwelt – begeistern wird und meine geschriebene Stimme nicht vor leeren Rängen verhallt.

Gleichzeitig überlege ich intensiv, wo das Drama für meine Figur herkommen könnte und wie ihre Heldenreise genau aussehen könnte. Dann kommt mir eine Erleuchtung: „Madame Butterfly!“ Danke Puccini! Eine Liebesgeschichte wollte ich sowieso einflechten (inklusive erotischer Liebesszene – bin sehr gespannt, ob ich das hinbekomme, habe so etwas noch nie zu Papier gebracht), aber nun wird sie auch schwanger werden und dann steht sie vor der Entscheidung: Kind oder Karriere. Mehr verrate ich nicht.

Habe nun jedenfalls die dramatische Entwicklung der Geschichte besser vor Augen und habe wieder Freude am Fantasieren und Schreiben.

 

Schon 7 Tage im NaNoWriMo mit meiner Dirigentin in Wien

Es ist eine dunkle und stürmische Nacht im November – und schon wieder sitze ich Nacht für Nacht vor dem blauen Licht meines Bildschirms bis die Glocken zwölf Mal schlagen – zur Geisterstunde werden meine Schreibgeister erst so richtig munter. Seit 7 Tagen stelle ich mich zum 4. Mal in Folge dem NaNoWriMo – der Challenge, jeden Tag mindestens 1.667 Wörter meines Romans zu schreiben, bis ich am 30. November die Ziellinie von 50.000 Wörter überschreibe – mit dieser Länge darf sich ein Text mit gutem Gewissen Roman nennen. Dass an diesem Rohentwurf noch einiges zu überarbeiten und zu schleifen sein wird, versteht sich. Aber das Textfundament ist damit gelegt.

Mein Romanprojekt in diesem Jahr heißt: „Die Dirigentin im Herrenrock“. Meine Protagonistin kommt am 1. November 1925 nach Wien und will sich an der Oper als Assistentin des Kapellmeisters bewerben – aber alleine der Umstand, dass sie eine Frau ist, verwehrt ihr jede Chance. Also verwandelt sie sich in einen Mann und siehe da – sie darf dirigieren. Aber kann und will sie diese Maskerade aufrecht erhalten?

Von meiner Recherche-Reise nach Wien Anfang Oktober habe ich euch schon erzählt. In der Zwischenzeit habe ich drei junge Dirigentinnen via Skype interviewed – die mir auf Anfrage der Dozent des Masterstudiengangs für Orchesterdirigieren an der Universität der Künste Berlin freundlicherweise vermittelt hat. Von diesen beeindruckenden jungen Frauen habe ich einiges über die individuellen und oft verschlungenen Wege einer Musikerin hin zur Dirigentin erfahren und welche Herausforderungen einer Frau in diesem Beruf begegnen und welche Eigenschaften sie mitbringen sollte, um zu reüssieren. Außerdem habe ich einige Dokumentationen angeschaut, z.B. über den Solti-Dirigentenwettbewerb 2015 in Frankfurt und über die großen Rivalen Furtwängler und Toscanini in den 1920er bis 40er Jahre. Zudem habe ich noch 2 hochinteressante Bücher über die Wiener Oper und Frauen in Salon und Kaffeehaus im Wien der 1920er Jahre entdeckt – die ich noch nicht ganz gelesen habe (hatte in den letzten Oktoberwochen eine faule Phase – aber Relaxen vor dem Schreib-Marathon ist wohl auch wichtig), aus denen ich noch viel Honig für meinen Roman saugen kann.

Als ich letzten Sonntagabend (1. November 2020) vor meinem Computer sitze, fühle ich mich trotz meiner Recherche ziemlich unvorbereitet, habe zwar eine Vision und eine Idee davon, was ich ausdrücken möchte, aber von einem Plot oder Storyboard bin ich weit entfernt. Ich weiß noch nicht einmal, wie meine Heldin Johanna (der Name ist mir zugeflogen, auch eine Homage an die junge Dirigentin Joana Mallwitz, die aktuell die Flagge der neuen Generation von Dirigentinnen hoch hält) mit Nachnamen heißen soll und wie ihre Vorgeschichte ist. Eigentlich gehört es zur Vorarbeit eines Romans, für jede Figur eine Biografie zu entwerfen. Aber ich bin keine große Planerin, sondern lasse mich beim Schreiben treiben und die Figuren und ihre Entwicklung unter meinen Händen während des Tippens entstehen. Mir gefällt diese Arbeitsweise, ich gehe auf Entdeckungsreise in meine Fantasie und überrasche mich selbst, anstatt einen vorgefertigten Plan abzuarbeiten.

Tatsächlich habe ich es Tag für Tag geschafft, meine Figuren zu formen und für ihren Weg in der Geschichte in Stellung zu bringen. In den ersten 3 Kapiteln – die ihr zum Abschluss auszugsweise als Leseprobe findet – bin ich also auf Spurensuche nach meiner Hauptfigur gegangen.

Auch einen wichtigen Gegenspieler habe ich gefunden: den (hist.) Dirgenten Robert Heger, dessen Assistentin Johanna wird. Er ist ein ziemlicher Kotzbrocken (später auch ein Nazi), der von der natürlichen Überlegenheit von Männern gegenüber Frauen überzeugt ist und Johanna bei ihrer ersten Bewerbung abblitzen lässt.

Was meinen Schreibprozess angeht, so bin ich (leider) die totale Aufschieberin – den ganzen Tag über mache ich einen weiten Bogen um meine Schreibdokumente – gehe spazieren, schaue meine Lieblings-Opern-Videos an und esse Lebkuchen dazu. Erst wenn es dunkel ist und es keine Ausreden mehr gibt, setze ich mich gegen 19 Uhr an meinen Schreibtisch und lege meine erste Schreib-Session ein. Meistens schaffe ich in 1 – 1 ½ Stunden ca. 900 Wörter. Dann mache ich eine Pause. Gegen 22 oder 23 Uhr raffe ich mich dann zur zweiten Runde auf und komme meist gut in Schwung, so dass ich die fehlenden 800 Wörter bis zur magischen Zwischenlinie schaffe – gegen 1 Uhr nachts mache ich dann aufgekratzt den Computer aus und gehe noch ein Stündchen in den nebelig-verlassenen Straßen meiner Wohnsiedlung spazieren und sage den Füchsen gute Nacht.

Meine Bilanz der ersten 7 Tage: 12.551 Wörter (57 Normseiten). Meine Statistik sieht also zurzeit gut aus – bin voll im Soll. Ich hoffe, das geht so weiter.

 

Blogparade: „It was a dark and stormy night…“ – Schreiben mit Snoopy

Zufällig bin ich in der „Kulturzeit“ auf Snoopy von den Peanuts gestoßen – in diesem Porträt der kultigen amerikanischen Comic-Serie von Charles M. Schulz ist mir dieser liebenswert-entspannte Hund begegnet, der am liebsten auf dem Rücken auf seiner Hundehütte liegt. Und er hat eine große Leidenschaft: Er schreibt! Allerdings teilt er das Schicksal unzähliger Schriftsteller*innen – seine Texte sind unveröffentlicht und der große Durchbruch lässt auf sich warten. Trotzdem verfolgt er sein großes Ziel, einen Roman zu schreiben, unermüdlich über die Jahre. Sein (Misserfolgs-) Geheimnis: Er beginnt jeden seiner Texte mit dem Eingangssatz:

It was a dark and stormy night.“ – „Es war eine dunkle und stürmische Nacht.“

Snoopys Karriere als „world famous author“ beginnt am 12. Juli 1965, als er eine Schreibmaschine auf das Dach seiner Hundehütte stellt und eifrig lostippt. Seine Texte gibt er seinen Freunden Lucy und Linus zu lesen, die ihm gute Tipps geben, wie er seine Geschichten verbessern kann – allerdings ist Snoopy ein ziemlich unbelehrbarer Autor.

So kritisiert Linus (der Junge mit der Schmusedecke) einmal, dass alle Geschichten mit dessen Lieblingssatz: „It was a dark and stormy night“ beginnen.

Snoopy beweist daraufhin seine schriftstellerische Flexibilität und beginnt den nächsten Text so:

„It was a stormy and dark night.“

Als Lucy ihm vorschlägt, seinen Geschichten mit „Once upon a time“ (Es war einmal) einen märchenhafteren Einstieg zu geben, schreibt Snoopy:

„Once upon a time it was a dark and stormy night.“

Als Snoopy zum Muttertag einen Brief an seine Mutter schreibt, lautet er so:

„Dear Mom, I remember when I was born. It was a dark and stormy night.“

Weitere Variationen seines geliebten Eingangssatzes sind:

„It was a dark and stormy noon“ (Es war ein dunkler und stürmischer Mittag)

und „He was a dark and stormy knight“ (Er war ein dunkler und stürmischer Ritter).

Diese schriftstellerische Beharrlichkeit amüsiert mich sehr und ich habe mich inspiriert gefühlt, Snoopys Lieblingssatz auch einmal selbst auszuprobieren.

Ich würde mich sehr freuen, wenn auch ihr Lust bekommen habt, einen Text mit dem kultigen Eingangssatz von Snoopy zu schreiben. Ihr könnt natürlich auch die Variationen (Mittag oder Ritter) aufgreifen. Der Text darf ruhig kurz sein, Prosa und Lyrik, gerne auch Wörter-Collagen und alles, was euch sonst noch einfällt – jede Stilart und jedes Genre sind willkommen.

Ich bin gespannt auf eure Beiträge. Die Blogparade läuft bis zum 30. November 2020.

Wer keinen eigenen Blog hat, kann ihren/seinen Text auch in den Kommentar posten oder mir per Mail senden, ich füge ihn dann gerne in diesen Blogbeitrag ein.

Hier ist nun mein dunkler und stürmischer Text – den ich in einem spontanen Freewriting niedergeschrieben und danach noch sprachlich hier und da überarbeitet habe:

Es war eine dunkle und stürmische Nacht. Dunkel war die Nacht. Und stürmisch. Der Sturm peitschte tote Blätter über den glänzenden Asphalt. Ihre Schritte waren unhörbar. Schritte auf hohen Hacken über welkes Laub. Das welke Laub eines warmen Oktobertages, der sich in einem Regenguss ausschüttete, als die Dunkelheit kam. Eine unvollständige Dunkelheit. Lichtkugeln schwebten auf ihren Stelzen über dem Asphalt wie Leuchttürme, die der Suchenden den Weg wiesen. Aber sie suchte nicht nach Erleuchtung, denn sie kannte den Weg. Vom Bahnhof zu ihrer Wohnung waren es 631 Schritte, wenn sie um den Park herum ging. Der Sturm zerrte an ihrem Regenschirm, warme Regentropfen liefen ihre Wangen hinab wie Tränen. Wenn sie durch den Park hindurch ginge, wäre sie gleich vor ihrer Haustür. Nur 99 Schritte, vorbei an der Tischtennisplatte und den zwei Schaukeln. Die Tischtennisplatte war ein See. In seiner gekräuselten Oberfläche spiegelte sich der zuckende Mond. Eine der Schaukeln schwang auf und ab im Rhythmus des Windes. Die andere Schaukel hing unbeweglich nach unten. Eine schwarze Masse machte sie schwer gegen den Wind. Die schwarze Masse war eine Gestalt. Die Gestalt hatte ein Gesicht, das im Glimmen einer Zigarette kurz aufleuchtete. Sie sah das Glimmen in ihrem Augenwinkel. Sie beschleunigte ihre Schritte. Ihre hohen Hacken klangen dumpf auf den glitschigen Herbstblättern. Sie drehte den Kopf zur Schaukel. Ihre Augen suchten nach dem roten Glimmen der Zigarette. Ein Aufglimmen wie das Auge eines Drachens. Der Drache war aufgestanden – es kam in ihre Richtung, hinter ihr her. Sie sollte rennen. Zur Haustür rennen, in die Sicherheit des Lichtkegels über den Briefkästen. Sie lief. Ihre Finger fischten in der Handtasche nach dem Haustürschlüssel. Sie hörte das Schnaufen ihres Verfolgers hinter sich, dicht an ihrem rechten Ohr. Sie rutschte, sie stürzte, sie schlug auf. Ihre Knie und ihre Ellbogen prallten auf den modrigen Asphalt und ein greller Schmerz strahlte durch ihren Körper. Sie schrie. So leise. Sie spürte einen festen Griff unter ihren Achseln. Sie wurde hochgehoben wie eine Puppe. Ihr wurde schwindelig. Verschwommen war die Gestalt im schwarzen Regenmantel, die Kapuze tauchte das Gesicht in ihren Schatten. Ein rotes Glimmen markierte den Mund. Tabakrauch stieg ihr beißend in die Nase. Sie bekam keine Luft mehr. Sie riss ihren Mund auf für Atemluft und für einen Schrei. Kalte Luft im Hals und Stille. Der Schatten wendete sich ab – und verschwand. Sie schritt wie auf Gummibeinen zur Haustür, ein zittriger Schlüssel fand das Schloss. Die Tür öffnete und schloss sich. Draußen blieb die Nacht alleine. Dunkel und stürmisch.

Hier läuft die Parade weiter…

Im folgenden Text von Fabiennne treibt der Sturm einen erschöpften Stadtwanderer vom Weg ab in einen verwunschenen Garten:

Es war eine dunkle und stürmische Nacht. Der Wind heulte um die Häuser, zerrte mit aller Gewalt an den Blättern der Bäume und trieb Regen mit sich her. Ludwig kämpfte sich durch das raue Wetter. Er ging gerade an einem schon lange unbewohnten Grundstück entlang. Es war nicht mehr weit bis zum Haus. Den Mantelkragen hochgeschlagen, die Schultern angezogen, versuchte er dem eisigen Wind zu trotzen. Er befand sich auf dem Rückweg von der Arbeit und war dementsprechend müde. Die Brust und der Rücken schmerzten vom ausharrenden angespannten Sitzen. Die Serverprobleme zu lösen, hatten ihn viel Zeit gekostet, aber am Ende lief das System wieder reibungslos. Untertags verlor er endlose Zeit an diese künstliche Welt, die alle Bereiche des Lebens zu beherrschen begann und jetzt sah er sich dem lebendigen Wetter ausgesetzt. Er wäre doch lieber vorm PC sitzen geblieben, denn die Stürme dort konnte er bewältigen, den hier draußen nicht. Ihm wurde kalt und das Stechen in der Brust nahm zu.

Der Wind heulte auf, ein vielfaches Rauschen erfüllte um ihn herum die Luft und doch war da noch ein feines anderes Geräusch. Ludwig blieb stehen und lauschte. Nichts außer dem Heulen der zornig anmutenden Windböen, war zu hören. Er ging ein paar Schritte weiter und vernahm wieder dieses andere Geräusch. Es kam irgendwie von dem unbewohnten Grundstück her. Das Grundstück war von einer hohen Hecke aus Thujas umgeben, die schon lange nicht mehr geschnitten worden waren. Wie bedrohliche Wächter ragten sie in den stürmischen Himmel auf. Ludwig ging an der Hecke vor und zurück. Selbst das Gartentor schien von den Thujas eingenommen zu sein. Er drückte die Torklinke, das Tor gab nach und durch einen schmalen Spalt konnte er vorsichtig zwischen den Thujas hindurch spähen. Auf dem Bürgersteig hatten die Straßenlaternen ein mattes Licht gegeben, der Garten jedoch lag in völligem Dunkel vor ihm. Wieder hörte er das Geräusch. Es schien aus der Mitte des Grundstücks zu kommen, dort wo das verfallene Haus stehen musste.

Ludwig quetschte sich durch die Thujas hindurch, die ihn fernzuhalten trachteten. Dann stand er im Garten. Wo eben noch stürmische Nacht geherrscht hatte, umfing ihn jetzt Windstille. Er machte ein paar Schritte von der Hecke weg in das Grundstück hinein. Sanftes Mondlicht erfüllte den Garten auf dieser Seite der Thujahecke. Seine Augen gewöhnten sich schnell an die Situation.

Vorsichtig schritt er voran, verwundert über diesen Wandel in den Naturgewalten. Das Rauschen des Windes war von Ferne zu hören, aber hier im Garten fühlte es sich friedlich an. Ludwig blieb stehen, lauschte, ob er das Geräusch wieder vernahm.

Das alte verfallene Gebäude sah er nicht, das Grundstück war wohl doch größer wie angenommen, dachte er. Stattdessen blickte er auf die glitzernde Oberfläche eines kleinen Teiches. Der war ihm bei Tageslicht noch nie aufgefallen. Aber vielleicht hatten die hohen Thujas ihn auch nur verborgen, den Blicken entzogen. Er sah wie ein Waschbär ins Gebüsch davon schlich.

Ludwig setzte sich an das Wasser, einen Augenblick lang wollte er die unwirkliche Stimmung, die über dem Teich lag, genießen. Vielleicht war er auch einfach zu müde, um wach zu bleiben, aber er merkte, wie eine bleierne Müdigkeit ihm die Augen immer wieder zuzog. An einen Baumstamm gelehnt, gab er dem Einschlafen nach, ein paar Minuten nur, dachte er, dann würde er heimgehen und sich zu Hause in das gemütliche Bett legen. Das Stechen in der Brust wurde besser, von Ferne hörte er noch ein gewaltiges Krachen. Dann wurde es dunkel um ihn herum.

Zwei Tage später stand in der Stadtzeitung: Mann erlitt während des schweren Unwetters einen Herzinfarkt und wurde von umfallender Thuja erschlagen.

Im Text von Caroline aus Berlin, von der Schule des Schreibens, weht der Wind von ganz woanders her:

It was a dark an stormy night, fegt die dunkle Stimme einer bekannten Blues Sängerin durch das Studio.
Melanies lockig frisierten Haare wehen in der Luftströmung einer Windmaschine. Ihr Mund ist trocken, das laszive Lächeln eingetrocknet. Nur noch gehalten von Schichten Make up, die der Maskenbildner Bruno in immer kürzeren Abständen auf ihrem Gesicht verteilt.
In der überdimensionalen Parfümflasche in ihrem Rücken pulsiert im Takt des Werbeliedes Licht in den verschiedensten Farben.
„Und….Cut,“ Ronald Frings erhebt sich aus seinem Regiestuhl und reckt sich.
„Leute, es hat sich ausgestürmt für heute. Mir langts erstmal.“
Melanie sackt in sich zusammen „Und mir erst. Nach diesem Set rühre ich nie wieder Parfüm an.“

In Bettinas Text löst die „dunkle und stürmische Nacht“ bei der schreibblockierten Schriftstellerin Lucy zunächst nur Widerwillen aus, aber die sonnige Natur um ihre Hütte lässt sie dann doch in einen Schreibfluss kommen, aber was heiter anfängt, kann ja noch stürmisch werden…

In Sabine B’s Text navigiert die Protagonistin im schwarzen Regencape wie ein bretonischer Leuchtturm ohne Licht, dafür aber mit Brokkoli und Knoblauch in den Taschen, durch das nasse Verkehrsgedränge und würde viel lieber mit dem Hound of Baskerville Gassi gehen und sich von Watson ein Süppchen kochen lassen. Ob sie der dunklen und stürmischen Nacht entkommen kann?

In Heddas Text kommt die Heldin vier Mal an einem Filmplakat mit den Worten „It was a dark and stormy night“ vorbei und jedes Mal schlägt das Unglück zu. Womit hat sie diesen Fluch wohl verdient?

Im lyrischen Text von Sabine H erhält die Protagonistin einen geheimnisvollen Brief, der sie vor die Entscheidung stellt, zu bleiben oder zu gehen. Wird die dunkle und stürmische Nacht ihr ein Zeichen geben?

Im Text von Anne ist Elsa in einer dunklen und stürmischen Nacht unterwegs zum Sterbebett ihres Vaters, als ein umgestürzter Baum ihre Fahrt abrupt zum Halt bringt und sie Brünhilde am Straßenrand antrifft – was diese beiden Frauen wohl verbindet?

Im Text von Sonja macht eine Italienerin im Sauerland Rast auf einem Autohof. Ihr kriminalistischer Instinkt wird geweckt, als sie einen heruntergekommenen Lastwagen sieht, mit dem etwas nicht stimmt. Was wird sie entdecken?

Der Text von Dorit nimmt euch mit in eine Fantasy-Welt: Ein dunkler Ritter galoppiert in stürmischer Nacht einer Verwandlung entgegen. Welches Geheimnis verbirgt er unter seiner Rüstung?

Emilia (11 Jahre) nimmt uns in ihrem Text „Die Königin“ mit in ein Geisterschloss, in dem die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verschwimmen. Ihre Erzählung könnt ihr euch im folgenden Audio anhören:

Susanne taucht in ihrem Text in eine Kindheitserinnerung an der Nordsee ein: Der Sturm treibt die Flut auf die Deiche, Menschen schleppen Sandsäcke, derweil sitzt das kleine Mädchen in der warmen Küche und isst mit ihrer Mutter gebratene Leber mit Apfelscheiben bei Kerzenschein.

Im Text von RobAug wird das niederländische Städchen Nijmegen von einer mysteriöse Bedrohung in Atem gehalten, die mit dem Verbot von Licht und Farben bekämpft werden soll. Nur der Lampenanzünder und Nachtwächter Henk Vaneerden darf Licht in die Dunkelheit bringen. Aber was passiert, wenn der Sturm kommt?

Wir sehen uns in Nijmegen

Henk Vaneerden war der Lampenanzünder und Nachtwächter in vierter Generation. Und das in nur einhundert Jahren. Mit diesem Beruf wurde man nicht alt. Seine Aufgaben waren aber andere als bei dem Urgroßvater. Es waren viel mehr geworden. Denn in den Katakomben der Gefängnisse von Amsterdam war überall das Graffiti eingeritzt worden: „‚Wij zien ons in Nijmegen.“ Der Magistraat von Nijmegen hatte reagiert. Die Schlagläden vor allen Fenstern der Stadt mussten entfernt werden. Türen durften nicht mehr verschlossen werden. Vom Eintreten der Dunkelheit bis Sonnenaufgang war Licht in den Wohnungen verboten. Die Prediger in den Kirchen riefen von den Kanzeln: „Gott straft die Heimlichen. Die ewige Seligkeit erwartet den, der nichts zu verbergen hat.“
Henk ging von Lampe zu Lampe durch die stillen Straßen und hielt den Anzünder an die Gaslaternen. Mit seinem Knüppel schlug er die Kinder, die noch auf der Straße spielten, und gegen die Fenster, hinter denen er Licht schimmern sah. Der Magistraat hatte die rote Farbe aus den Nächten der Stadt verbannt. Nur Schwarz und Weiß waren erlaubt. Alle Farben waren verdächtig. Henk schrieb in der Zeit zwischen seinen Rundgängen die Namen von denen auf, die sich durch Farben, durch Reden im Dunklen, durch Herumtreiben in den Gassen verdächtig gemacht hatten.
Es war seine letzte Nacht. Nur noch wenige Straßen waren mit Gas beleuchtet. Sonst überall verbreiteten die elektrischen Lampen ihr kaltes Licht. Henk hatte davor gewarnt. So helles Licht erzeugt dunklen Schatten. In den Häusern machten die Menschen die Nacht zum Tag.
Henk hatte keine Geldsorgen. Seine Vorväter konnten ihr Geld nie ausgeben in den Nächten und an den Tagen, an denen sie schliefen.
Ein gewaltiger Sturm, ein Orkan, raste über die Nordsee auf das Land zu. Niemand wagte sich aus den Häusern. Eine schwarze Gestalt lag auf dem Boden unter dem Strommasten zwischen dem E-Werk und der Stadt. Das Geräusch des Sägens wurde von dem Heulen des Sturms verzehrt. Dann riss der Sturm den Masten um. Nijmegen verschwand in der Schwärze der Nacht. Henk tastete mit sicherem Fuß – gegen den Sturm taumelnd – zu seinem Haus.

Frank Radziwill – Pinakothek der Moderne (München)

Blogparade Lernwelten 2030

Wir laden dich herzlich zu unserer Blogparade vom 1. März bis 30. April 2020 ein! * Moderation durch die Autorinnen *

Was denkst du, wie dein Leben und Lernen in 10 Jahren in der digitalisierten Welt aussehen wird?

Die Kurzgeschichte „Lernwelten 2030“ entwirft ein Zukunftsszenario zum Studieren an einer fiktiven deutschen Hochschule im Jahr 2030 im Kontext der Digitalisierung. Die Geschichte greift Trendprognosen und Themen aus dem aktuellen Diskurs rund um (virtualisierte) Lernarchitekturen, zukunftsweisende Lehr-Lernszenarien, heterogene Bildungsbiografien sowie die Auswirkungen von künstlicher Intelligenz auf die Lebens- und Bildungswelt auf.  Mit der Kurzgeschichte möchten die Autorinnen Ulrike Arabella Meran und Dorit Havel diesen Themen ein menschliches Gesicht geben und die interessierte Community zur Diskussion über die Potenziale und Grenzen der Digitalisierung einladen.

So machst du mit: Schreibe auf deinem eigenen Blog einen Artikel oder einen Kommentar hier im Blog. Worüber du schreibst, steht dir frei  – lass dich von der Geschichte „Lernwelten 2030“ inspirieren! Du kannst entweder in der Story bleiben und die Handlung weiterschreiben oder einen Text im Stil deiner Wahl schreiben (z.B. Essay, Gedicht, Collage). Wir freuen uns auf deinen Beitrag!

Hier ist die Parade unterwegs…

  • Den Anfang macht Sandra mit einer Fortsetzungs-Szene zu Kapitel 7, in der Fiona, Kibe und Micky über die Menschenkenntnis bei Menschen und K.I.’s diskutieren – wie unterschiedlich ist sie ausgeprägt, gehört Einfühlungsvermögen auch dazu und wie beeinflusst sie Verhalten und Entscheidungen?
  • Im Anschluss-Dialog zu Kapitel 7 von Elisa findet Fiona, dass die Einbeziehung von Emotionen, Handlungen und Denkweisen auf jeden Fall zur Menschenkenntnis dazu gehören. Kibe glaubt, dass eine K.I. in Zukunft den Menschen vielleicht doch übertreffen kann. Aber kann sie jemals unfehlbar sein?
  • Im dystopischen Zukunftsszenario von Urs ermächtigt sich die K.I. Micky selbst, indem sie sich einen Namen gibt. Seine menschlichen Schöpfer verlieren sich in intellektuellen Debatten über diese Namenswahl, während sie von ihren selbst programmierten Drohnen zu Gefangenen gemacht werden. Kann die archaische Spielkonsole Atari die Menschen aus dieser digitalen Diktatur befreien?
  • Im utopischen Gegenentwurf von Miss Novice trifft Kibe Fiona im Sommer 2032 in einer bäuerlichen Kommune auf dem Lande wieder. Hier gibt es Hounderblütensirup mit Brunnenwasser und eine alternative Schule. Kein WLAN? Kein Problem. Auch Kibe ist Lehrer geworden – aber wen unterrichtet er und worin?
  • Auch Sabine entführt uns ins Jahr 2032, allerdings in ein Raumschiff in ferne Galaxien. Womit hat sich Micky wohl infiziert und wird er dadurch menschlicher?
  • Mo lädt uns in ihrer Collage in die Welten des digitalen Lernens und der virtuellen Begegnungen ein.
  • Anne nimmt uns mit ins Altenheim im Jahr 2030 zur lesebegeisterten Agathe, die vom Pflegeroboter Pingu betreut wird – ihre Gespräche kreisen natürlich um Bücher, was kuriose Nebenwirkungen hat…
  • Henning führt das Gespräch zwischen Kibe und Fiona fort – warum zeigt Fiona eigentlich so wenig Mitgefühl für die Enttäuschung von Kibe? Dann geht Kibe ein Licht auf…
  • Elisa hat eine aussdrucksstarke Collage gestaltet, inspiriert von der Learning Library mit dem K.I. Wizard (Kapitel 4)  :

„Seit dem Zusammenschluss aller deutschen Unis zu einer virtuellen Deutschlanduniversität vor zwei Jahren, sind alle Studierenden an der gleichen, da einzigen, Uni eingeschrieben. Die Universitätsleitung hat kürzlich beschlossen, die Klausurergebnisse für alle transparent ins Intranet zu stellen, um den sozialen Druck unter Kommilitonen zu erhöhen, um sie zu besseren Leistungen anzuspornen.“

  • Tim beschäftigt sich in seinem EssayDigital ist die Welt, leer sind die Köpfe“ aus studentischer Sicht mit der Frage „Wie sieht die Zukunft der Bildung an Hochschulen im digitalen Zeitalter aus?“ und plädiert hinsichtlich des Einsatzes digitaler Techniken für „Schritte der Entschleunigung, Reflexion und Reduktion auf das Wesentliche“ und dass „weniger Digital(kultur)technik in der Bildung  mehr wäre“.

 

Wir Autorinnen haben uns mal angeschaut, welche Wörter ihr Leserinnen und Leser in euren sämtlichen Kommentaretexten zu „Lernwelten 2030“ (im Zeitraum Januar bis 30. April 2020)  am häufigsten verwendet habt (dazu gibt es ein Textanalysetool). Hier sind die häufigsten „bedeutungsvollen“ Begriffe in einer Word Cloud dargestellt:

 

Für weitere interessierte Mitschreiber*innen:

Schreibimpulse für ein Weiterschreiben der Handlung (siehe Kapitel 7)

  • Wie könnte das Gespräch zwischen Fiona, Kibe und Micky weitergehen?
  • Kibe telefoniert mit seiner Mutter über SkypeMAX. Gibt er zu, dass er enttäuscht ist oder hält er für sie das Bild der heilen Welt aufrecht? Hat er vielleicht Heimweh?
  • Was postet Fiona auf Instagram / InstaREAL?
  • Stellt Fiona ihren Vater zur Rede? Du könntest eine Szene in der Küche beim Abendessen schreiben, vielleicht ist Micky auch eingeladen…

Denkanstöße 

  • Welche menschlichen Bedürfnisse sind unveränderlich und welche Kommunikations- und Lernpraktiken werden sich durch das verstärkte Agieren in einer augmentierten und virtuellen Realität verändern?

  • Welche Lernarchitekturen bieten die Hochschulen der Zukunft für ein Zusammenspiel aus physischen und virtuellen Lernräumen und Werkzeugen?

  • Wie sehen ein innovatives Learning Center und eine Bibliothek der Zukunft aus?

  • Wodurch zeichnen sich die vielfältigen Bildungsbiografien der Zukunft aus? Welche (über)fachlichen Kompetenzen benötigen Studierende für den künftigen Arbeitsmarkt und wie stellen Hochschulen die Weichen?

  • Werden ethische und pädagogische Leitprinzipen (z. B. hinsichtlich einer Persönlichkeitsentwicklung) künftig eher Ballast oder „Rettungsanker“ sein?

  • Welche (bildungsbezogenen) Handlungsfelder des Menschen werden künftig am meisten von der Digitalisierung und K.I. verändert werden?

  • Wird sich die Unterscheidbarkeit zwischen realen und virtuellen (künstlich intelligenten) Dingen und Menschen künftig verstärkt auflösen? In welchen Kontexten ist die Abgrenzung zwischen „echt“ und „fake“ überhaupt wichtig? 

Titelbild von Gerd Altmann, frei nutzbar nach Pixabay Licence

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